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ANMERKUNG: Dieses Kapitel ist durch die jüngere Gesetzesänderungen der sächsischen Hohlraumverordnung nicht mehr 100-prozentig aktuell. 

16.1 Anwendungswarnvermerk

Dieses Kapitel 16 erhielt das Sächsische Oberbergamt vor der Veröffentlichung als Entwurf, verbunden mit einem neuerlichen Gesprächsangebot beziehungsweise dem Angebot zur Veröffentlichung einer eventuellen Gegendarstellung.

Die vollständige Antwort:

„Sowohl vom Inhalt als auch von der Form kann sich das Oberbergamt dem übermittelten Textauszug aus dem „Befahrerhandbuch“ nicht anschließen. Wir halten daher den Text für eine Veröffentlichung für nicht geeignet.“

16.2 Bergbauhistorische Arbeiten im Schatten der §§

Sachsen mit seiner großen Bergbaugeschichte und umfangreichem Bergbau in jüngster Vergangenheit - das El Dorado für den bergbauhistorisch Forschenden? Mitnichten. Mißgunst, Unverstand und kleinkarierte Vorbehalte gegen Dinge, die der deutsche Kleingeist nicht faßt, blockieren in Sachsen diese Arbeiten. Wir blamieren uns herzlich vor unseren französischen, englischen, böhmischen und sonstigen Kollegen! Das mitleidige Lächeln anderer Nationen über den deutschen Vorschriftenwahn ist ja schon Gewohnheit geworden, aber wenn man jemandem, mit dem man im Ausland Höhlen oder Bergbau befuhr, beim Gegenbesuch klarmachen muß, daß wir einen Großteil der Objekte gar nicht und den Rest nur nach wildem Ritt auf Paragraphen oder heimlich befahren können – das ist schon bitter.

Wo die Säge klemmt und wo Auswege liegen könnten, versuchen wir in diesem Kapitel zu schildern. Betonen möchten wir an dieser Stelle, daß wir juristische Laien sind, und somit keine Garantien übernehmen können, daß wir alles richtig interpretiert haben was rechtlich so zu beachten ist. Man verstehe das Gesagte als Anregung, belese sich selber und überlege sich, falls es ernst wird, einen Anwalt zu nehmen! Um nicht jedesmal auf Literaturstellen verweisen zu müssen, hier die gesammelten Quellen für dieses Kapitel und auch ein paar weitere Verweise, auf die nicht unmittelbar eingegangen wird. Die genauen Fundstellen gibt’s jeweils im Literaturverzeichnis. Hervorgehobene Texte sind auszugsweise im Kapitel 17.4 zitiert.

[BBergG]Bundesberggesetz
[BGB]       Bürgerliches Gesetzbuch
[DDR-HohlrV] DDR-Verordnung über unterirdische Hohlräume
[DDR-VerwAO]DDR-Anordnung über die Verwahrung unterirdischer bergbaulicher Anlagen
[HohlrV] Hohlraumverordnung
[HohlrZuVO] Hohlraumzuständigkeitsverordnung
[OWiG]  Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
[RundverfOBA] Rundverfügung 2/99 des Sächsischen Oberbergamtes zu Ausnahmen von der HohlrV
[RLBesBergw]Richtlinie Besucherbergwerke
[SächsDSchG] Sächsisches Denkmalschutzgesetz
[SächsKVZ] Sächsisches Kostenverzeichnis
[SächsPolG]  Polizeigesetz des Freistaates Sachsen
[SächsVwKG] Verwaltungskostengesetz des Freistaates Sachsen
[StGB]  Strafgesetzbuch

Und wir betonen an dieser Stelle, daß wir keinen zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auffordern! Wenn das an einigen Stellen so klingen sollte, sind daran selbstverständlich nur unsere mangelnden Formulierungskünste schuld, mit denen wir leider, leider viele Möglichkeiten schildern müssen, mit denen gegen Gesetze verstoßen werden muß, kann und wird.

16.3 Etwas Urschleim

Setzt man sich an einer deutschen Hochschule in eine juristische Einführungsvorlesung, dann hört man mit schöner Regelmäßigkeit so einen Satz: „Meine Damen und Herren, bitte lösen Sie sich von der Vorstellung, daß Recht etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat. Recht bedeutet die Anwendung bestehender Gesetze.“ Ergänzt man für sich, was der Vortragende seltener ausführt, daß Recht auch nicht vordergründig die Berücksichtigung von Logik oder Moral zum Inhalt hat, dann ist das deutsche Rechtssystem zutreffend beschrieben. Der gemeine Bürger verbindet dagegen mit „Recht“ schlicht „Gerechtigkeit“ und ist daher auf den „Rechtsstaat“ stolz – bis er damit auf die Nase fällt.

Es ist hier nicht der Ort, über Sinn und Unsinn des Systems zu philosophieren. Die Autoren können sich auch nicht rühmen, aus der Hand ein besseres vorlegen zu können. Dennoch muß ein merkwürdiges Wesen dazugehören – nicht diese zutreffende Analyse abzugeben, sondern sich als beteiligter Jurist dabei wohl zu fühlen, unter Ausnutzung dieser Gegebenheiten Geld zu verdienen und trotzdem ruhig zu schlafen. Man stelle sich einen Arzt vor, der dem Patienten die Medikamente vorenthält, weil das Verfallsdatum abgelaufen ist. Für einen Juristen ist bei Fristüberschreitung der Fall erledigt. Wer es weniger abstrakt will, sehe sich im Sumpf der Eigentumsrückübertragung während der Wiedervereinigung um.

Es läuft aus Sicht der Autoren darauf hinaus, einen gegebenen Befehl umzusetzen, ohne dabei nach links und rechts schauen zu müssen. Das hat ja in Deutschland schon immer wunderbar geklappt, und die betreffenden Befehlsempfänger hatten zum Großteil tatsächlich ein gutes Gewissen – bestehende Gesetze wurde halt umgesetzt.

Nun sind wir etwas abgeschwiffen – oder doch nicht, denn was wird der nächste Jurist & Bürger dem sofort entgegensetzen: Die Rechtsvorschriften – Gesetze, Verordnungen und so fort – kommen ja nicht aus der Luft. Sie werden von den gesetzgebenden Organen sorgfältig abgewogen und demokratisch beschlossen. Generell dürfen Rechtsvorschriften nicht gegen übergeordnete Rechtsvorschriften verstoßen (Landes- nicht gegen Bundesrecht, dieses nicht gegen die Verfassung der Bundesrepublik, gegen die allgemeinen Menschenrechte und so fort), und über die „Generalklauseln“ (Bezugnahme auf die guten Sitten, auf Treu und Glauben und so weiter) wird bei jeder Gesetzesanwendung grober Unfug verhindert. Anderenfalls sind die untergeordneten Vorschriften beziehungsweise die jeweilige Entscheidung unwirksam. Somit ist die obige Schwarzmalerei doch übertrieben – ungerechte Gesetze und Entscheidungen kann es ja gar nicht geben, und wenn doch, kann man sich dagegen wehren. Auf jedem Behördenschreiben wird ja auf die rechtlichen Möglichkeiten hingewiesen.

Wechseln wir nun wieder von der hehren Theorie in die schwarze Praxis des Normalverbrauchers, der sich nicht zum Hobby einen Anwalt und ein paar Prozesse leisten kann. Gesetzt den Fall, eine ihn betreffende Vorschrift erscheint ihm verfassungswidrig oder allgemein blödsinnig – viele Wege stehen ihm zur Verfügung. Entweder er versucht über eine Normenkontrollklage direkt, die Vorschrift zu ändern (scheitert am Geld und sicher auch an den Möglichkeiten). Oder er verstößt gegen die Vorschrift und versucht im folgenden Verfahrenden den Verstoß der Vorschrift gegen übergeordnete Rechtsvorschriften nachzuweisen. Auch dieser Prozeß geht über mehrere Jahre, mehrere Instanzen und man verschenkt einige Kleinwagen an Gerichts- und Anwaltskosten. Dritte Variante ist der Versuch, den Vorschriftenverfasser von seinem Unrecht zu überzeugen und eine Änderung zu veranlassen. Das funktioniert, wenn sich eine einflußreiche Lobby (Gesamteinfluß einige Millionen DM aufwärts) für diese Richtung stark macht. Andernfalls entspricht es dem Versuch, eine Gummizelle zum Nachgeben zu überreden. Viertens kann man sich überzeugen (lassen), daß man selber mit seiner Meinung im Unrecht ist – besonders schwer im klassischen Fall der rechtlich verbindlichen Addition von zwei und zwei zu fünf. Varianten fünf und sechs sind schließlich Selbstmord oder ein kleiner Privatkrieg gegen den Staat und hier nur der Vollständigkeit halber aufgezählt. Siebente, letzte und einzig mögliche Variante: man benutzt seinen gesunden Menschenverstand, ignoriert die Vorschrift und sieht zu, daß man deswegen keinen Ärger bekommt.

Gesetzt einen anderen Fall, in einer Vorschrift wird einer Behörde für die Entscheidung über einen Antrag ein sehr großer Ermessensspielraum eingeräumt. Die Behörde nutzt diesen so aus, wie sie es für richtig hält – auch wenn das im schreienden Widerspruch dazu steht, was man selbst, der Rest der Menschheit, Moral und gesunder Menschenverstand darüber denken. Chancen, gegen so eine Entscheidung vorzugehen? Der Weg der Klage gegen die Entscheidung in diesem Einzelfall. Wiederum hängen die Erfolgschancen davon ab, ob man allein, mit einem Wald- und Wiesenanwalt oder mit richtig Geld und einem Juristen antritt, der die Reputation hat, eine Diskussion über juristische Grundsatzfragen erfolgreich vom Zaume zu brechen. Im Falle eines schwer erkämpften Erfolges hätte man für diesen Fall Recht bekommen, die nächste Entscheidung der Behörde kann man dann mit etwas Glück ebenfalls wieder über Gerichte zurechtrücken lassen, die dritte genauso und so fort. Oder man einigt sich gütlich mit der Gummizelle, Pardon der Behörde – Verrückte versuchen so etwas. Möglichkeiten vier bis sieben siehe oben.

Die Autoren haben den gütlichen Weg versucht, in beiden Fällen. Die Gummizelle hat tatsächlich nicht nachgegeben. Für den Rechtsweg fehlt uns der Sponsor und ein bißchen die Lust. Wenn man zwei Möglichkeiten hat, seine Gummizelle zu verlassen – entweder sich verrückt zu stellen oder sich mit etwas Geschick nachts zu verabschieden – welche Tour wählt man dann? Die Einsicht, daß wir verrückt sind, geht uns vorläufig noch ab, und hoffentlich konnten und können wir mit diesem Heftchen auch einige andere von unserer Sicht der Dinge überzeugen. Selbstmord scheidet aus – vielleicht lachen wir uns später einmal tot. Und wegen des Privatkriegs: man stelle sich vor, wir gewönnen diesen. Dann müßten wir alles besser machen, was wir jetzt kritisieren...!

Noch einen „weichen“ Weg zur Unterdrückung unerwünschten Verhaltens gibt es (greift übrigens auch hervorragend im ganzen Rechtssystem) – es werden einfach finanzielle Hürden oder ein unzumutbarer Formalienaufwand aufgetürmt. Mal immer 30 DM Gebühr hier, 50 DM dort, drei Antragsstellen mit jeweils einem Monat Bedenkzeit (A fordert vor Bearbeitung des Antrags den Stempel von B, B den von C und C den von A...), und schon ist etwas praktisch unmöglich, was jeder freiheitlich auszuüben theoretisch berechtigt ist. Wenn weiter unten etwas über Verbote gesprochen wird, sind auch solche de-facto-Verbote und praktisch unüberwindliches Antragsunwesen damit gemeint.

16.4 Die Gummizelle

16.4.1 Historische Entwicklung

In der DDR, also auch auf dem Gebiet des jetzigen Freistaates Sachsen, war die Beschäftigung mit altem Bergbau, also Befahrungen, Dokumentation und auch allgemein die Weitergabe von Informationen über alte Bergbauanlagen durch das sogenannte „Hohlraumgesetz“ verboten ([DDR-HohlrV]). Einmal war dafür die Geheimhaltung um den Uran­erz­berg­bau ausschlaggebend. Ebenso wichtig war die Bedeutung von Alt­berg­bauanlagen für Militär- und Zivilschutzzwecke. Ein dritter Aspekt war die allgemeine Furcht des Staates vor Leuten, die sich abseits der breiten Masse engagierten, und die zwangsläufig eher unbürgerlichen Befahrer entzogen sich unter Tage natürlich jeder Aufsicht. Ausnahmen vom Totalverbot bedurften bergamtlicher Zu­stimmung und konnten nach Gutdünken verteilt oder versagt werden.

Vollständig abgewürgt wurden die Aktivitäten der Befahrer dadurch nicht. Beim Katz- und Mausspiel zwischen Bergbehörden und Polizei auf der einen, den sogenannten „Schwarzbefahrern“ auf der anderen Seite zogen die Behörden in einem Ausmaß den kürzeren, das sie bis heute nicht für möglich halten. Quantität und teilweise Qualität der Forschung blieben dabei natürlich hinter den Möglichkeiten zurück, und der Meinungs­austausch war stark behindert.

Mit dem Einigungsvertrag wurde die [DDR-HohlrV] erst einmal übernommen und lief am 31.12.95 aus. Damit bestand für alle bergbauhistorisch Interessierten die Hoffnung, ungehindert von Behördenwillkür ihren Interessen nachgehen zu können. Es kam aber anders, denn am 02.08.96 wurde ohne vorherige Rücksprache mit den Betroffenen im Freistaat Sachsen die „Polizeiverordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die Abwehr von Gefahren aus unterirdischen Hohlräumen, HohlrV“ installiert. In dieser Verordnung werden im Geist des DDR-Gesetzes die alten Verbote für die Befahrung von Hohlräumen wieder in Kraft gesetzt – „wurden die in der Vergangenheit bewährten Regelungen ... umgesetzt“, heißt das im Deutsch des Sächsischen Landtags [15].

16.4.2 Die Hohlraumverordnung (HohlkV)

Auszüge aus der Verordnung stehen im 17.4.1 und sprechen für sich. Grob zusammengefaßt betreffen die bergbauhistorische Forschung folgende Punkte:

  • Das Betreten unterirdischer Hohlräume ist generell verboten. Als unterirdische Hohlräume gelten nahezu alle Räume unter der Erde, vom Keller, über Tunnel, Bergwerke bis zu Höhlen.
  • Bergtechnische Arbeiten an unterirdischen Hohlräumen sind einen Monat vor Ausführung des Vorhabens schriftlich dem Bergamt anzuzeigen (betrifft Aufwältigungen, Beräumungen).
  • Unterirdische Hohlräume müssen bei Bekanntwerden schriftlich dem Bergamt angezeigt werden (zunächst vom Grundeigentümer, bei „Gefahr für die Öffentlichkeit“ von jedem).

Am härtesten trifft natürlich das Befahrungsverbot. Ausnahmen davon bedürfen wie im alten DDR-Recht bergamtlicher Genehmigung, ein Rechtsanspruch kann nicht aus der HohlkV abgeleitet werden. Die Entscheidung bleibt der Gnade der Behörde überlassen. Die bisherige Praxis bezeugt aus Sicht der Autoren Willkür hin­sichtlich der Genehmigung. Zum Beispiel wurde in einem Fall die Länge der genehmigten Befahrung zu Forschungs­zwecken von beantragten rund 1,5 km auf 250 m begrenzt – ohne Angabe von Gründen. In einem anderen Fall wurde eine zu Führungszwecken beantragte Befahrung auf einer Länge von ca. 6 km genehmigt. Nüchtern betrachtet gab es jedoch in beiden Fällen gleiche Risiken, wenn man überhaupt das Risiko bei der Altbergbauforschung bei verschiedenen Objekten vergleichen kann. Gebührenfrei kann so ein Genehmigungsakt natürlich nicht sein – auch dazu im Kapitel 16.5! Noch ein wunder Punkt sei etwas überspitzt erwähnt: warum steht kein Bergbeamter am Diebskeller auf dem Quirl/ Sächsische Schweiz und kassiert entsprechend [HohlrV]? Jedes Wochenende sind dort mindestens zehn „Schwarzbefahrer“ zu Gange! Gleiches Recht für alle oder Willkürparagraphen, die alles und jeden unter Strafe stellen, aber halt nur gegen die angewandt werden, wo man es gerade für nötig hält?

Daß diese Verordnung kein Irrtum, sondern genau so gewollt ist, beweisen die Ergebnisse unter­schiedlicher Klärungsversuche mit den Bergämtern, dem Sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit und dem sächsischen Landtag.

Stand der Klärung mit dem Oberbergamt: nach über einem Jahr Hinhalte- und Verzögerungstaktik mußte das Amt dem Drängen bergbaulich Interessierter nachgeben und hat einen Schrieb erzeugt ([RundverfOBA], Auszüge im Kapitel 17.4.3), der die Erteilung von Befahrungsgenehmigungen einheitlich regelt. Darin ist nunmehr der nötige Verwaltungsapparat beschrieben, aber neben unverbindlichem Wortgeklingel sind wieder Hintertürchen eingebaut worden, die den Bergämtern willkürliche Verbote ermöglichen: eine bestehende „konkrete Gefahr“ ist so ein Verbotsgrund, und eine konkrete Gefahr besteht schon bei der Anreise mit dem Auto. Offensichtlich wissen die Bergämter selbst nicht recht, welches die Kriterien für eine Genehmigung sein sollen – man legt sich halt nicht gern schriftlich fest, am Ende macht man ja etwas falsch, wie unangenehm. Vielleicht hilft hier unser Heftchen weiter. Daneben versucht man im Oberbergamt inzwischen auch, andere vors Loch zu schieben – im Wortsinne. Zum Beispiel den Denkmalschutz, siehe Kapitel 16.4.3. Welcher Logik ist es zum Beispiel geschuldet, daß eine Befahrung zu bergbauhistorischen Forschungsarbeiten vom Denkmalsschutz genehmigt werden muß, eine Befahrung aus anderen, zum Beispiel naturschutzkundlichen Gründen dagegen nicht ([RundverfOBA])?

Schluß der Klärung mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit: nicht zuständig, kein Interesse, soll das Oberbergamt ruhig weiter machen was es will. Alles, was bisher vom Oberbergamt unternommen wurde, war rechtens, es wurde schon sehr viel getan, was gar nicht hätte getan werden müssen – zum Beispiel wurde „interessierten Personengruppen frühzeitig die Gelegenheit gegeben, sich bei der Erarbeitung einer Verwaltungsvorschrift (der Rundverfügung, die Autoren) zu beteiligen und ihre Anregungen einzubringen“ [16]. In der Tat konnten vom Oberbergamt handverlesene interessierte Personen ihre Meinung darlegen, nachdem alle Messen gesungen waren. Diese Meinungen wurden mit höflichem Desinteresse zur Kenntnis genommen, positive Auswirkungen hatte das jedoch nicht. In gleicher Weise konnte man sich früher an der freien Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft beteiligen.

Schluß der Klärung mit dem Sächsischen Landtag: die HohlkV widerspricht nicht geltendem Recht und es ist gut, daß eine Regelungslücke geschlossen wurde („Regelungslücke“ ist unser Vorschlag für das deutsche Unwort schlechthin). Dieser Logik folgend wird als nächstes die Verwendung aller Winkel ungleich 30°, 60° und 90° verboten, Ausnahmen sind gebührenpflichtig beim Oberamt für Geometrie zu beantragen. Nach einer Petition an den Sächsischen Landtag zur Problematik (eingereicht 25.07.97, negativ beschieden 16.12.98), die natürlich viele praktisch Interessierte unterschrieben, kursiert nunmehr eine „Schwarzbefahrerliste“, unter anderem bei der Bergsicherung Schneeberg. Der Autor spendet einen Kasten Bier für das erste ungeschönte Exemplar dieser Liste zu seinen Händen, eine Flasche nach Wahl für einen vor Gericht verwertbaren Herkunftsbeleg und wettet einen zweiten Kasten Bier, daß diese Liste mit der Unterschriftenliste zur Petition identisch ist.

Warum das alles so ist, warum keiner Interesse an einer sinnvollen Regelung für dieses Gebiet hat, darüber läßt sich letztlich nur spekulieren. Zunächst soll hier versucht werden, die subjektive Meinung eines der Autoren über die deutsche Behördenlandschaft allgemein wiederzugeben, ohne eine Beleidigungsklage von dieser Seite zu riskieren. Im Durchschnitt ist die Arbeit einer deutschen Behörde gekennzeichnet durch den Versuch, maximale Obrigkeitshörigkeit und Paragraphenreiterei mit minimaler Eigeninitiative und Verantwortung zu kombinieren. Den Bürgern wird eigene Entscheidungsfähigkeit abgesprochen und durch bürokratische Vorschriften ersetzt. Sachverstand, logisches Denken und sinnvolle Reaktionen auf unbequeme Wahrheiten sind dagegen, so hat man den Eindruck, durch Dienstanweisung untersagt. Die Übereinstimmung der Behördenmentalität zwischen DDR- und BRD-Zeiten ist erschreckend. Und auch der, der Entscheidungen fällen muß (wie zum Beispiel der Gesetzgeber) wird sich immer auf die sichere Seite schlagen, und ein Verbot, welches keine große Lobby auf den Plan ruft, ist eine sichere Sache. Klar wohnt der Trieb zur Trägheit in allen von uns – aber wer sich vollmundig als verantwortlicher Entscheidungsträger präsentiert und dafür bezahlt wird, der hat sie einfach zu unterdrücken.

Daneben, das sei als zweiter Aspekt vorsichtig angedeutet, lassen sich hinter einige Sanierungsmaßnahmen im ostdeutsche Bergbau große fachliche und wirt­schaftliche Fragezeichen setzen. Am bequemsten lassen sich diese natürlich verhindern, wenn man die Kontrolle durch einen fachkundigen Teil der Öffentlichkeit - nämlich durch die Befahrer - unterbindet.

Drittens ist durch den Zusammenbruch des Bergbaus in Ostdeutschland der Arbeitsbereich der Bergbehörden kleiner geworden, und auch deren Mitarbeiter kämpfen um ihren Posten. Fehlt Arbeit in einer Behörde, dann schafft sie sich selber welche: man entwirft Verordnungen und Dienstanweisungen, erfindet kostenpflichtige Amtshandlungen und die zugehörigen Formulare mit festgelegter Stempelordnung und führt vor allem einen spektakulären Kampf gegen das anerkannt Böse an sich: je nach Behörde gegen den Kommunismus, gegen Haschisch oder eben gegen Schwarzbefahrer. Jeder überführte Übeltäter ist ein Stück Überlebensgarantie.

Man sagt in solchen Fällen, daß der Amtschimmel wiehert. Das stimmt nicht - der Amtsschimmel breitet sich mit einem weißen, schwarz-rot-grünem bis braunen Geflecht auf dem befallenen Terrain aus und bildet widerliche Fruchtkörper!

16.4.3 Das Sächsische Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG)

Wer sich mit dem Altbergbau beschäftigt, hat es mit einem technischen Denkmal zu tun. Der gesamte sächsische Altbergbau ist offizielles technisches Denkmal! Na prima, dann greifen ja die vielen Schutzvorschriften des Denkmalschutzgesetzes – ja, auf dem Papier tun sie das, und in einzelnen Fällen auch in der Praxis. Dafür hat sich der Befahrer mit einem weiteren Amtsträger herumzuschlagen, und wenn man ihm etwas verweigern will, erinnert sich jede Behörde gern an Vorschriften, die sonst eher am Rande behandelt werden, und stellt deren Wichtigkeit heraus.

Besonders relevante Belange des Denkmalschutzgesetzes für den praktischen Befahrer sind die §§ 13 und 14 (Genehmigungspflicht und -verfahren), § 20 (Funde) und § 25 (Schatzregal) sowie leider auch §§ 35 und 36 (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten). Die entsprechenden Auszüge findet man im Kapitel 17.4.2.

Ziel des Denkmalsschutzes ist neben dem reinen Schutz von Kulturdenkmalen und deren Bewahrung vor Zerstörung auch deren Bergung, Erfassung und wissenschaftliche Erforschung - §1 Denkmalschutzgesetz. Wie ist nun diesem Ziel besser gedient – indem man die Beschäftigung mit Kulturdenkmalen unterbindet (und im Falle Altbergbau wird gerade die Breitenarbeit durch Vorschriften und Gebühren praktisch unmöglich!), bis diese der Forschung endgültig entzogen sind – wie beim Altbergbau üblich durch Verfüllung oder dauernden Verschluß? Oder sollte man nicht doch die Breitenarbeit fördern und eine Zusammenarbeit anstreben – zum Beispiel in Kontakt mit den sich dann bilden könnenden entsprechenden Vereinen? Auf diese Weise ließe sich auch wirkungsvoll Zerstörungen durch Unachtsamkeit und Böswilligkeit gegensteuern. Was von amtlicher Seite in Sachen Denkmalschutz Altbergbau getan wird, ist jedenfalls nicht so viel, als daß man die Arbeitsergebnisse der „Freizeitforscher“ als unwichtig abtun könnte.

Auch wenn wir nicht als Dauernörgler an jeder Behördenentscheidung auftreten wollen, und die Hauptproblematik nicht im Denkmalschutzgesetz, sondern in der HohlkV liegt, ist es uns doch unklar, wie sich aus dem § 14 Denkmalschutzgesetz eine Genehmigungspflicht für Befahrungen von Altbergbauanlagen (ohne Eingriffe in den Bestand!) herleiten läßt. Wenn freilich Juristen vom richtigem Schlage am Auslegen sind, für die schon das Aufmaß und die Fotografie eines kulturgutverdächtigen Huthauses genehmigungspflichtig ist, dann ist natürlich alles möglich (mündliche Äußerung eines Justitiars des Sächsischen Oberbergamts Freiberg beim Gespräch zur HohlkV am 07.01.98. Das Huthaus, um welches es dabei ging, wurde wenig später ohne amtlich-denkmalschützerischen Widerstand abgerissen, so daß die „illegalen“ Aufmaßblätter und Fotos die letzten vorhandenen Zeugnisse sind). Und wenn diese Genehmigung wirklich sein muß, warum dann gleich mit richtig fetten Gebühren, die schon wieder der Forschung Steine in den Weg werfen (siehe Kapitel 16.5)? Und warum wird dann nicht, bevor eine Grube endgültig verwahrt wird, eine vorherige gründliche Bestandsaufnahme von offizieller Seite veranlaßt? Ein Denkmal, welches nie wieder zugänglich sein wird, ist so gut wie zerstört!

In ähnlicher Weise beißt sich die Katze beim Kapitel Funden in den Schwanz. Die entsprechenden Paragraphen des Denkmalschutzgesetzes (§§ 20 Funde und 25 Schatzregal) sind ja für sich gesehen nicht schlecht gedacht. Wir sehen auch mal davon ab, daß die Belohnung des Staates (der sich mit immerhin noch erkennbarem Recht das Eigentum an allen neu entdeckten beweglichen Kulturgütern sichert) an den Finder eines solchen „Schatzes“ behördenintern ohne Rechte des Finders ausgekungelt wird, anstatt den Staat zumindest nach den Vorschriften des BGB für Funde und Finderlohn in die Pflicht zu nehmen. Wenn dem ehrlichen Finder jedoch statt entsprechender Anerkenntnis zuallererst mal Straf- und Ordnungsstrafverfahren angedroht werden – zwangsläufig fehlen erforderliche Genehmigungen unter praktischen Umständen, weil man ja nicht zum Arbeiten kommt, wenn man alles beantragt – fragt sich auch der Loyalste, warum er sich für seine Ehrlichkeit auch noch ohrfeigen lassen soll. Schließlich hat er ja seine lauteren Absichten durch die Anzeige des Fundes nachgewiesen.

Ein bezeichnendes Beispiel für das praktische Verfahren beim „Schatzfund“ bietet der Umgang mit den Wiederentdeckern des Tafelsilbers der sächsischen Fürsten durch die sächsischen Behörden. Die ehrlichen Finder, welche stolz auf ihren Fund und im Bedürfnis, das Gefundene der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, überhaupt nicht daran dachten sich persönlich zu bereichern (Schwarzmarktwert des Fundes: 6-stellige Beträge ohne Schwierigkeiten und fast ohne Risiko), erhielten nicht nur keinen Finderlohn, sondern entkamen nur knapp einer Verurteilung wegen illegaler Grabungstätigkeit und durften sich von offizieller Stelle als „Raubgräber“ und „illegale Schatzjäger“ beschimpfen lassen. Unter diesen Umständen vergegenwärtige man sich das zu erwartende Verhalten der Behörden bei einem weniger spektakulären und deshalb nicht so sehr beachteten Fund, das heißt ohne Aufsicht durch den gesunden Menschenverstand. Die Mitglieder des Hauses Wettin dagegen, die nach eigener Aussage um den Verbleib der vergrabenen Gegenstände wußten und somit dafür verantwortlich zu machen sind, daß aus eigennützigen Motiven Kulturgut vergammelte, wurden und werden vom sächsischen Freistaat fleißig hofiert, von einem entsprechenden Verfahren war nie die Rede. Und wer das Verhalten der sächsischen Behörden noch irgendwie in sein Weltbild vom gerechten Staat einordnen konnte, dem platzte wohl bei den Umständen des zweiten Fundes endgültig der Kragen. Inzwischen ist ein Teil des Tafelsilbers glücklich meistbietend verscherbelt - alles in allem eine denkmalbürokratische Glanznummer.

16.5 Ich stelle einen Antrag

16.5.1 Der Befahrungsantrag

Wir können an dieser Stelle erläutern, wie ein Antrag auf eine Befahrung zu stellen ist. Wir können aber nicht sagen, ob und unter welchen Bedingungen eine Befahrung genehmigt wird –die Herren Bergbeamten drücken sich ja um eine verbindliche Aussage erfolgreich herum. Letztendlich ist noch nicht einmal die Rundverfügung, so schwammig wie sie schon ist, ein vor Gericht für die Bergämter verbindliches Papier. Da hilft es denn auch nicht weiter, wenn seitens des Sächsischen Landtags empfohlen wird „die für die Erteilung einer Genehmigung notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen“, um „sodann ... mit einer positiven Bescheidung zu rechnen“ [15].

Aus der Rundverfügung und unseren bisherigen Erfahrungen geht folgendes hervor: Der Antrag ist formlos zu stellen, und zwar von einem für die gesamte Gruppe. Das jeweilig zuständige Bergamt (Adressen im Kapitel 17.6.1) möchte gern als kompetente, zuständige, gnädige und gerechte Behörde behandelt werden. Man äußere sich daher unterwürfig-bittstellerisch, Verweise auf vorgebliche Rechte des Antragstellers lassen den Antrag nach unten verschwinden - es gibt keine Rechte für den Befahrer! Man setze seine Worte mit Bedacht und hüte sich vor eventuell zweideutigen Textstellen – „provokante Formulierungen“ sind zum Beispiel für das Bergamt Chemnitz Anlaß, Anträge nicht zu bearbeiten. Man verzichte auf fachliche Erläuterungen zum Antrag und Argumentationen – fachliche Erklärungen könnten die Bearbeiter verwirren, Unkenntnis führt vorsichtshalber zur Nichtgenehmigung und logische Argumente könnten als Provokation aufgefaßt werden.

Der Antrag ist spätestens einen Monat vor der beantragten Befahrung zu stellen und muß sich immer auf ein konkretes Objekt (kein Gebiet) beziehen. Mehrere Befahrungen für die gleiche Route können eventuell mit einem Mal genehmigt werden. Man kann zunächst versuchen, eine prinzipielle Genehmigung zu erhalten und den konkreten Termin später festzulegen. Es macht sich gut, tatsächliche und vermeintliche Qualifikationen anzuführen, zum Beispiel vom Erste-Hilfe- Lehrgang oder von Kletter- und Seiltechnikkursen. Die Mitgliedschaft in einem bergbauhistorischen Verein ist ein zweifelhaftes Argument – kommt auf den Verein an, am günstigsten Trachtengruppen oder Schaubergwerksbetreiber, als praktisch tätig bekannte Befahrervereine sind unter Umständen negativ belegt. Prima macht es sich, wenn man auf eine Tätigkeit im aktiven Bergbau zurückweisen kann, auch wenn der mit den Bedingungen im Altbergbau eher wenig zu tun hat.

Es ist ein „Befahrungsleiter“ zu benennen – das ist problematisch aus juristischen Gründen. Derjenige hat dann die Verantwortung für alle am Hals, siehe auch Kapitel 16.6.5!

Der Gebührenrahmen für die Genehmigung liegt zwischen 50 und 500 DM (Zweites Sächsisches Kostenverzeichnis,[SächsKVZ] Nr. 5 Tarifstelle 7.2). Bisher bekanntgewordene Gebühren belaufen sich auf 100 bis 200 DM. „In begründeten Einzelfällen, z.B. wegen .. Gemeinnützigkeit“ kann man mit geringeren oder ohne Kosten davonkommen, dies müßte jeder selbst versuchen. Theoretisch müßte auch eine Ablehnung gebührenpflichtig sein, ein solcher Fall ist den Autoren aber noch nicht bekannt geworden. Für staatliche Organisationen ist die Bearbeitung kostenfrei. Verschläft das Bergamt den Antworttermin von einem Monat nach Eingang der Anzeige, hat man praktisch die Genehmigung, wenn man den Eingang nachweisen kann (Einschreiben).

Wenn man einmal beim Antragschreiben ist, kann man gleich die fällige Genehmigung beim Landesamt für Archäologie nach § 14 SächsDSchG („Nachforschungen“, siehe Kapitel 16.4.3 und 17.4.2) mit beantragen – das Bergamt müßte in seinem Genehmigungsschreiben ohnehin darauf hinweisen. Kostenpunkt: nach lfd. Nr. 27.4 des SächsKVZ vom 04.03.97 nochmals 30 DM bis 50 DM [17], Informationen gibt es im Landesamt für Archäologie (Adresse siehe Kapitel 17.6.3).

Je nach Laune des Bergamtes muß dann noch die schriftliche Genehmigung des Grundeigentümers des Mundlochs für die Befahrung beigebracht werden. Bisher (mündlich) war dies immer eine Hauptbedingung und wurde auch in der Antwort des Sächsischen Landtags auf die Petition zur HohlrV als unabdingbare Voraussetzung gefordert. In der Rundverfügung ist nur noch der Passus „...Genehmigungen ergehen unbeschadet privater Rechte Dritter ...“ enthalten, wie das auch sinnvoll und üblich ist. Danach muß man sich natürlich mit dem Besitzer eines Huthauses einigen, wenn man dessen Hauswasserstolln befahren will, aber nicht zwangsläufig den Eigentümer eines Waldgrundstücks für ein herrenloses Loch herausfinden, welches man nicht verändern will. Daß man rein rechtstheoretisch die Genehmigungen aller Grundeigentümer der Grundstücke vorlegen müßte, unter denen man hinwegfahren will, weil sich Grundeigentum unbeschränkt nach unten fortsetzt, verraten wir an dieser Stelle lieber nicht – das Oberbergamt ist imstande und fordert diese Genehmigungen tatsächlich, und man stelle sich zum Spaß die Ordner vor, in denen man die Zustimmungen der Grundstückseigentümer bei einer Befahrung zum Beipiel unter dem Stadtgebiet von Freiberg übergeben müsste!

Die Adresse des Grundeigentümers erfährt man am besten beim Nachbarn oder vielleicht noch mündlich auf dem Gemeindeamt, dem Dorfladen oder der Postfrau, wenn die Leute dort gesprächig sind. Das offizielle Verfahren ist ein Schreiben an die Gemeindeverwaltung des betreffenden Gebietes unter Angabe des betreffenden Grundstücks, am besten mit amtlicher Flurstücksnummer (ermittelt aus einem gebührenpflichtigen amtlichen Flurkartenauszug). Die Gemeindeverwaltung ermittelt über das Grundbuch den Grundeigentümer und stellt diesem das Schreiben (oder auch einen beigelegten verschlossenen Brief) „bei berechtigtem Interesse des Antragstellers“ zu. Was dieser dann damit tut, ist seine Sache – meist wird er es wohl wegwerfen, und dann war’s das für die Genehmigung. Namen und Anschrift aber bekommt man über das Grundbuchamt nur heraus, wenn man etwas ganz dringendes und glaubhaftes vorschwindelt, aber das gelingt dem Ortsfremden selten.

Weitere Vorschriften sind den Autoren zur Zeit nicht bekannt. Handelt es sich um ein Objekt, welches dem Bergamt noch nicht als „Bergschaden“ bekannt ist, sollte man schon aus Rücksicht auf andere Befahrer von einem Antrag absehen, die das Objekt auch noch ohne Plombe sehen wollen oder vielleicht den Zugang erst mühevoll aufgewältigt haben. Wie immer raten wir natürlich zum richtigen Weg – die ordnungsgemäße Beantragung für die Befahrung oder den Verzicht darauf!

16.5.2 Die Alternative Schaubergwerk?

Statt einen Befahrungsantrag zu stellen, kann man für lohnende Einzelobjekte auch einen (schein-)legalen Weg gehen, der natürlich keine sinnvolle Lösung für die bergbauhistorischen Forschung als solches ist, besonders für die flächenhafte Erforschung der zahlreichen kleinen Altbergbauanlagen.

In der Rundverfügung angesprochen (Punkt 8, Hinweis) ist die Möglichkeit, ein zu untersuchendes Objekt als „Besucherbergwerk ... ohne öffentlichen Besucherverkehr“ (!) zu betreiben – als Verein unter Bergaufsicht, richtig mit Betriebsplan und allem weiteren Zauber. Genaueres dazu gibt es in der RLBesBergw. Natürlich wird man kein ausgedehntes Revier neu aufwältigen und den Anforderungen eines Schaubergwerkbetriebes entsprechend ausrüsten können. Man kann entweder den betriebenen Bereich auf besonders wichtige Bereiche konzentrieren – oder eben nur 100 m ab Mundloch aufwältigen und gemäß Betriebsplan betreiben. Befahrungen außerhalb diese Bereiches sind dann immer noch schwarz, aber viel einfacher und unauffälliger durchzuführen. Wo kein Denunziant ist, ist auch kein Ordnungsstrafverfahren.

So etwas ist ungesetzlich und daher verwerflich – aber die Möglichkeit ist gegeben. Es ist übrigens ein verbreitetes Gerücht, daß einige große und kleine mit Betriebsplan betriebene Schaubergwerke auch – nicht ausschließlich! – illegalen Befahrungsbetrieb kaschieren. Wenn dies im Oberbergamt noch nicht bekannt sein sollte, ist das ein Zeichen bodenloser Weltfremdheit. Wenn dies im Oberbergamt bekannt sein sollte, warum wird nichts dagegen unternommen - wird da etwa weggeschaut? Im Falle eines Unfalls sitzt der Befahrer außerhalb des genehmigten Bereiches natürlich genauso tief in der Tinte als wie mit ohne Schaubergwerk.

In diesem Zusammenhang ein kleiner Test für alle, denen Bürokratie und Amtsdeutsch am Herzen liegt: was in einem „Silberbergwerk“ (offizieller Wegweiser zur Lehrgrube Freiberg) abgebaut wird, kann man sich gerade noch zusammenreimen. Was wird dann in einem „Besucherbergwerk“ abgebaut? Na?

16.5.3 Verschlüsse bremsen: Denkmalschutz und Naturschutz

Die verbliebenen Reste des sächsischen Bergbaus unterstehen in ihrer Gesamtheit als technische Denkmale dem sächsischen Denkmalsschutzgesetz [SächsDSchG], in Auszügen im Kapitel 17.4.2. Demnach sind Veränderungen, Zerstörungen und Beseitigung nur mit Zustimmung der jeweiligen Denkmalsschutzbehörde zulässig (§ 12). Das wird in vielen Fällen freilich lax gehandhabt und die Sanktionen für ein Verstoß sind finanziell für beispielsweise ein an der Beseitigung interessiertes Unternehmen nicht der Rede wert. Dennoch ist hier ein Hebel gegeben, mit welchem dem endgültigen Verschluß entgegengewirkt werden kann – der ja letztlich eine Zerstörung bedeutet. Auf jeden Fall ist es angemessen, daß vor einem endgültigen Verschluß eine „wissenschaftliche Erfassungsmaßnahme“ durchgeführt werden kann. Die Handhabe dazu hätten die Denkmalsschutzbehörden (§ 15 [SächsDSchG]), wenn sie nicht oft nur Aufwand scheuen wollten. Durch entgegenkommende Zusammenarbeit ist aber auf diesem Wege einiges möglich.

Oben: Verwahrung eines Mundlochs

1) Fledermausflugloch; 2) Rösche und Amphibienschlupfloch; 3)Mannluke mit Durchgriff für die kindersichere Verriegelung; 4) Hinweisschild, Inhalt wie rechts; 5) Bruchsteinmauerung oder andere, der Grube angepaßter Verschluß

Rechts: Verwahrung eines Schachts

1) Brunnenring; 2) Konus, 3) Steigeisen, gleichzeitig erste Seilaufhängung; 4) Deckel verschraubt oder verschlossen, Verschluß von innen bedienbar; 5) Hinweisschild mit den wichtigsten Angaben; 6) Auffüllung; 7) Zersatz; 8) Anstehendes; 9) Schacht; 10) weitere Seilbefestigung; 11) Tragplatte. Bewehrung und Ausführung nach Statik, zum Beispiel 5,0 m x 5,0 m x 0,3 m

Abbildung 181: Beispiele für denkmal- und naturschutzgerechten Verschluß von Schächten und Stölln

Einen noch besseren Ansatzpunkt bietet der Naturschutz. Nach Sächsischem Naturschutzgesetz ([SächsNatSchG], Bezugnahme auch auf [BNatSchG]) unterstehen speziell „Stollen früherer Bergwerke“ allgemein unter besonderem Schutz (§ 26). Alle Maßnahmen, die zu deren Zerstörung führen, sind verboten, also auch der Verschluß. Nun gibt es sicher wieder „Sonderregelungen“ und „Ermessensspielräume“, es wäre ja auch etwas ganz Neues, sollten Vorschriften mal nicht nur gegen den Normalverbraucher gelten. Aber eine weitere Hürde für den Verschluß von Bergbauanlagen türmt sich schon auf, wenn diese erforderliche Genehmigung erst mal eingeholt werden muß. Zumal, so auch unser Vorschlag, die Biotope einfach erhalten werden können: Mittels Fledermaus-Flugloch (Literaturangaben B x H 30...50 x 10...15 cm im oberen Drittel einer Mauerung) beziehungsweise entsprechenden Gitterabständen und Amphibien-Schlupfloch (Literaturangaben ca. B x H 20 x 30 cm direkt am Boden) wird das Biotop erhalten. Zusätzlich ist eine Ein-Mann-Luke für Kontrollen vorzusehen (Literatur [19], [20], das sind amtliche Publikationen und keine grünen Spinnereien!). Beispiele für die Verwahrung von Stölln und Schächten unter Beachtung denkmal- und naturschutzrechtlicher Aspekte gibt Abbildung 181.

Zu guter Letzt zählen bei einer sachlichen Diskussion die simpelsten Argumente am meisten: Man muß natürlich in ein Bergwerk einfahren können zu Kontrollzwecken (Erkennen von möglichen Erdfällen, Hydrogelogische Forschungen und so weiter) und man muß eventuell Verunglückte (Erdfall!) durch einen zweiten Ausgang retten können. Gegen ein solides Gitter hat keiner etwas, wenn der Schlüssel nur erreichbar ist. Alle oben genannten Argumente kann man, wenn ein Verschluß ansteht, in geeigneter Weise anbringen: gut gestreut als Anzeige wegen Verdachts auf Verstöße gegen Denkmal- und Naturschutzes, als Grund für eine nötige Befahrung oder als besorgte Anfrage. Vielleicht hilft einfach ein sachliches Gespräch mit dem, der letztlich einen unnötig aufwendigen Verschluß teuer bezahlen soll – an der eingeredeten Angst der Leute kann man sich als „Spezialfirma“ gut sanieren!

16.6 Ich stelle keinen Antrag

„Das Gesetz ist ein schlafender Löwe. Solange er schläft, kannst du an ihm vorbei so oft du willst. Doch wecke ihn nicht!“ (Afrikanisches Sprichwort).

Wer keinen Antrag stellt und nicht erwischt wird, hat eigentlich keine Probleme. Natürlich bekommt er Gewissensbisse, geht in sich und fragt sich, ob er sich nicht selbst anzeigen und ob er dies noch einmal tun sollte. Wir raten natürlich davon ab. Jedoch bieten wir auch Konfliktbewältigungshilfe: je nach Konfession zehn „Vater Unser“, einmal das Steigerlied oder ein kühles Bier. Im Kapitel soll aber es um den anderen Fall gehen.

Also zunächst ein paar Worte zum allgemeinen Verhalten, damit nicht aus einer guten Absicht plötzlich durch mißliche Umstände etwas Verbotenes wird. Dann ein paar Worte zu den Rechtsfolgen, falls doch etwas passiert sein sollte, und zwar muß man dabei unterscheiden zwischen den strafrechtlichen (die staatliche Strafe für das Fehlverhalten wegen Verstoßes gegen diverse Gebote) und den zivilrechtlichen Folgen (eventuelle Schadenersatz­forderungen). Danach etwas zur Verfahrensvereinfachung bei der Genehmigung durch Eigeninitiative, und schließlich zur Rechtslage bei einem Unfall.

16.6.1 Erwischt – was tue ich nun?

Es kann dem gewissenhaftesten Befahrer passieren, daß er nicht alle gesetzlichen Bestimmungen kennt und von der HohlkV noch nichts gehört hat. Oder daß er dem Vorbild unserer Politiker und Ex-Politiker folgt, für welche ein Verstoß gegen ein Gesetz noch lange keine Straftat ist und die in Verstößen gegen lästige Vorschriften nur die Vorwegnahme längst überfälliger Korrekturen sehen. Oder er denkt nach einem langen Frankreich- oder Böhmenurlaub gar nicht mehr an die sächsischen Regelungen, weil in seinem Kopf plötzlich eine geniale Idee aufgetaucht ist, die er unbedingt überprüfen will. Er fährt dann ein, und beim Rückmarsch oder schon am Mundloch wird er von Neugierigen angehalten, die um sein Woher und Wohin wissen wollen und oft einen amtlich-grünen Anstrich haben. In diesem Moment fällt dem armen Befahrer plötzlich die Hohlraumverordnung wieder ein, und er steht vor einem Problem. Immerhin war er bei dieser Sachlage fahrlässiger und nicht vorsätzlicher Störer der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Zunächst kommt es darauf an, wer ihn da fragt. Der Förster oder etwa ein selbsternannter Waldwart darf den Befahrer gar nichts, er kann ihn lediglich. Will heißen: besondere Gewalt hat nur die Polizei, der BGS, ein Grundeigentümer oder dessen Bevollmächtigte (zum Beispiel ein Werkschutz). Ein beliebiger anderer Bürger kann sich lediglich Autokennzeichen aufschreiben, die Polizei herbeirufen oder anderweitig denunziantisch tätig werden. Alles unangenehm genug, und wenn man beim Einfahren bespitzelt wird, kann man bei der Ausfahrt ein unbestelltes, aber teures Empfangskomitee erhalten. Dann kennt auch das Bergamt einen weiteren Zugang. So sehr man den Kontakt zur Bevölkerung suchen sollte - auch wenn man nur ein übertägiges Konditionstraining mit Vollschutz, Geleucht und Grubenrucksack durchführen will, sucht man sich besser eine Zeit aus, in der das betreffende Gelände unbelebt ist, um nicht mißverstanden zu werden. Ebenso bricht man besser ab, wenn etwas verdächtig erscheint. Gerade der Förster kennt sein Waldstück ganz genau, und wenn er seinen Beruf einigermaßen ernst nimmt, kennt er auch die Mundlöcher – getarnt oder nicht. Man sollte es sich mit ihm nicht verderben.

Eine Besonderheit bei Waldgrundstücken: auch das Spazieren im Wald ist zu bestimmten Zeiten eine Ordnungswidrigkeit(!), und zwar wegen Störung der Jagd (daß auch die Jäger Spaziergänger stören, interessiert scheinbar keinen). Man sollte diese Zeiten im Hinterkopf behalten, wenn man in waldreichen Gegenden einhergeht. Meist handelt es sich um die Stunde bis Sonnenaufgang und 2 Stunden ab Sonnenuntergang. Sonst fühlt sich schnell ein Schießer im Größenwahn belästigt und greift eben fix zum Handy.

Weitergehende Rechte hat der Grundstückseigentümer (außer bei Waldgrundstücken, da ist das Betreten generell zum Zwecke der Erholung nach dem Sächsischen Waldgesetz erlaubt). Er kann von seinem Hausrecht umfassend Gebrauch machen und ist bis zum Überschreiten der Verhältnismäßigkeit auch bei Tätlichkeiten gedeckt. Zudem droht eine Klage wegen Hausfriedensbruch, falls das Gelände umzäunt war, und bei cleveren Grundeigentümern gleich vorbeugend noch wegen Sachbeschädigung und Eigentumsdelikten. Gleiche Rechte bei noch besseren Möglichkeiten hat der Werkschutz einer Firma. Falls man sich also in ein fremdes Grundstück verlaufen hat, sollte man sich abzeichnende Konflikte lieber meiden oder wenigstens zu entschärfen versuchen, da der andere meist doch am längeren Hebel sitzt. Vielleicht beruhigt er sich ja, wenn er merkt, daß es gar nicht um seine Hollywoodschaukel ging.

Natürlich können größere Befahrergruppen gegenüber einzelnen Neugierigen sehr überzeugend argumentieren. Da diese, in der Diskussion unterlegen, später oft nachtragend reagieren und mitunter unhaltbare Behauptungen aufstellen, sollte man auch dann mit Feingefühl an eine solche Sache herangehen, wenn man es nicht unmittelbar nötig hätte.

Ähnlich prekär wie die Begegnung mit dem Wachschutz ist eine solche mit BGS, Polizei oder einem bergamtlichen Empfangskomitee. Wenn unvermeidbar (zweiter Ausgang), sollte man sich die Grundzüge des sächsischen Polizeirechts vergewärtigen ([SächsPolG]). Danach kann die Polizei oder Polizeibehörden, wie beispielsweise die Bergämter ([HohlrZuVO]), in jedem Fall eine Identitätsfestellung vornehmen, Verdacht auf eine Ordnungswidrigkeit besteht schließlich immer. Anzugeben sind: Name und Vornamen, frühere Namen, Geburtstag und -ort, Anschrift, Staatsangehörigkeit (§ 18 SächsPolG). Rutscht einen dabei vor Schreck ein falscher Name heraus, ist man bis 1000 DM beteiligt (§ 111 OWiG). Der BGS (Bundesgrenzschutz) hat zum Zwecke der Verhinderung von Schmuggelei und dergleichen zudem im Zollgrenzbezirk (inzwischen ist der über halb Sachsen ausgedehnt) auch das Recht auf Gepäckdurchsuchungen bei entsprechendem Verdacht, der etwa aus einer krummen oder geraden Nase resultieren kann. Auch die Polizei kann Personen durchsuchen, wenn Verdacht besteht, daß sie Sachen bei sich führen, die beschlagnahmt werden dürfen, oder um zum Beispiel zukünftigen Ordnungswidrigkeiten vorzubeugenden. Und als wenn dies nicht ausreichen würde, gibt es seit Frühjahr ’99 noch die „Schleierfahndung“, die der Polizei die Möglichkeit gibt, auch ganz ohne Verdacht Autos und Gepäck zu kontrollieren. Fazit: Um Identitätsnachweis und eventuelle Gepäck­durch­suchung kommt man ohnehin nicht herum, es lohnt sich nicht, an diesen Punkten Scherereien anzufangen. Wenn man keine Papiere dabei hat, kann man zu diesem Zweck auch festgehalten und zur Polizeidienststelle gebracht werden. Einen Platzverweis darf die Polizei ebenfalls ohne weiteres aussprechen.

Die Sicherstellung von Befahrungsgepäck ist dagegen nur möglich, wenn der Verdacht auf Eigentumsdelikte vorliegt - kann schon bei Steinen im Gepäck der Fall sein, ist also ein Grenzfall, aber man hat in dieser Situation wenig Chancen, sich zu wehren. Unter Umständen wirft man vor Abgabe noch ein Auge auf seine Filme, auch wenn sie dabei überbelichtet werden sollten. Ein Übergabeprotokoll ist selbstverständlich auszufertigen.

Weitergehende Rechte hat die Polizei theoretisch nicht (bei einer Befahrung, Rauchen von Hoch­brisanzzigarren an Mundlöchern ist etwas anderes). Praktisch ist das Sächsische Polizeigesetz zwar noch ein bißchen dehnbar, aber dann geht auch die Polizei ein Risiko ein. Das tut sie eigentlich nur, wenn sie irgendwie gereizt wurde. Man sollte also zunächst herausfinden, ob die Polizisten solchen Ärger wirklich wollen - meist haben sie andere Sorgen, als harmlose Befahrer zu quälen, und wollen die Geschichte nur möglichst reibungslos hinter sich bringen. Dennoch sollte man sich zu weitergehenden Aussagen als Namen und Adresse nicht hinreißen lassen - an das tatsächliche Geschehen kann man sich nach etwas Schlaf und vielleicht einem Gespräch mit einem Anwalt wesentlich genauer erinnern als in der Streßsituation am Mundloch. Ausnahmen bestätigen die Regel: wenn man dummtreu zugibt, im altbekannten und weit offenstehenden Stolln X eingefahren zu sein, an dem nichts mehr zu verderben ist, kann man damit unter Umständen den Beamten den überflüssigen Aufwand ersparen, vielleicht ein größeres Waldstück zu durchsuchen und dabei möglicherweise Mundloch Y zu finden, welches zufällig irgend jemand anders frisch geöffnet hat. Aussagen in Streßsituationen kann man zumindest teilweise mit etwas Aufwand auch nachträglich zurechtrücken.

Ansonsten generelle Regel: Unwissenheit schützt zwar nicht vor Strafe, aber vor Vorsatz! Hat man nur fahrlässig gegen etwas verstoßen, gehen die Höchstsätze von Straf- und Ordnungsstrafrecht schon mal ein ganzes Stück nach unten (vergleiche § 15 StGB und § 17 OWiG). Auch Rechtsschutzversicherungen zahlen nicht bei Vorsatz. Man sollte aber zusehen, daß einem gar nicht vorhandene Kenntnisse nicht etwa doch „nachgewiesen“ werden – dieses Heftchen zum Beispiel verschwinden lassen, wenn man es noch nicht gelesen hat, damit niemand falsche Schlüsse zieht. Verschwinden lassen sollte man auch alles, was bei einer Haussuchung greifbar und in irgendeiner Form als belastend ausgelegt werden könnte – natürlich nur, wenn man nicht wirklich etwas ausgefressen hat, ansonsten beichtet man brav und vertraut auf Väterchen Staat! Das geht von Bildern über Befahrungsberichte, Mineralien, Fundstücke bis zur Eisensäge. Kritisch ist auch die Festplatte – verdächtige Dateien auslagern und die gesamte Festplatte komplett vollschreiben (sinnlose Dateien kopieren), defragmentieren und die überflüssigen Dateien wieder löschen – so bleibt nichts liegen. Wenn man sich den § 25 des Sächsischen Polizeigesetzes durchliest, ist man vor Haussuchungen ganz und gar nicht sicher. Es kann sein, daß der die Haussuchung auslösende Beamte irgendwann später einen dienstlich-amtlichen Rüffel bekommt, aber das hilft dann dem Befahrer nicht mehr.

Wer Lust hat oder schon ahnt, daß er im E-Fall einiges wegzuräumen hätte, dem sei ein "Probealarm" empfohlen, damit er sieht, daß trotz maximaler Vorsicht immer etwas liegenbleibt! Auch sonst ist man besser vorsichtig – genannt sei hier die Möglichkeit in D zur Telefonüberwachung auf Schlagworte auch ohne begründeten Verdacht. Unrechtmäßig erlangtes Beweismaterial darf in Deutschland (anders als zum Beispiel in den USA) vor Gericht verwendet verwendet werden – außer gegen hochrangige Politiker und Ex-Politiker und sonst gut betuchte, für die neben den Gesetzen auch ein „allgemein-gesellschaftlicher Rechtskonsens“ gilt, der je nach Fall anders aussieht.

Ansonsten ist auch Vergeßlichkeit ein guter Schutz vor dem seitens Gericht womöglich angenommenen Vorsatz. Man sollte also alles glaubhaft vergessen, sich zum Beispiel, bevor man erwischt wird, zu Hause vor Kummer erstmal richtig besaufen. Vergeßlichkeit geht wirklich ziemlich weit, man kann sogar, wenn man beruflich und privat viel zu tun hat, mal kurz vergessen, daß man doch gar keinen Führerschein mehr hat!

Auch ein praktisch erfahrener Grundsatz, der zwar jedem klar ist, den man sich aber immer wieder richtig vergewärtigen muß – man wird für das verurteilt, was einem nachgewiesen wird! Das greift für den Befahrer (im Zweifel für den Angeklagten), kann sich aber auch gegen ihn wenden. Vom Autor selbst erlebter Fall: Beim Fotografieren eines Betriebsgeländes von außen (wirklich!) waren plötzlich zwei Zeugen der Meinung, er hätte auf dem Betriebsgelände gestanden. Das Problem löste sich schließlich friedlich, aber wenn es hart auf hart gekommen wäre, hätte er wohl mit schlechten Karten dagestanden. Auch von Seiten der Bergämter werden unangenehme Dinge, wie schlecht verwahrte Mundlöcher und dergleichen, mal immer vorbeugend den „Schwarzbefahrern“ angehangen, auch wenn das gar nicht so ist.

16.6.2 Erwischt – strafrechtliche Folgen

Unter die strafrechtlichen Folgen haben wir auch die Geldbußen (Ordnungsstrafen) einsortiert, obwohl sich beide Gruppen im Verfahren und der juristischen Bewertung unterscheiden. Eine Strafe nach StGB enthält ein „Unwerturteil“ über die Tat, während eine Geldbuße als Folge einer Ordnungswidrigkeit nur als Instrument dient, um eine gewünschte Ordnung durchzusetzen (Einführung zu [OWiG]). Daher wird eine Ordnungswidrigkeit auch nicht mit Haft bedroht (nur die Geldbuße kann per Erzwingungshaft „beigetrieben“ werden), es bestehen Verfahrensvereinfachungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters können bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt werden.

Eine ungenehmigte Befahrung zieht, wenn man erwischt wird, zuvörderst ein Ordnungsstrafverfahren wegen Verstoßes gegen die HohlkV nach sich – in der rechtlichen Bewertung und im Verfahren gleichzusetzen einem Park­schein oder einer Verwarnung wegen Geschwindigkeitsübertretung. Zunächst wird eine Anhörung zur Sache vorgenommen, dann ergeht der Bußgeldbescheid, gegen den Widerspruch eingelegt werden kann. Bisher bekanntgewordene Bußgelder bewegen sich zwischen 200 DM und 600 DM je Person und Befahrung. Die mögliche Obergrenze liegt bei 1000 DM, bei Fahrlässigkeit 500 DM (vergleiche § 17 OWiG im Kapitel 17.4.4 und § 8 HohlkV im Kapitel 17.4.1). Man kann mit etwas taktischem Geschick als Student oder bei sonstigem Nach­weis eines geringen Einkommens einen Rabatt erwirken. Wenn man nicht erwischt wird, ist die Sache nach 6 Monaten verjährt (§31 OWiG) und man kann dem Bergamt den Befahrungsbericht schicken, ohne für den Vorstoß gegen die Hohlraumverordnung belangt werden zu können. Trotzdem sollte man das nicht tun, erstens wegen des Zugangs und zweitens stellt das Bergamt ja auch keine BSA’s zur Verfügung; dagegen kann ein Befahrungsbericht, in dem ein Gesenk vorkommt, für das Bergamt ein Grund zur Verweigerung weiterer Befahrungen dieser Grube sein. Drittens besteht immer noch die Möglichkeit, ein weiteres Gesetz übersehen zu haben, welches gerade paßt – siehe Denkmalschutz. Der Einzug von Gegenständen ist aus unserer Sicht aufgrund der HohlkV nicht möglich (vergleiche §22 OWiG).

Daneben kommen noch Verstöße gegen das Denkmalschutzgesetz in Betracht – siehe dessen Paragraphen 35 und 36 im Kapitel 17.4.2. Das kann bis zur Straftat getrieben werden, wenn man mal ein Mundloch aufgegraben hat (SächsDSchG §35 Abs. 1 Satz 2, Freiheitsstrafe bis 2 Jahren oder Geldstrafe), ansonsten können Ordnungsstrafen bis 250.000 DM fällig werden, die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre. Auch die Nichtanzeige von bisher unbekannten Mundlöchern fällt unter einen Ordnungswidrigkeitstatbestand (Superdeutsch!) - aber wer will wissen, ob gerade dieses nicht schon bekannt ist.

Schließlich sind strafrechtlich unter anderem noch folgende Tatbestände möglich: Hausfriedensbruch (StGB §123, bis 1 Jahr oder Geld, das betreffende Gelände muß umzäunt sein!), Sachbeschädigung (StGB §303, bis 2 Jahre oder Geld, wenn an Kulturgut StGB §304, bis 3 Jahre oder Geld), bei teilweise noch in Betrieb befindlichen Anlagen auch Beschädigung wichtiger Anlagen (Wasserhaltungseinrichtungen, Wetterführungseinrichtungen, Fahrten und dergleichen, StGB §318, 3 Monate bis 5 Jahre und mehr), bei verrückter Auslegung auch Freisetzung ionisierender Strahlung (StGB §311d, bis 5 Jahre oder Geld), und natürlich Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (StGB §113, bis 2 Jahre oder Geld, mit Waffe 6 Monate bis 5 Jahre) sowie Beleidigung (zum Beispiel von Vollstreckungsbeamten, StGB §185ff, bis 2 Jahre oder Geld). Und ein findiger Jurist wird noch etliches Weitere (er-) finden!

Straftaten erscheinen übrigens im Gegensatz zur Ordnungsstraftat im polizeilichen Führungszeugnis und können einem so auch im Berufsleben zu schaffen machen. Die Verjährungsfrist für Ordnungsstraftaten entnehme man § 31 OWiG, für Straftaten richtet sie sich prinzipiell nach der für das entsprechende Delikt verhängbaren Höchststrafe (StGB § 78ff, keine Verjährung für Völkermord und Mord, 30 Jahre für Taten mit lebenslanger Freiheitsstrafe, 20 Jahre bei Höchstmaß von 10 Jahren, 10 Jahre bei Höchstmaß 5 bis 10 Jahren, 5 Jahre bei Höchstmaß 1 bis 5 Jahren, sonst 3 Jahre). Das Verjährungsrecht ist aber kompliziert und man ist vor Überraschungen nicht gefeit, auch der Beginn der Laufzeit ist nicht immer gleich. Daher Finger weg von Spielchen mit dem Feuer! Auf Verjährung muß man das Gericht übrigens selber bringen (oder sein Anwalt) – tut man das nicht, wird sie nicht berücksichtigt.

16.6.3 Erwischt – zivilrechtliche Folgen

Zivilrechtlich – unabhängig von der strafrechtlichen Seite, aber der Ausgang des strafrechtlichen Verfahrens wird wohl ausschlaggebend auch für die zivilrechtliche Seite sein – kommt in erster Linie Schadensersatz (BGB § 823ff) als Problem auf den erwischten Befahrer zu, vielleicht auch noch in Form eines (untergeschobenen) Eigentumsdeliktes, dann wiederum auch strafrechtlich interessant. Dann ist man „drin“ und das nicht zu knapp – eine Mundloch"sanierung" durch einen Bergsicherungsbetrieb möchten die Autoren zum Beispiel nicht bezahlen müssen, und die Stundensätze eines Polizeieinsatzes (Bergbeamte sind bei solchem Polizeibeamte!) sind nicht von Pappe. Schadensersatzforderungen verjähren 3 Jahre nach Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen beziehungsweise nach 30 Jahren generell.

16.6.4 Erlaubnisscheine selbst gemacht

Auf den ersten Blick scheint es eine gute Idee: Man entwirft einen Ausweis, ziert diesen mit dem eingescannten sächsischen Landeswappen und seinem Paßbild, versieht es mit einem Stempel und einem markigen Namenszug, ab damit in den nächsten Copyshop zum Laminieren - und schon ist man Hugo Müller, Mitarbeiter des Sächsischen Fachinstitutes für theoretische und angewandte Speläo- und Montanbotanik, SF-SMB. Auf gleiche Weise kommt man auch zu einem Genehmigungsschreiben für die jeweilige Befahrung (die sächsischen Behörden verwenden für ihre Schreiben meist die ausgefallene Schriftart Times New Roman und einen Laserdrucker).

Wer nicht weiß, wie er einen Stempel aufs Papier bekommt: Motiv am Computer designen, spiegeln und seitenverkehrt mit dem Tintenstrahldrucker auf Overheadfolie drucken. Eventuell unbeschichtete Folie verwenden, damit die Tinte nicht schnell trocknet, und mit der Druckdichte die Farbsättigung einstellen (je mehr dpi, je mehr Farbe). Ausdruck auf den Tisch legen und den Stempel mit Papier abnehmen. Fertig!

In 95 % der Fälle sollte man, wenn das Ganze gut gemacht ist, man am Tage einfährt und keine Spur von Schuldbewußtsein zeigt, ungeschoren selbst aus einer polizeilichen Befragung vor Ort davonkommen. Aber einmal ist das illegal, und man tun so etwas auch nicht. Zum zweiten ist Urkundenfälschung eine Straftat (StGB §267, bis 5 Jahre oder Geld), schon die Vorbereitungen eine Ordnungswidrigkeit (§ 127 OWiG, Geldbuße bis 10.000 DM).

16.6.5 Rechtslage bei einem Unfall

Bei einem Unfall ist zunächst alles daran zu setzen, dem Verunfallten so gut als möglich Hilfe zu leisten und seine Rettung zu ermöglichen. Dabei haben selbstverständlich Bedenken hinsichtlich der möglichen rechtlichen Folgen zurückzustehen, wie sie vielleicht durch das Bekanntwerden des Unfalls entstehen könnten. Das wird auch durch eine gesetzliche Vorschrift verlangt: §323c StGB, unterlassene Hilfeleistung als gemeingefährliche Straftat, bis 1 Jahr oder Geldstrafe. Man kann sich zwar darauf berufen, daß die Hilfestellung nicht ohne Gefahr möglich war, aber das wäre schäbig und würde hinsichtlich der im Bergbau sowieso bestehenden Gefährdungen sicher von keinem Richter anerkannt. Macht man bei der Ersten Hilfe im guten Glauben das Beste zu tun Fehler, kann man dafür nicht belangt werden.

Ist dagegen für den Verunfallten alles zu spät, ist es nach Meinung der Autoren keinem zu verdenken, auch seine Haut zu retten – die „menschliche Gerechtigkeit“, die sich dann in irgendwelchen Justizverfahren manifestiert, ist gegen die moralische Belastung durch so ein Ereignis ohnehin bedeutungslos. Unterlassene Hilfeleistung ist in diesem Fall auch vom Gesetz her nicht mehr relevant, das muß aber beweisbar sein!

Während der Bergungsmaßnahmen sollte man sich zu keinen Äußerungen zum Unfallhergang hinreißen lassen – nur, was zur medizinischen Versorgung wichtig ist, sollte angegeben werden. Irgendwelche weiteren Angaben zum Unfallhergang macht man tunlichst erst, wenn man nicht mehr unter Schock steht, und am besten nach einem Gespräch mit einem Anwalt. Außer dem Ordnungsstrafverfahren wegen Verstoßes gegen die Hohlraumverordnung (in einem solchen Fall das geringste Problem) können wiederum strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen auf einen zukommen.

Die strafrechtliche Problematik ist – Vorsatz mal ausgeschlossen – durch ein merkwürdiges juristisches Konstrukt behaftet. Dieses nennt sich „Garantenstellung“ und bedeutet im Kern nach dem Verständnis des Autors, daß man für jemanden, den man in eine Gefahr bringt, eine Verantwortung auferlegt bekommt, ihn vor dieser Gefahr zu schützen und bei Verletzung der daraus entstehenden Pflichten strafrechtlich verantwortlich ist (ein wenig abstrakter im StGB §13). Nun ist dies verständlich für einen bezahlten Bergführer. Bei einer freiwilligen Teilnahme an einer gemeinsamen Aktion, deren Gefahren jeder vorher kennt, erscheint es aus Sicht des Autors ungerecht und gefährlich, wollte man einen Teilnehmer für das Verhalten eines anderen Teilnehmers verantwortlich machen. Genau so wird dieser Paragraph aber teilweise ausgelegt. Beliebter Fall: Einer ist erfahrener als die anderen – er übernähme damit zugleich eine Verantwortung für die anderen Teilnehmer und wäre strafrechtlich verantwortlich dafür, wenn ein weniger erfahrener Teilnehmer aus Dösigkeit in einen Schacht fiele. Das paßt so richtig in’s Führerprinzip, die Herde folgt dem Leithammel und ist selber für nichts verantwortlich – Deutschland lernt halt nie dazu. Zugegeben ist die letztendliche strafrechtliche Bewertung immer Auslegungssache, und die Problematik wird in der juristischen Literatur zwar erschöpfend, aber keineswegs einheitlich oder etwa widerspruchsfrei gesehen. Aber die Möglichkeit des Anschiß aus dieser Richtung besteht, und wer für eine Gruppe einen Antrag ans Bergamt stellt, steht ganz oben am Anschißposten! Auch für die Verletzung sonstiger Normen wird der Antragsteller der am ehesten für alle zur Verantwortung Gezogene sein. Nicht umsonst dürfte das Oberbergamt im Entwurf der Rundverfügung die Angabe eines „Befahrungsleiters“ fordern. Nach Meinung der Autoren ist aber in der Altbergbauforschung für sich selber nur jeder selbst verantwortlich – wer das nicht akzeptiert, verzichte auf Befahrungen!

Auf das Problem gestoßen wurde der Autor durch einen Artikel von Schneider, P. in [5], Ausg. 6, der sich eingehender und sicher juristisch exakter mit der Problematik befaßt und auch auf die sonstigen Rechtsfolgen fahrlässigen oder vorsätzlichen Tuns verweist (StGB §§ 211-222 Straftaten gegen das Leben, zum Beispiel bei fahrlässiger Tötung, analog StGB §§ 223-233 Körperverletzung).

Jenseits der strafrechtlichen Verantwortung zieht ein Unfall wiederum zivilrechtliche Folgen nach sich, und zwar an erster Stelle die Bezahlung der Bergungskosten. Vielleicht hilft hier die Nennung einiger Zahlen, deren Größenordnung die Problematik untersetzt: Bergung eines Toten nach dem Grubenunglück vom Februar 1997, Entfernung vom Mundloch rund 7 km, vertikal etwa 60 m: ca. 250.000 DM. Bergung eines Verunglückten (verstauchter Knöchel!) aus einer Wasserhöhle in Frankreich, ca. 2 km vom Mundloch, nur horizontal: ca. 60.000 DM. Eine Versicherung gegen diese Kosten ist derzeit nicht möglich, jedenfalls ist den Autoren keine entsprechende Möglichkeit bekannt. Im Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher (VdHK) wird derzeit eine vom Ansatz her sehr gute Versicherung auf Gegenseitigkeit praktiziert, nachdem die HöFo’s lange vor demselben Problem standen. Jedoch kann man sich dort nicht für die Bergbauforscher erwärmen.

Risikounfall- und Lebensversicherungen kann man dagegen auch für die Höhlen- und Altbergbauforschung abschließen. Die Prämien sind einzeln auszuhandeln, am besten beschreibt man im Antrag möglichst noch etwas übertrieben, was man da so tut - sonst dreht sich der Versicherer im Schadenfall möglicherweise wieder 'raus.

16.7 Umgang mit der Bevölkerung

In Sachsen, speziell im Erzgebirge trifft man bei vielen Menschen schnell auf ein sehr aufgeschlossenes Verhältnis zum Bergbau und auch zur bergbauhistorischen Forschung. Das ist kein Wunder, weil noch bis vor kurzem in fast jeder Familie jemand „auf’m Schacht“ arbeitete und in der Regel gut dabei verdiente. „Glück Auf!“ ist im Obergebirge selbst in größeren Städten noch der lebendige Gruß auch zwischen Hausfrauen im Laden, und das Besucherheer der Schaubergwerke wie auch die Mitgliedermassen in den zahlreichen „Bergbautraditionsvereinen“ haben ihren Ursprung im Bergmann, der von der Grube noch nicht ganz lassen kann. So kann man, in Gummisachen und mit Geleucht durch den Wald stiefelnd, beim Treffen mit Einheimischen fast davon ausgehen, daß irgendwann die Frage kommt, ob denn der und der Stolln noch offen sei, wo man selbst oder der Bruder oder der Großvater damals...

Das ist die eine Seite. Die andere sind die immer wieder erwähnten leidigen Rechtsverhältnisse und die Tatsache, daß man als Denunziant und hinterhältiger Schleicher in der DDR beste Chancen hatte. Und wenn man mit 99 % der Leute gut reden kann - der hundertste, dem das Spitzeln und Verzinken zur zweiten Natur geworden ist, kann einen dann trotzdem in die Pfanne hauen. Zudem ist durch die medienwirksame Ausschlachtung des Altbergbaus viel Verunsicherung unter den Leuten entstanden, und man vergißt oft über seinem täglichem Umgang, daß die BILD nicht nur die meistverkaufteste Zeitung in Deutschland ist, sondern auch gelesen und - geglaubt wird. Darum sollte man bei aller Offenheit mit dem Gesagten vorsichtig sein. Man kann sich lange und gründlich über den Bergbau unterhalten, auch ohne einen Rundgang zu den nächstliegenden Mundlöchern zu unternehmen oder gar von Befahrungen zu erzählen.

Noch eine dritte Spezies gibt es - überall in Deutschland, im Obergebirge besonders häufig. Die Mineraliensammler, die für die eigene Sammlung oder mit Gewinnabsichten einfahren und teilweise in großem Stil abbauen. Die Verfasser wüßten nicht, was dagegen spräche - Bergbau ist Abbau. Wenn dabei Neid und Gier ausbrechen und „Konkurrenten“, selbst wenn sie mit Mineralien nichts am Hut haben, sondern sich nur für den Bergbau interessieren, eingesperrt, zugeschüttet oder gar ausgeräuchert (!) werden, wenn technische Denkmale auf der Suche nach bunten Steinen zerstört werden, wenn Bergbauzeugnisse aus dem Zusammenhang gerissen und ohne ordentliche Dokumentation aus Gewinnsucht verscherbelt werden – das ist Scheiße. Nach Meinung der Autoren kommt man dagegen am besten an, wenn vernünftige Arbeit auch unter vernünftigen Bedingungen durchgeführt werden kann und so die Untergrundmentalität, in der sich solche Außenseiter bestens halten können, unnötig wird.

16.8 Was tun mit Funden und Arbeitsergebnissen?

Im Kapitel über die Dokumentation haben wir hinsichtlich des Umgangs mit Funden erläutert, welche Gründe über den Verbleib in der Grube oder die Bergung entscheiden sollten. Funde sollen fachmännisch präpariert werden, was nicht in jedem Fall in privater Hand machbar ist. Zugleich stellt sich, auch für die Dokumentation, die Frage nach deren Verbleib. Es wird von jedem echten Forscher angestrebt, daß Funde und Dokumentationen veröffentlicht und schließlich allen Interessenten zugänglich aufbewahrt werden. Wer dies in Sachsen verwirklichen möchte und voll Stolz die Ergebnisse mühevoller Schinderei dem Bergamt oder der Bergakademie Freiberg, einem Museum, dem Sächsischen Amt für Denkmalspflege oder dem Landesamt für Archäologie zur Verfügung stellen will, sollte vorher einiges ruhig durchdenken.

Zunächst will auch hier die rechtliche Lage beachtet werden, wie im Kapitel 16.4.3 beschrieben. Das sollte man im spektakulären Einzelfall mit einem spezialisierten Anwalt abgeklärt haben, sonst landet man statt auf einem Schild für den edlen Spender plötzlich in einem unterirdischen Hohlraum unter 50 m³ bei freier Kost und Logis. Weiter im abschreckenden Text:

Den Bergämtern sind nach eigenem Bekunden in der bergbauhistorischen Forschung mit ihren vielfältigen Arbeitsbereichen nicht bewandert und - nach Erfahrung der Autoren - auch äußerst desinteressiert, was die wissenschaftliche Seite anbetrifft. Woran sie Interesse haben, steht im Kapitel 16.4.2 ausführlich beschrieben - wehe dem Befahrer!

Die Bergakademie Freiberg ist gegenwärtig auf dem Gebiet der Altbergbauforschung in Relation zur Bedeutung des Sächsischen Altbergbaus viel zu wenig tätig. Zudem, das erlebten wir beim ebenfalls staatlichen Bergarchiv, können die Bestände einer solchen Einrichtung ganz plötzlich Zugangs- und Nutzungseinschränkungen und einer Gebührenordnung unterliegen.

Museen und das Landesamt für Archäologie sind, ebenso wie die Denkmalspflege und die Bergakademie, öffentliche Behörden und als solche zur Zusammenarbeit mit dem Bergamt verpflichtet - siehe Rechtslage.

Neben den eben dargestellten Wegen gibt es auch noch andere Möglichkeiten: man kann die Ergebnisse seiner Arbeit für sich behalten oder einem Verein zur Verfügung stellen. Man kann sie einem Sammler zukommen lassen, der, wenn er nur das nötige Kleingeld oder die nötigen Beziehungen hat, mit der Herkunft der Funde keine Probleme haben wird. Diese Entscheidung muß jeder für sich selber treffen - die Gedanken sind frei. Trotzdem an dieser Stelle den Autoren zuliebe der Hinweis, daß man sich natürlich an die Gesetze halten muß!

Wichtiger als der Weg der Aufbewahrung ist, wie schon oben gesagt, die Art der Dokumentation, das heißt eine saubere Kennzeichnung der Herkunft und aller interessierenden Begleitumstände. Ohne diese ist das Objekt für die Forschung wirklich wertlos.

16.9 Das Ende des Tunnels

Vielleicht werden uns viele, besonders unsere westlichen Kollegen und die Bergämter sowieso, Verfolgungswahn vorwerfen. Es kommt hier auch etwas dicht gedrängt, und nicht alles wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Nicht jeder Bergbeamte ist ein scharfer Paragraphenreiter, es haben sich selbst Polizisten an den Kopf gegriffen, warum sie nun auch noch Leuten das Leben schwer machen sollen, die friedlich ihrem Hobby nachgehen und niemanden gefährden. Kalender mit Aufnahmen, die nach Meinung der Autoren ganz gut bei Schwarzbefahrungen entstanden sein könnten, hängen friedlich auch auf dem Oberbergamt. Aber Realitäten müssen beim Namen genannt werden, die bereits erteilten Ordnungsstrafen sind schließlich nicht erfunden, und unter irgendwie geänderten Vorzeichen kann auch eine stillschweigende Duldung ganz schnell in ihr böses Gegenteil umschlagen.

Das in der Praxis speziell das Risiko, erwischt zu werden, bei etwas Vorsicht relativ gering ist, ist ja dem Text weiter vorn zu entnehmen und wird von den Autoren gern nochmals bestätigt (nach einer unabhängigen Schätzung ‘97/98: weniger als 1‰, also eine von tausend Befahrungen, Glück Auf!).

Dennoch: Um der Gefahr von Geld­strafen zu entgehen und auch um die Zugänge vor dem Bekannt­werden und dem Verschluß zu bewahren, müssen viele große Touren nachts absolviert werden - durch die Übermüdung steigt deren Gefährlichkeit an! Der Erfahrungs­austausch wird unterbunden und dadurch die Möglich­keiten der Erforschung stark eingeschränkt. Die Organisation im Verein, technisches Training und die Weitergabe von Erfahrungen wird blockiert - eine weitere Unfall­gefahr! Die Möglichkeit des Heranführens von jungen Leuten an diese Thematik mit der Erfahrung der Älteren geht verloren - wiederum steigt das Unfallrisiko! Die Publikation von Forschungs­er­gebnissen ist nur mit starken Einschränkungen möglich - die Freiheit von Lehre und Forschung ist behindert! In der entstandenen Grauzone tummeln sich neben Bergbauinteressierten auch Geschäftemacher - an Fackelzügen im Bergwerk, an bei der Mineralien­suche zugeschossenen Strecken und zerstörten Maschinen haben auch wir kein Interesse!

Wir wollen diese Zustände gern verändern und sind an jedem Angebot zur Zusammenarbeit, egal von welcher Seite, interessiert. Über jede diesbezügliche Zuschrift freuen wir uns herzlich. Verscheißern lassen wir uns aber weder vom Oberbergamt, noch vom Petitionsausschuß noch von sonst jemandem!

Eine annehmbare Lösung bestünde zum Mindesten in einer einklagbaren gesetzlichen Vorschrift, die auch die Rechte des Befahrers enthält. Das ist selbst dann möglich, wenn man die HohlrV beibehält, und hängt letztlich nur an etwas guten Willen im Oberbergamt. Uns schwebt da etwa folgender Passus in irgendeinem verbindlichen Schriebs vor: „Eine Befahrung kann nicht verweigert werden und gilt ohne besonderen Antrag als genehmigt, wenn: 1.)..., 2.)..., 3.).... Das man beim Ausfüllen der Punkte sich wird herumstreiten müssen, ist uns klar, gehört aber zur Normalität. Daß die Gebühren für nicht kommerzielle Aktionen verbindlich weg müssen dürfte sich von selbst verstehen, wenn man ernsthaft um eine Lösung bemüht ist. Wer da jetzt jammert, daß dies aus formaljuristischen Gründen nicht möglich ist, der hätte sich das gefälligst vor der Ausarbeitung solcher Hindernisse überlegen sollen und muß diese nun eben beseitigen. Es kann nicht angehen, daß eine Vorschrift in die Welt gesetzt wird und dann für den angerichteten Unfug keiner mehr verantwortlich ist, sondern der Bockmist als gottgewollt im Raum stehen bleibt.

Keinesfalls erträglich wäre eine Tolerierung durch Wegschauen im gegenseitigen Einvernehmen („beantragt mal die ersten hundert Meter, was ihr dahinter macht, ist eure Sache, was nicht auf meinem Schreibtisch landet, muß ich nicht bearbeiten...“). Dann wären wir wieder bei den Zuständen der DDR gelandet, und hinsichtlich Veröffentlichungen und sonstiger wissenschaftlicher Arbeit wäre nichts gewonnen. Im Gegenteil wären plötzlich alle Befahrer latent dem willkürlichen Zugriff irgendwelcher Polizeiaktionen ausgeliefert, wenn sich der Wind wieder einmal dreht.

Am einfachsten wäre natürlich die ersatzlose Streichung der HohlkV. Scheinbar bedeutet das für die Vereinigten Sächsischen Bürokratien einen unerträglichen Gesichtsverlust und sie müßten dazu schon gewaltig über ihren Schatten springen, obwohl gerade dieser Schritt ein Zeugnis für vernünftiges Denken bedeuten würde. Mittlerweile dürften sich jedoch selbst die Verantwortlichen im Oberbergamt fragen, welcher Teufel sie geritten hat, sich beispielsweise die Zuständigkeit für die Sächsischen Höhlen auf den Schreibtisch zu ziehen, von denen man auf den Bergämtern noch nicht einmal die Namen kennen dürfte, geschweige auf Basis solider Katasterunterlagen einen Antrag auf Befahrung mit sachlicher Grundlage entscheiden könnte. Es sieht in Sachen Altbergbau, was den gegenwärtigen Zustand betrifft, nicht viel besser aus – und der ist ja wohl für den Entscheid über Befahrungen relevant. Auf die Frage, wie denn die geschätzten 3.000 bis 6.000 Befahrungsanträge jährlich bearbeitet werden sollten, wenn jede Befahrung beantragt würde, hatte auch das Oberbergamt nur ein Schulterzucken!

Wenn gar nichts hilft, wird wohl weiter schwarz eingefahren werden, werden alle auf den 02.08.2006 warten (dann tritt die HohlkV außer Kraft, § 16 SächsPolG), und sicher wird es auch dann noch einen deutschen Bürokratenstaat geben, der alles noch besser, noch lückenloser und noch überwachbarer regeln wird ...

Ein weiteres, hier nur gestreiftes Problem bedarf dringend einer Lösung: die Verwahrung von Altbergbauanlagen. Es ist wichtig, daß diese weitgehend zugänglich bleiben, nämlich für Forschungszwecke, für Baugrund-, geologische und hydrologische Untersuchungen, für den Rettungsfall und zur Früherkennung von Bergschäden, für den Fledermaus- und Amphibienschutz. Noch nicht einmal diese Binsenweisheit wird von den Bergämtern anerkannt! Wenn jedoch eine Bergbauanlage dauernd und unzugänglich verwahrt wird, muß vorher die Möglichkeit zur ausgiebigen und ungehinderten Dokumentation bestehen!

Da wir wissen, daß man Texte zu Rechtsfragen gar nicht so eindeutig formulieren kann, daß nicht doch jemand etwas anderes als das Gemeinte hineininterpretiert, weisen wir mit Bezug auf das ganze Kapitel nochmals besonders darauf hin, daß wir selbstverständlich nicht zu unerlaubten Handlungen aufrufen möchten. Oder, wie es Mark Twain formulierte, „Sei rein, ehrlich, nüchtern, fleißig, rücksichtsvoll, und du wirst nie...“ ([39]).