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Abbildung 122: Anfang und Ende einer Befahrung... |
Foto: privat |
In diesem Kapitel geht es endlich um Ablauf und Methoden einer Befahrung. Das Kapitel beginnt mit der Vorbereitung der Befahrung und schließt mit dem Aufräumen. Es wird dargelegt, was den noch unerfahrenen Bergbauforscher erwartet, wie Gefährdungen entstehen und vermieden werden können.
Bevor man ins Bergwerk hineinspaziert, muß man sich Gedanken um den Zweck der Befahrung machen. Nun steht über dem Heft der anspruchsvolle Titel „bergbauhistorische Forschung“, und in den vorhergehenden Kapiteln wird oft auf diesen Anspruch Bezug genommen. Das darf nicht so verstanden werden, daß jede Befahrung einem hehren wissenschaftlichen Ziel dienen muß. Derartige Gedanken leben zwar im Hirn der Vorschriftengläubigen, aber jeder Praktiker weiß, daß zahlreiche Befahrungen zu Trainingszwecken, zur Erprobung neuer Methoden oder aus ganz unspezifischer Neugier erfolgen. Oder man zeigt anderen etwas, oder braucht nach einer Woche Schreibtischarbeit einfach etwas anderes und geht aus Spaß an der Sache eine schöne Tour nochmals. Derart unbelastete und spontane Befahrungen sind ganz normal – aber man versuche einmal, „Freude am Hobby“ als „berechtigtes Interesse“ bei der Beantragung einer Befahrung durchzubekommen!
Ist man sich über den Zweck der Befahrung im klaren, kann man mit der Vorbereitung beginnen. Los geht es mit ein paar prinzipiellen Erwägungen zur Sicherheit.
13.1 Sicherheit zuerst!
Die Vorstellungen Außenstehender von Befahrungen im Altbergbau sind primär durch die Gefährdung von Personen geprägt.
Zwei verschiedene Aspekte werden dabei meist nicht getrennt. Zum einen ist grundsätzlich jede Tätigkeit mit einer persönlichen Gefährung behaftet. Diese ist bei Befahrungen im Altbergbau tatsächlich größer als beim Briefmarkensammeln und läßt sich nicht endgültig ausschließen. In welchem Maße man sich dabei für sein Ziel gefährdet, muß dem Ermessen jedes Einzelnen überlassen bleiben.
Das anderes Problem ist die Gefährdung Dritter, beispielsweise der Bergungsmannschaft nach einem Unfall. Auch das ist kein Spezifikum der Befahrung im Altbergbau - wie viele Unbeteiligte sind durch den Betrieb eines Kernkraftwerks potentielle Opfer des „Restrisikos“? Wie viele Unschuldige werden Opfer der "gezielten" Bombardierung von Anlagen auf dem Territorium der jeweiligen Zivilisationsfeinde, auf Wohnviertel stürzender Flugzeuge, nicht vorhandener Ansteckungsmöglichkeiten durch BSE, sicherer Gentechnik nüchterner Autofahrer und ungiftigen Holzschutzmitteln? Im Gegensatz zu diesen beruht aber die Teilnahme an einem Rettungseinsatz auf Freiwilligkeit, hier kommt das Solidaritätsprinzip zum Tragen, und noch standen bei jedem Unfall mehr freiwillige Helfer zur Verfügung, als für die Bergung benötigt wurden. Auch die mögliche Gefährdung Dritter ist in diesem Sinne tragbar, rechtfertigt nicht ein prinzipielles Verbot von Befahrungen. Wer mit den Kosten einer Bergung argumentiert, die auf den Staatsschultern liegen blieben, sehe sich die Rettungsorganisationen und Versicherungsmodelle an, die sich bei freier Entfaltungsmöglichkeit anderswo entwickeln (Die Höhlenforschung außerhalb D's sei genannt.).
Es sollen hier häufigen Argumenten gegen Befahrungen ebenso gewichtige Gegenargumente entgegengesetzt sein, nicht leichtfertiger Umgang mit Gefahren unter Tage propagiert werden. Die Gefährdung anderer ist der gewichtigste Grund zur Vermeidung von Unfällen bei Befahrungen - neben dem Imageschaden für die bergbauhistorische Forschung und Geld-, Material- und Zeitverlust.
Damit steht als Hauptforderung über jeder Befahrung, die vorhandenen Gefahren auf ein vertretbares Maß zu reduzieren – wobei die Grenze immer ein Streitpunkt bleiben wird! In welchem Umfang das möglich ist, zeigen Statistiken der Höhlenforschung. Nur 10 bis 20 Prozent der schweren Unfälle sind als unvermeidbar einzustufen - der Rest ist Resultat menschlichen Versagens! Die Gefahren in Bergbauanlagen sind denen in Höhlen qualitativ ähnlich, quantitativ etwas verschoben – Hochwasserunfälle sind unwahrscheinlicher, Steinschlag und Verschüttung häufiger zu erwarten als in Höhlen. Das Argument, daß es sich bei Bergwerken um Industriebauten handelt, die immer gefährlicher sind als etwas natürlich Entstandenes und daher besonders überwacht werden müssen, zeugt lediglich vom Unverstand derer, die es gebrauchen. Sobald eine Grube auflässig wird, wirken Naturprozesse unbeeinflußt von Menschenhand oder Technik. Zum natürlichen Verfall und Veränderung der Hohlräume, die auch bei Höhlen im Gange sind, kommt noch der Verfall der Einbauten hinzu. Je länger eine Grube auflässig ist, um so weniger haben technische Einbauten noch Einfluß auf die Standfestigkeit und ähnliche Dinge.
Der Umgang mit diesen Gegebenheiten ist erlernbar, genauso wie Fahrradfahren und Freischwimmen. Je mehr Verständnis man sich über die ablaufenden Vorgänge im Altbergbau erworben hat, um so weniger ist man auf einer Befahrung gefährdet, da man die vorgefundenen Verhältnisse richtig einschätzen gelernt hat. Grundvoraussetzung dafür sind selbstgesammelte praktische Erfahrungen, die durch theoretische Kenntnisse und vermitteltes praktisches Wissen ergänzt werden sowie die Bereitschaft des Befahrers, sich diese Fähigkeiten mit allen Sinnen und Respekt vor den aufgefundenen naturgegebenen Verhältnissen anzueignen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß durch Kenntnis der natürlichen und bergbautechnischen Verhältnisse, durch Übung am Objekt, Erfahrungsaustausch und umsichtiges Verhalten Gefährdungen auf ein Minimum reduziert werden. Grundlage dafür ist jedoch, daß jeder Befahrer sich bewußt ist, was er tut und mit offenen Augen und wachen Sinnen ans Werk geht.
13.1.1 Wege zu mehr Sicherheit
Es gibt bei jeder Tätigkeit unter Tage Voraussetzungen für ein unfallfreies Arbeiten, die unmöglich alle aufgezählt und auswendig gelernt werden können. In den einzelnen Kapiteln haben wir zahlreiche konkrete Hinweise eingestreut. An dieser Stelle haben wir die Grundlagen zusammengestellt, die man sich beim Arbeiten unter Tage vergegenwärtigen soll und aus denen sich der Rest – von selbst ergibt.
- Die Hauptunfallursache ist der Befahrer selbst! Durch sauberes Arbeiten, Gründlichkeit und Nachdenken vor dem Handeln lassen sich Unfälle vermeiden. Dösigkeit, Leichtfertigkeit, Imponiergehabe, Leistungstests haben unter Tage nichts zu suchen.
- Für sich selbst ist jeder allein verantwortlich! Nicht alles, was mein Vordermann macht, muß ich bedenkenlos nachmachen. Wer die Traute nicht hat, nein zu sagen, wenn ihm eine Seilaufhängung nicht paßt oder eine Bühne zu wacklig ist, dem ist nicht zu helfen. Das gilt unabhängig davon, daß der Vorausgehende vielleicht erfahrener oder älter ist, ein Bonbon am Kragen trägt oder amtlich zum Besserwisser gestempelt ist. Am Ende ist der Vordermann sogar froh über einen Hinweis, weil er selber eine Gefahr gar nicht erkannt hat.
- Für die anderen ist jeder mitverantwortlich! Betriebsblindheit und Gruppenzwang zu überwinden ist sehr schwierig, aber immens wichtig. Was schon immer gut ging, muß bei Dir nicht mehr gut gehen. Nach zwei Monaten Befahrungspause erschrickt man sehr häufig vor Stellen, die man vorher gedankenlos passierte.
- Absolut selbstverständlich wird die Grenze für die gesamte Befahrungsgruppe durch den Schwächsten bestimmt werden - und dieser muß sich dessen bewußt sein!
- Eine Gruppe bleibt zusammen, indem jeder mit seinem Nachfolger Sichtkontakt hält. In nicht absolut übersichtlichen Situationen wird daher eine feste Reihenfolge eingehalten - nicht bürokratisch auf einem Formblatt, sondern unkompliziert in der Praxis. Diese Reihenfolge wird nur geändert, wenn das vorher mit allen abgesprochen war.
- Die Befahrung endet mit der Ausfahrt – jedes Hindernis auf dem Hinweg ist auch auf dem Rückweg zu überwinden und zählt daher doppelt! Deswegen ist es unklug, schon den Hinweg gegen irgendwelche unvorhergesehene Schwierigkeiten erzwingen zu wollen und die Reserven anzugreifen. Die Notrationen sind für den Rückweg bestimmt!
- Eine einmal eingetretene heikle Situation erfordert von allen Beteiligten vor allem Ruhe und überlegtes Handeln. Nichts ist schlimmer als unbedachte Hilfeversuche, die zum Schluß zu größeren Gefahren führen als die Ausgangslage. Oft zählt die Schnelligkeit der Hilfe gar nicht so sehr. Erst mal nachdenken, wie unter den Gegebenheiten die Befreiung aus der brenzligen Lage sicher möglich ist, im Zweifel lieber weiteres Material und/ oder Hilfe holen!
- Es gibt ein Patentrezept zur Vermeidung von Unfällen - ständiges Training, Erfahrungsaustausch und Mitarbeit in einem Verein! Die günstigsten Erfahrungen sind die, die andere schon gemacht haben. Als Anfänger beginnt man – wie überall – mit leichten, technisch unkomplizierten Touren und erschließt sich nach und nach, möglichst in Zusammenarbeit mit Erfahreneren, schwierigere Arbeitsgebiete.
Noch ein kleiner moralischer Stinkefinger aus der Geschichtenkiste, um zu zeigen, wie das Vorstehende gemeint ist: Ein sowieso etwas als pedantisch verrufener Befahrer kehrte unmittelbar vorm Mundloch wegen leichter Übelkeit doch noch um, entsprechend belästert von den Mitbefahrern. Am nächsten Tag bekam er dann den Blinddarm rausgenommen – eine unter Tage mit dem Geologenhammer als Skalpell gar nicht so leichte Operation!
13.2 Vorbereitung der Befahrung
Die Vorbereitung der Befahrung wollen wir einmal in den technischen Teil und den „Verwaltungsteil“ trennen.
Zum technischen Teil gehört das Vorbereiten der Ausrüstung. Man tut dies ausreichend lange vor der Befahrung und plant genügend Zeit ein. Packt man erst, wenn die anderen bereits vor der Tür stehen, geht das in aller Regel schief. Zunächst kontrolliert man seine persönliche Grundausrüstung – Klamotten, Geleucht, Helm, Handschuhe, Notfallset und so weiter. Dann geht man die speziell für diese Befahrung erforderlichen Ausrüstungen durch. Nichts wird unbesehen in den Rucksack gefüllt, sondern alles kurz auf Funktionsfähigkeit geprüft. Je nach Dauer und Schwierigkeit der geplanten Befahrung sollte diese Funktionsprobe immer gründlicher vorgenommen werden, um nicht nach großem Aufwand kurz vor dem Ziel wegen mangelhafter Ausrüstung umkehren zu müssen. Es ist bei größeren Touren zweckmäßig, die geplanten Aktivitäten vorher „im Geiste“ durchzuführen und eine kurze Checkliste über die benötigte Ausrüstung aufzustellen. Auch die Reihenfolge des Verpackens sollte man mit dem Verlauf der Befahrung abstimmen, um nicht in der Grube unnötig umräumen zu müssen. Zur Ausrüstung gehören auch Wechselsachen, um sich nach der Befahrung etwas Trockenes anziehen zu können, und Telefonkarten, Groschen oder ein Handy für den Fall des Hilferufs oder die Rückmeldung.
Bei Erkundungen steht man immer vor der Frage, welche Ausrüstung erforderlich sein wird und welche man zu Hause lassen kann. Hier gilt, nach Murphy, daß man erstens alles zu Hause Gelassene wird brauchen können und alles Mitgenommene überflüssig ist und daß man sich zweitens auf diesen Satz nicht verlassen kann. Man kann sich damit trösten, daß es auf jeden Fall lustig wird.
Zum technischen Teil gehört auch die Vorbereitung der Befahrung in Hinsicht auf den Zweck der Tour. Risse und Akten werden studiert, wichtige Auszüge kopiert und wasserdicht verpackt mitgenommen (eventuell in Folie laminieren lassen – Copyshop). Man versucht, soviel als möglich Informationen zur Befahrbarkeit der Grube einzuholen: Verbrüche, Wasserstand, Zustand der Fahrwege allgemein, Erfordernis von Seiltechnik oder anderer spezieller Ausrüstung, Lage des und Situation um den Zugang. Anhand der Risse und Beschreibungen stellt man eine möglichst effektive Route zusammen: einfache und schnelle Wege, möglichst wenig Ausrüstung, Möglichkeit des Umgehens eventuell nicht mehr passierbarer Streckenabschnitte. Kennt man einen Zugang nur aus Beschreibungen, sucht man ihn zunächst ohne Befahrungskrempel auf.
Der „Verwaltungsteil“ besteht zunächst in den nötigen Absprachen mit den Befahrungsteilnehmern. Vorrangig ist das Befahrungsziel abzustimmen, damit sich jeder darauf vorbereiten kann. Es ist wenig effektiv, sich um zehn mit dem Rucksack zu treffen und dann zu beratschlagen, wo man um elf einfahren will. Es ist zu klären, wer welche Ausrüstungsgegenstände mitnimmt, wenn mehr als die persönliche Grundausrüstung benötigt wird. Eventuell sind noch Quellenarbeiten zu verteilen, gegebenenfalls irgendwelcher amtlicher Schriftkram zu bewältigen. Treffpunkt, Uhrzeit und Fahrmöglichkeiten sind abzustimmen.
Die Gruppenstärke wird sich meist von selbst ergeben: Alleinbefahrungen sind sehr riskant – ein kleiner Unfall oder Defekt in der Ausrüstung kann einen Alleinbefahrer vor immense Schwierigkeiten stellen, die in einer Gruppe nicht auftreten würden. Zu zweit oder zu dritt gibt es keine Möglichkeit, im Ernstfall Hilfe zu holen – ein Verletzer wird in der Grube nicht allein gelassen, und ein einzelner, möglicherweise noch unter Schock stehender Befahrer wird nicht durch die Grube geschickt, um Hilfe zu holen! In einem solchen Fall muß man sich darauf verlassen können, daß nach der Rückmeldezeit die Hilfe auch wirklich in Gang gesetzt wird! Von der Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit gerade bei schwierig zu befahrenden Strecken (Seiltechnik, Engstellen) sind jedoch Zweier- oder Dreiergruppen optimal. Vierergruppen sind bereits sehr langsam, jedoch vom Sicherheitsstandpunkt vorzuziehen. Fünfergruppen und mehr finden sich höchstens bei Mettenschichten oder arbeitsaufwendigen Bergungsaktionen sinnvoll zusammen. Ansonsten zerfallen sie früher oder später in kleinere Grüppchen und schaffen Chaos unter Tage, oder sie enden in Freß- und Saufgelagen vor, während und nach der Befahrung und nicht in sinnvollem Tun.
Unbedingt ist vor jeder Befahrung ein draußen Bleibender über das Befahrungsziel und die Rückmeldezeit zu informieren!
Dies ist die einzige sichere Möglichkeit, im Falle eines Unfalls eine Rettung auszulösen! Die Person muß den Zugang kennen und sicher finden können. Am günstigsten ist es, die geplante Befahrungsroute kurz zu skizzieren oder aufzuschreiben, wenn der Betreffende sich im befahrenen Revier nicht auskennt. Das Vorgehen nach Überschreiten der Rückmeldezeit sollte vorher abgestimmt werden – ist gleich großer Alarm auszulösen, oder soll erst einmal im kleinen Rahmen nachgesehen werden, wer sind die Ansprechpartner, wenn etwas nicht stimmt? Generell hält man die Rückmeldezeit nicht zu knapp, um falsche Alarme zu vermeiden.
13.3 An- und Abmarsch ohne Komplikationen
Nachdem die Packerei erledigt ist, geht es an’s Einfahren. Die Technik dazu ist nicht problematisch – man fährt, rutscht, kriecht halt hinein oder seilt sich ab – spannend ist in Sachsen eher die Überwindung der bürokratischen Hürden. Wie die Autoren ohne Reue zugeben, haben sie bis vor zwei Jahren und einem Tag selbst aktiv Schwarzbefahrungen durchgeführt. Ein paar interessante Aspekte zum Ein- und Ausfahren aus dieser Zeit seien an dieser Stelle aufgeführt, um dem wißbegierigen Publikum einen Einblick in die Materie zu gestatten.
Wird eine Befahrung geplant, ohne daß alle amtlichen Segen gesprochen sind, so gibt es hinsichtlich unerwünschter Begegnungen zwei besonders kritische Punkte: der Erste ist das Mundloch, der Zweite das Auto. Beide Punkte muß der Befahrer passieren, er kann also an diesen Stellen leicht abgepaßt werden. Das Mundloch ist dabei nicht zu vermeiden. Hier muß man durch, man kann lediglich die Verweilzeit so kurz wie möglich halten: Wasserzeug wird, wenn erforderlich, bereits vorher angelegt, Rucksäcke gepackt (ein Gepäckstück je Mann), ausreichend Elektrogeleucht, um zügig aus dem Mundlochbereich verschwinden zu können. Aufwendige Fummelei an Verschlüssen erledigt man vorher allein, in normalen Wandersachen und ohne Gepäck. Analoges gilt für den Rückweg. Das Auto ist weniger kritisch, hier kann man mit der Investition von etwas Zeit das Risiko fast ganz ausschließen, indem man nicht mit vollem Gepäck ein- oder aussteigt.
Ideal sieht eine Befahrung in einem gefährdeten Gelände dann so aus: Am nächstgelegenen Waldparkplatz werden, wenn sich dort niemand herumtreibt, drei Mann und vier Säcke ausgeladen, die im Wald verschwinden. Der Fahrer parkt das Fahrzeug allein im nächsten Dorf oder auf sonst einem unverdächtigen Platz und wandert unbeschwert in Richtung Treffpunkt, immer noch entfernt vom Mundloch irgendwo an einer Stelle mit guter Sichtdeckung. Dort sind unterdessen auch die Anderen und mit diesen sein Gepäck angekommen, man zieht sich um soweit erforderlich, die Passierbarkeit des Zugangs wurde in der Zwischenzeit ebenfalls allein von einem der Ausgestiegenen überprüft. Fertig angestrapst, geht’s zügig hinein, Klappe zu, Glück Auf! Bei der Ausfahrt das Spielchen andersherum: Einer schaut kurz raus, ob alles klar ist. Sieht er jetzt den Wald vor Grün nicht, sollte man versuchen, sich an einen zweiten Ausgang zu erinnern oder sich sonst etwas einfallen lassen. Wenn die Luft rein ist, geht es ebenso zügig zum Mundloch hinaus und zunächst wieder ein Stück ab in Sichtdeckung (Achtung, Geleucht schon vorher aus. Man sieht den Lichtschein nachts meilenweit und hat ohnehin Orientierungsschwierigkeiten, wenn man draußen erst ausschaltet und plötzlich im Finstern steht). Ab dort wie gehabt Umziehen, der Fahrer holt das Auto (leicht dreckig zwar, das kann nachts im Wald schon mal passieren) und holt Männer und Gepäck an vereinbarter Stelle ab. Sollte jemand am Auto warten und dumme Fragen stellen, kann er diese in Ruhe beantworten und zur Not alleine nach Hause fahren - ein anderer sammelt dann, telefonisch benachrichtigt, die restlichen Leute ein.
Wird man in einer Situation, in der man lieber allein wäre, durch Leute gestört, die einen zufällig sehen könnten, auch wenn sie nicht darauf aus sind, bleibt man einfach bewegungslos stehen und damit unauffällig – Bewegtes wird vom Menschen sehr schnell wahrgenommen, Unbewegtes bleibt viel länger unbeachtet.
Das geschildete Räuber-und-kein-Gendarm-Spielchen ist die Extremvariante und etwas zeitaufwendig, deswegen geht es nicht immer ganz so geheimnisvoll zu. Welches Risiko jeder eingeht, muß er selbst entscheiden - und daran denken, daß ein bekanntgewordener Zugang leider schnell für immer flöten geht.
Es versteht sich von selbst, daß in der Umgebung der Zugänge so wenig wie möglich zerstört und auch keine Spuren hinterlassen werden. Man tritt vorzugsweise auf Steine, Stacheldraht wird angehoben und unterkrochen, wenn sich keine Möglichkeit bietet, eine Stelle unauffällig als Verschluß auszubilden. Läßt es sich nicht umgehen, Gras und Planzenwuchs niederzutreten, kann man nach der Befahrung oft mit darübergedecktem Reisig den Flurschaden verdecken. Zäune lassen sich meist vorsichtig aushängen. Lassen sich Zerstörungen nicht vermeiden, plaziert man sie an versteckten Ecken. Etwaige defekte oder aufgebrochene Verschlüsse, die man an Mundlöchern vorfindet, restauriert man sorgfältig. Fehlen Vorhängeschlösser, ergänzt man sie durch geeignete Modelle und entfernt etwa vorhandene Reste der alten Schlösser. Derartiges ist selbstverständlich meldepflichtig (Wo denn? Anmerkung des einen Autors).
Unter Tage dagegen ist die Freiheit grenzenlos, wenn man nicht gerade zur Besuchszeit ein Schaubergwerk von hinten ansteuert, harmlose Wanderer aus dunklen Mundlöchern heraus unvermittelt anspricht oder unangemeldet in einem Keller auftaucht. Konflikte mit der Welt draußen kann es auch bei bestehender Wassernutzung geben, ist so etwas bekannt, vermeidet man Verunreinigungen weitestgehend.
13.4 Orientierung unter Tage
Ist man im Bergwerk angekommen, gilt der Augenmerk zunächst der Orientierung. Weniger bezüglich des Findens des Befahrungsziels, sondern hinsichtlich des Zurückfindens und der Möglichkeit, daß ein eventueller Rettungstrupp die Befahrungsroute verfolgen kann. Mit ein wenig Vorsicht wird man sich im Bergwerk kaum verlaufen können, da es ja – im Gegensatz zu Höhlen – in einer gewissen Regelmäßigkeit angelegt wurde, die man beim Nachvollziehen der Abbaumethode und der geologischen Gegebenheiten rasch erkennt und nutzen kann.
Welche Möglichkeiten der Orientierung sind im Bergbau generell vorhanden? Zunächst einmal wird man sich den genommenen Weg einprägen. Um den Rückweg an Kreuzungen wiederzuerkennen, dreht man sich an solchen Stellen einmal um und sieht sich das Bild an, welches die richtige Strecke auf dem Rückweg bieten wird. Handelt es sich um ausgedehnte, regelmäßig aufgefahrene Grubenanlagen, versucht man nach einem Schema vorzugehen – etwa zunächst jeweils der Hauptstrecke zu folgen, und auf dem Rückweg systematisch erst die links, dann die rechts gehenden Seitenstrecken zu verfolgen. Ein solches systematisches Vorgehen kann man sich zudem erleichtern, wenn man an den schon untersuchten Strecken Markierungen anbringt – nicht wie Vandalen mit Farbspray oder Kreide, sondern zum Beispiel in Form von Steinmännchen, Steinen auf den Schienen (auf Schienen liegen normalerweise keine Steine!) oder Pfeilen aus Holz oder Steinen. Hilfreich hinsichtlich einer Rettung kann man in ausgedehnten Revieren den genommenen Weg mit hingelegten Plastikpfeilen oder dergleichen markieren, die man zweckmäßig vorher mit dem aktuellen Datum versieht. In abgewandelter Weise genauso wirksam, kann man am Beginn der jeweils genommenen Strecke ein auffälliges Ausrüstungsteil liegen lassen.
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Abbildung 123: Kennzeichnung einer Gefahrenstelle unter Tage |
Sehr nützlich ist es, wenn man den zurückgelegten Weg anhand einer Rißkopie oder topologischen Skizze, so das Revier bekannt ist, verfolgt. Man kann darin gleich augenfällige Besonderheiten eintragen und hat so schon die halbe Dokumentation erledigt. In gleicher Weise kann man von einer unbekannten Grube gleich eine kleine Skizze anfertigen.
Weitere Orientierungsmöglichkeiten bieten sich in der Grube anhand der Wasserfließrichtung. Ein Stollnmundloch wird man immer in Fließrichtung (oder in Richtung steigenden Wasserstandes) finden, markante Zuflüsse, kleine Wasserfälle und so weiter sind gute Orientierungspunkte. In einmal passierten Wasserstrecken ist das Wasser durch den aufgewirbelten Schlamm trübe, sonst ist es in der Regel klar. Trügerischer ist der Wetterzug, welcher zwar aus physikalisch klaren Auftriebsgesetzen resultiert, aber in der Grube oft sehr seltsame Wege geht. An markanten Gängen kann man sich orientieren oder an Vortriebsrichtungen.
Auch Einbauten und auffällige Gegenstände bieten eine gute Orientierungshilfe. Schienen beispielsweise führen in der Regel zu einem Schacht oder Mundloch, aus der Lage der Weichen kann man die richtige Richtung ablesen. In gleicher Weise sind Lutten, Wasser- und Druckluftleitungen hilfreich. Ganz einfach hat man es beim Vorhandensein von Wegweisern, Gangbezeichnungen oder wenn man sich anhand der Streckennummern auf Polygonpunkttafeln zurechtfinden kann.
Eindeutig und auch für die Aufnahmen sehr hilfreich ist ein Kompaß. Es muß nicht gerade der gute, empfindliche Geologenkompaß für die Vermessung sein – ein Billigmodell reicht aus, um sich grob zurechtzufinden und paßt problemlos in die Fototonne.
Erkannte Gefahrenstellen versieht man für spätere Befahrer mit eindeutiger Kennzeichnung – schräg gekreuzten Hölzern in der Strecke wie in Abbildung 123.
13.5 Fortbewegung unter Tage
Beim Lesen dieses Kapitels wird man oft denken „Das hätte ich auch alleine gewußt!“. Richtig – aber „hätte“ zählt nicht, und selbigen Satz hört man meist, nachdem etwas passiert ist. Deswegen haben wir hier alles, was uns einfiel, noch einmal zusammengestellt.
Vorangestellt sei, daß selbstverständlich auch an spätere Befahrer zu denken ist. Ziel ist nicht eine einfache Befahrung für mich und Dreck und Ärger für die anderen. Daher schafft man, auch wenn das mehr Mühe macht als gedankenloses Dahinrennen, auch für den Nächsten gute Voraussetzungen:
- Die Wasserwege werden instandgehalten oder verbessert, Schuttdämme und Sinterschwellen berissen, wenn sich dadurch der Wasserabfluß verbessert und nicht grade ein Schaustück verlorengeht. Herumschwimmende Hölzer und dergleichen werden herausgefischt und so abgestellt oder –gelegt, daß sie keinen mehr stören (zum Beispiel hochkant an den Stoß).
- Das Tragwerk wird befahrermäßig optimiert – vorhandene durchgängige Strecken werden möglichst geschont, eventuell sogar nachgenagelt (Abbildung 125). Herausstehende Nägel werden umgeschlagen. Strecken, die nur noch aus Flickwerk bestehen und zu häufigem akrobatischem auf und ab führen, werden berissen. Entweder sägt man die Spreizen mit der Kettensäge heraus, das ist dann einmal eine konzentrierte Aktion mit drei oder vier Arbeitern für eine wichtige Hauptstrecke, oder man schlägt halt je Befahrung mit dem Bello ein paar gerade störende Spreizen oder Schienenstücke heraus. Auch in trockenen Strecken legt man angefallene Hölzer natürlich befahrerschondend ab.
- Ausbau wird möglichst in Ruhe gelassen. Eine Ausnahme bilden bereits gekommene Ausbauten, die erkennbar nichts mehr tragen, jedoch selber als Gefahrenquelle über den Köpfen der Befahrer schweben
- Gefahrstellen werden mit den vorhandenen Mitteln gesichert, zum Beispiel Badegesenke mit doppelten, an anderer Stelle überflüssigen guten Hölzern überbaut und dergleichen. Dabei ist jedoch darauf zu achten, daß man keine Fallen für die Nächsten baut – der Charakter der Gefahrstelle muß in jedem Fall erkennbar bleiben (vergleiche Abbildung 123)! Liegen zum Beispiel über einem schwer erkennbaren Gesenk nur noch faule Bretter, werden diese abgeräumt.
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Abbildung 124: Hinweise auf Hohlräume unter Strecken |
1) Bühnlochreihe für Firstkasten (vorbereitet); 2) Tragewerk; 3) Auffüllung des Firstkastens; 4) Tragstempel und -hölzer des Firstkastens; 5) offener Abbau |
13.5.1 Befahrung horizontaler Strecken ohne Seiltechnik
Die Befahrung von Strecken und Stollen erfolgt mehr oder weniger aufrechten Ganges zu Fuß oder bei hohem Wasserstand auch mit (Schlauch-)boot oder speziellen Eigenbauten für schmale Strecken (siehe Kapitel 9.3). Gerüchten zufolge wurden aber auch schon Befahrer in geräumigen Stollen mit ebener Sohle auf dem Fahrrad oder gar
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Abbildung 125: Nachnageln von Tragwerk mit einem Nagelstock |
S) Spreize, noch gut erhalten; W) Wasserstand; H) Hüllrohr; N) Nagel; D) Dorn. Anwendung: Hüllrohr aufsetzen, Nagel in Hüllrohr fallen lassen (Für den Lehrling: Kopf nach oben), Dorn aufsetzen |
Motorrad gesichtet.
Im einfachsten Fall besteht die Sohle einer horizontalen Strecke aus dem Anstehenden, bedeckt allenfalls von etwas Geröll. Dann kommt man schnell vorwärts, prüft dabei aber gelegentlich, daß sich unter der Sohle keine gefährlichen Hohlräume befinden.
Befährt man zum Beispiel eine Gangstrecke, die trotz auf der Sohle dicht liegender Massen völlig trocken ist und wo Bühnlöcher und hölzerne Einbauten auf früher umgegangenen Abbau hinweisen (Abbildung 124), ist vor allem in jüngeren Bergbauanlagen Vorsicht geboten, da man möglicherweise über aufgefülltes Tragewerk oder nicht mehr standsichere Firstkästen läuft, unter denen ein offener Abbauraum ist. Gleiches gilt für verborgene, weil überkippte Rollöcher.
Mit etwas Erfahrung und aufmerksamer Beobachtung findet man gefährliche Stellen dieser Art (zum Beispiel auch Gesenke) anhand charakteristischer Merkmale, wie durch Profilerweiterungen bei Schächten, schnell heraus. Hohlliegendes verborgenes Tragewerk erzeugt beim Darüberlaufen einen dumpfen, dröhnenden Trittschall, in kleinen Löchern in der Sohle versickerndes Wasser (plötzlich verschwindendes Rinnsal) zeigt gut wasserwegsamen Versatz und vielleicht ein verstecktes Loch an. Tragewerk über einer trockenen Strecke weist ebenfalls darauf hin, daß man sich oberhalb von Versatzmassen bewegt.
Patentrezepte zur Erkennung von Gefahrenstellen in Abbauen gibt es nicht, hier helfen nur Verständnis für die Technologie, Erfahrung und Übung; im Zweifelsfall benutzt man ein Quergangsseil zur Sicherung des verdächtigen Bereiches. Der Ausbau eines solchen Querganges für die Benutzung mit Seiltechnik ist im Kapitel 14.7 beschrieben. Will man nur ein „Geländer“, also ein Seil zum Festhalten mit der Hand installieren, verwendet man ein griffiges Seil mit größerem Durchmesser. Die Griffigkeit kann durch Knoten im Abstand von etwa einem halben Meter noch erhöht werden. Die Reißfestigkeit ist weniger entscheidend, da die Schwachstelle ohnehin die zugreifende Hand ist. Natürlich verwendet man ausschließlich nicht verrottende Materialien! Ein derartiger Quergang eignet sich vor allem an absturzgefährdeten Stellen, die man aber sicher auf Gesimsen und Ähnlichem passieren kann.
Wenn es unter noch vorhandenem Tragewerk nicht weit nach unten oder in zähen grundlosen Schlamm geht, ist es auch in desolatem Zustand ziemlich ungefährlich und höchstens lästig. Am besten tritt man nur auf die Spreizen und läuft in weitem Abstand hintereinander, denn ein Brett vorm Kopf ist unangenehm. Dabei sollte man die Spreizen möglichst von vorn „anlatschen“, um eventuell übersehene Nägel krumm zu biegen, statt sie sich in den Fuß zu treten. Sind jedoch unter dem hölzernen Tragewerk Schächte oder Abbaue wasserfrei und offen, ist größte Vorsicht geboten, da das faule Holz oft nicht mehr trägt. Ist man beim Überqueren dieser Hindernisse auf das Tragewerk angewiesen, da zum Beispiel kein fester Sims am Schacht vorbei führt, muß diese Stelle mit Seilsicherung und unter Betreten der Spreizen (nicht der Bretter!) überwunden werden. Stehen die Spreizen zu weit auseinander, kann man sich behelfen, indem man die Bretter doppelt und dreifach übereinanderlegt und
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Abbildung 126: Rolle |
Aus [30] |
Rollenschnauze, -mund, -schlund oder wie auch immer; H) Hunt; V) Verschluß; Die Rollen dieser Ausführung waren auf Tragbögen gemauert und hatten als Auslaß entweder wie abgebildet eine hölzerne „Schnauze“ und Verschluß oder eine große Steinplatte, von der die Masse mittels Kratze in den Hunt gezogen wurde
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damit ihre Stabilität vergrößert. Angenehm ist so eine Art der Schachtquerung, auch wenn man am Seil hängt, jedenfalls nicht.
Wassergefüllte Gesenke und Abbaue sind, soweit der Wasserspiegel nicht tief unter der Sohle der Strecke liegt („Badegesenke“), ziemlich harmlos, der unfreiwillige Sprung ins kühle Naß ruft höchstens das schadenfrohe Gelächter und Gespött der Mitbefahrer hervor. Der auf diese Art Getaufte ist oft genauso schnell wieder draußen, wie er hineingefallen war. Ist man mitsamt einem schweren Rucksack hineingeplumpst, ist es zweckmäßig, diesen im Wasser abzusetzen und zuerst aufs Trockne zu befördern, damit das Heraussteigen nicht zur sportlichen Höchstleistung ausartet. Die beim Anbaden vielleicht vollgelaufene Wathose zieht einen - im Gegensatz zu oft verbreiteten Ammenmärchen - nicht nach unten, da die Auftriebsgesetze auch unter Tage gelten. Zudem hält der (bei Wassertouren hoffentlich eng sitzende ?!) Lampengürtel das meiste Wasser vom Hereinlaufen ab.
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Abbildung 127: Erkundungsaufwältigung eines Verbruchs an einer Rolle oder einem tonnlägigen Schacht |
1) massegefüllte Rolle oder Schacht; 2) durch Verbruch verschlossene Grundstrecke; 3) günstigste Stelle zum Durchgraben mit Behelfsausbau; 4) im Hangenden auf Ablöser achten!
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Strossen- und Magazinbau hinterlassen bedingt durch das angewendete technische Verfahren große leere Räume („offen durchgebauter Gang“) mit erheblicher Tiefenerstreckung. Die Überwindung solcher Räume ist bei fehlendem noch brauchbarem Tragewerk oder Simsen selbst mit guter Seiltechnik schwer und langwierig, stellenweise sogar unmöglich (zum Beispiel dort, wo kein Haken hält und der Abbau sehr breit ist). Es ist hier besser, Umgehungsvarianten auszuprobieren, als sich nach kräftezehrendem „Hinübernageln” vielleicht über den nächsten Verbruch oder offenen großen Schacht zu ärgern. Liegen Massen auf der nicht allzutiefen Abbausohle, bringt manchmal der Versuch etwas, sich an dem einen Ende des Hohlraumes abzuseilen und im möglicherweise gegenüberliegenden Schuttkegel aufzusteigen oder mit alpinistischer Technik wieder hochzuklettern. Alle solchen Kletteraktionen müssen in unbekanntem Gebiet oder größerer Teufe (ab 3 m!) mit Seilsicherung erfolgen, da im Abbau liegende Masse nach unten wegrutschen und ein Sturz beim Klettern fatale Folgen haben kann!
Bei auf dem Ausbau liegenden Massen (zum Beispiel Steinschlagpolster, Versatz, Ablöser) faßt man am besten nichts an und stößt auch nicht gegen den Ausbau, da oft nur noch der besenstielstarke Kern des Holzes trägt (man wundert sich jedesmal wieder, was der abkann!). Gleiches gilt für Stellen, wo der Ausbau zum Teil schon zusammengebrochen ist. Wenn es ohne Gefahr des völligen Verbruchs der Strecke möglich, reißt man in so einem Fall lieber gleich alles herunter und stellt es irgendwo so auf, daß der Fahrweg frei ist und sich kein Wasser staut. Das ständige Klettern über glitschige Holzhaufen mit herausragenden Bauklammern oder Nägeln ist nämlich belastend, vor allem wenn man mit viel Gepäck (beispielsweise Fotoausrüstung) unterwegs ist. Wenn auf stark begangenen Strecken jeder etwas aufräumt, macht sich keiner einen zu großen Buckel und der Weg wird nur besser!
Bei der Befahrung von Bergbauanlagen aus jüngerer Zeit stößt man in Gangstrecken häufig auf die Relikte des Firsten- und Firstenstoßbaues (Abbildung 11), nämlich Rollen (Abbildung 126) und Überhauen. Die Rollen sind fast immer aus (mittlerweile angefaultem) Holz und oft noch mit Gestein gefüllt, welches nur noch der gute Wille in der Rolle hält. Hier gilt dasselbe wie beim Ausbau: nichts anfassen, nicht anstoßen! Ist eine Rolle bereits „ausgelaufen” und der bebaute Gang ist tonnlägig, kommt man mit der nötigen Umsicht oft noch durch, wenn nicht, gräbt man sich im Hangenden des Ganges in der Firste der Strecke am Haufen vorbei (Abbildung 127), da das der Punkt ist, der nicht so schnell wieder verrollt. Ist man sich nicht sicher, ob das Karnickelloch hält, kann man sich mit provisorischem Ausbau aus noch brauchbaren Hölzern oder - wer das bringt - aus einer kleinen Bruchsteinmauer helfen. Bei sehr steil stehenden Gängen oder vielen gebrächen Rollen hintereinander tut man besser daran, Umgehungswege zur betreffenden Gangstrecke zu suchen oder, so man hinaufkommt, die Kopfstrecke statt der Grundstrecke zu befahren. Das Sich-Ausgraben hinter einer unplanmäßig zusammengegangenen Rolle, gar nur mit Helm oder Geologenhammer als Werkzeuge, ist recht anstrengend und verdirbt den Spaß an der Befahrung.
An leeren Rollen und Überhauen besteht beim sorglosen Herumhantieren am Ausbau oder beim Hochklettern die Gefahr des Steinschlages, da der Ausbau oft mit Hilfe von dahintergekippten Bergen, die jetzt nur noch von faulen Brettern gehalten werden, kraftschlüssig an das Gebirge angeschlossen wurde. Sind die Baue steil, seilt man sich zum Klettern (schon wegen der gammligen Fahrten) an und der unten sichernde Befahrer steht dazu nicht direkt unter der Rolle oder dem Schacht. Rucksäcke, Seile und andere Ausrüstung werden da abgelegt, wo nichts drauffallen kann. Das gilt immer dort, wo der Hochkletternde Steine und Holz hinunterwerfen könnte, also auch beim Klettern in Abbauen!
Bei der Befahrung einer Weitung achtet man auf eventuelle Löser an der Firste („Sargdeckel“) und läuft nicht unter diesen entlang; bei aufgefüllter Sohle schaut man besonders nach trichterförmigen Einsenkungen, unter denen sich gern ein Rolloch oder Schacht verbirgt. Da man mit normalem Helmgeleucht in einer großen Weitung wenig sieht, prägt man sich bei Erstbefahrungen den Rückweg gut ein, da oft viele Strecken in eine Weitung münden und untersucht die Beschaffenheit des Weges vor sich, statt mit den Augen am vorausliegenden Ausgangsloch zu kleben und dabei vielleicht irgendwo hineinzuhüpfen. Steile Schuttkegel in einer Weitung verlocken zum Hinunterrutschen, der Rückweg im Geröll auf allen Vieren drei Schritte vor und zwei zurück ist danach für die lustig, die es bereits geschafft haben und zugucken dürfen. Bei großen „Packeseltouren” mit Foto- und Videozeug kann man an solchen Punkten ruhig mal ein Geländer (Seil) aufhängen. Auch wenn man von oben her an eine Weitung herankommt, ist manchmal die Anwendung der weiter unten beschriebenen Seiltechnik vonnöten; hat man keine entsprechenden Sachen dabei, kommt man besser noch einmal wieder, ehe man riskante Klettereien ohne Seil ausführt.
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Abbildung 128: Typische Gefahrensituationen bei der Befahrung von Engstellen |
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Links) Man rutscht aus der halb verfüllten Strecke a bei c in den Spalt zwischen Löser b und dem Stoß; Rechts) Nachrutschendes Geröll blockiert den Befahrer in einem tonnlägigen Schacht oder Abbau |
Befährt man eine Strecke mit einer Profilverengung, achtet man darauf, daß man nicht steckenbleibt (Rucksack absetzen, Geleucht abbinden, Kletterzeug ausziehen), an Verbruchstellen Gestein loszieht oder sich die Wathose an Nägeln, Bauklammern und ähnlichem Gerümpel zerreißt. Bei Verbrüchen muß aus der Erfahrung heraus darüber entschieden werden, wie diese einzuschätzen und zu behandeln sind; im Zweifelsfalle bricht man die Befahrung an einer gefährlichen Stelle vorerst ab und kommt mit Werkzeug und Material zum Ausbauen noch einmal wieder. Verdächtige Löser, mit denen man beim Passieren der Engstelle absehbar in Kontakt kommt, kontrolliert man vorher durch einen leichten Bereißversuch. Das Gefühl dafür, was noch hält und wo man sich noch hindurchgruseln kann, erlangt man nur durch praktische Erfahrungen bei umsichtiger Arbeit an solchen Stellen und nicht durch das Lesen behördlicher Vorschriften, bei denen man oft den Eindruck hat, daß sich der Verfasser wegen Angstneurosen in psychiatrische Behandlung begeben sollte. Das soll weder heißen, daß man bedenkenlos in jeden Verbruch reinreißen und hindurchkriechen soll oder daß man sich im anderen Extremfall vor jedem lockeren Stein fürchtet, der vielleicht schon jahrelang so herumhängt.
Besonders belustigend ist die Befahrung sehr enger Stellen. Zur eigenen Sicherheit kontrolliert man zunächst, ob sie sich während des Durchkriechens („Schlufen“ nennen das die Höfos) nicht plötzlich von selber noch weiter verengen können. Die Körperteile, die am ehesten hängenbleiben, sind das Schulterblatt, der Brustkorb mit befahrerspezifischem Besatz und das Becken. Einen ordentlichen Bauch dagegen kann man überall durchschieben. Die Breite des Schulterblatts läßt sich reduzieren, indem man einen Arm vorstreckt und den anderen nach hinten an den Körper legt, dann stehen die Knochen schräg und passen gut überall durch. Der Brustumfang verringert sich durch Ausatmen. Das Becken dagegen paßt oder paßt nicht. Engstellen befährt man am besten mit dem Kopf voraus, sonst kann man unversehens in tiefe Löcher plumpsen.
Eine sehr eklige Sache ist das Steckenbleiben in einer solchen Engstelle. Zwei typische Fälle zeigt Abbildung 128: man ist oben in einen keilförmigen Spalt eingestiegen und hängt nun weiter unten fest, oder man ist in einen schrägen Bau nach unten hineingerutscht, und ein Haufen Geröll hinterher. Aus diesen zwei Fällen kann man sich oft nur durch Hilfe anderer befreien, man sollte sich also die Stellen vorher daraufhin ansehen! Alle anderen Situationen lassen sich eigentlich mit etwas Ruhe immer bewältigen. Generell gilt: wie hinein, so geht es auch hinaus, also die gleichen Verrenkungen rückwärts anwenden. Dies gilt übrigens auch für den Rückweg. Ansonsten kann man sich versuchen seiner Kleidung zu entledigen, störende Gurte, Entwickler und so weiter vom Körper zu entfernen – im Extremfall läßt man sich freischneiden. Bisweilen lassen sich Verbrüche mit etwas Arbeit erweitern. Vor allem aber darf man nicht in Panik geraten!
13.5.2 Befahrung vertikaler Strecken ohne Seiltechnik
Die Befahrung von Schächten erfordert allgemein eine größere Aufmerksamkeit, als zum Beispiel die von Stollen, da hier die Gefahren des Absturzes und des Steinschlags am größten sind. Historische Betrachtungen über in Betrieb befindlichen Bergbau bestätigen dies - statistisch gesehen ist die Hauptursache tödlicher Unfälle der Absturz in einen Schacht, neben hereinbrechendem Gestein im Vortrieb und Schießunfällen. Jeder Befahrer, nicht nur der erste, muß daher bei Schächten besondere Vorsicht walten lassen und geeignete Maßnahmen zur Absturzsicherung und der Vermeidung von Steinschlag treffen.
Im Altbergbau sind Schächte nur in den seltensten Fällen regulär, das heißt über ordentliche Fahrten beziehungsweise Stiegen (in den flachen Schächten der Kalkwerke) zu befahren. Bei noch vorhandenen Fahrten ist ein gesundes Mißtrauen über deren Haltbarkeit angebracht. Bei Holzfahrten in steilen (>45°) Schächten, die älter als 10 Jahre sind, wird Seilsicherung dringend angeraten, wenn durch Sturz von der Fahrt eine Gefährdung besteht! Auch eiserne Fahrten (häufig mit Holzsprossen) unterliegen der Alterung durch Korrosion, ihre Brauchbarkeit und die der Aufhängungen sollte kritisch überprüft werden und nur bei gutem Zustand steigt man ohne Seil.
Beim Steigen auf der Fahrt tritt man außen (am Holm) auf die Sprossen, nicht in die Mitte. Man wendet vorzugsweise wie beim Klettern die Drei-Punkt-Technik an (jeweils drei „Füße“ auf unterschiedlichen Stützpunkten werden belastet, der vierte „Fuß“ wird umgesetzt). So vermeidet man bei wackligen alten Fahrten das Durchbrechen. Wenn die Fahrtsprossen von vornherein verdächtig erscheinen, hält man sich lieber an den Holmen oder zusätzlich am vielleicht vorhandenen stabilen Ausbau oder Eisenteilen (Rohre, Schienen, Kabel) fest, damit man beim Durchbrechen einer bestiegenen Sprosse nicht gleich noch oben eine herausreißt und rückwärts hinunterfällt. Auf kurzen schlechten Strecken kann man die Sprossen entlasten, indem man sich woanders festhält und sich mehr nach oben hangelt als man steigt. Das ist jedoch sehr ermüdend. Allgemein achtet man vor allem bei der Befahrung langer Schächte darauf, daß auf den Fahrten gestiegen und nicht Klimmzüge gemacht werden, die mangelnde Kondition bald aufdecken.
Beim Fahrtensteigen in Schächten mit Umtrittbühnen und in durchgehenden Schächten mit Sicherungsseil steigt immer nur ein Befahrer pro Fahrt, egal, ob hoch oder runter. An einem Sicherungsseil hat immer nur einer etwas zu suchen, alle anderen warten, bis das Seil frei ist. Dadurch werden Überlastungen der Bühnen, Fahrten und des Seils vermieden. In neueren Schächten, die mit Eisenträgern ausgebaut wurden und in denen nur die Bühnen mit Holz belegt wurden, liegen die Eisenträger meist genau übereinander und sind daher auf dem Holz durch die Linie des Tropfwassers vom darüberliegenen Träger auszumachen. Man belastet dann natürlich vorzugsweise die Träger.
Steigen mehrere Befahrer hintereinander in einem Schacht, zum Beipiel in einem frei kletterbaren Schacht, so sollten sie vor Beginn der Kletterei nachsehen, ob der Rucksack zugebunden ist und nicht etwa dem Untermann Gegenstände aus dem vielleicht löchrigen Rucksack auf den Kopf fallen können. Ein in den Schacht unter Funkensprühen absausender Hammer sieht zwar recht spektakulär aus, kann aber durchaus jemand erschlagen! Die Befahrer halten sich so dicht hintereinander, daß ein harmloser Ausrutscher des Vorderen noch nicht zum Dominoeffekt führt, aber die Gefährdung durch Steinschlag aus großer Höhe minimiert wird. Die Warnung vor eventuell doch ausgelöstem Steinschlag wird lieber einmal zu oft, aber möglichst zeitig ausgelöst. Der entsprechende Ruf heißt ein- für allemal „Steinschlag!“ und nicht etwa „Achtung!“ oder ähnlich, weil das zum Hochschauen verleitet.
Enge Löcher in den Umtrittbühnen oder ein enger Schacht mit wenig Platz zwischen Fahrt und Stoß lassen das Klettern mit Rucksack zur Tortur werden und führen häufig zur Erfindung nicht druckreifer Bergflüche. Hier hilft es, wenn man den Sack an einer Transportschnur (zum Beispiel 6 mm Reepschnur, 1 m lang) am stabilen Material- oder Lampengürtel nach unten abhängt, bevor man durch das Loch selbst nach unten steigt oder umgekehrt beim Aufsteigen zuerst selber durch das Loch in der Bühne klettert, sich oben hinstellt und den Rucksack am Strick nachzieht. Bei etwas Übung dieser Methode verhakt sich der Rucksack kaum irgendwo, für die günstige Anknüpfung des Rucksacks siehe Abbildung 54.
Sehr flache Schächte oder auch Stufenschächte sind häufig ohne Hilfsmittel befahrbar, der Vorausfahrende muß jedoch besonders beim Abklettern ständig auf den Weg achten, denn es gibt Schächte, die steiler werden, im Extremfall seiger abknicken oder im offenen Abbau enden. Aus denselben Gründen hütet man sich vor dem Ausrutschen auf Letten und Sintern und baut in unbekannten schlammigen Schächten ein Seil zum Festhalten ein. Wenn man einen Schacht ohne Hilfsmittel hinaufklettert, überlegt man sich besser vorher, daß es hoch immer leichter als runter geht, damit man seine Mitbefahrer nicht in Verlegenheit und zu akrobatischen Einlagen (dreimännische Fahrt = „Kletter’ mir ruhig auf den Buckel!”) bringt.
Um Schächte zu befahren, die ohne Hilfsmittel unfahrbar wären (zu steil, zu glatt, vergammelte Fahrten), bedient man sich der im Kapitel 14 beschriebenen speläoalpinistischen Techniken des Abseilens und Wiederaufsteigens am Seil. Die Einseiltechnik hat sich seit Jahren in der Höhlenforschung bewährt, hat ihren Einzug in den professionellen Technosport gehalten und ist auch für den Altbergbau brauchbar. Dazu sei bemerkt, daß in Schächten des Altbergbaus grundsätzlich mit Steinschlag oder herabfallenden Einbauten zu rechnen ist. Das Abseilen erfolgt deshalb immer mit einer Sicherung gegen unbeabsichtigtes Abfahren (zum Beispiel einem Shunt), beim Wiederaufstieg wird eine Technik benutzt, bei der der Befahrer beim Loslassen im Sitzgurt hängt und seine Ausrüstung nicht verliert.
Bei der Erkundung des Altbergbaus ist es einfacher, sich einen Schacht von oben her abzuseilen, als einen solchen von unten in Angriff zu nehmen. Stößt man daher auf einen steilen, nach oben führenden Schacht und möchte da hinauf, ist es zweckmäßig, zuerst einmal nach Möglichkeiten der Umgehung (beispielsweise Abbau mit vielen kurzen Teilstücken („Schweizer Käse”); flacher Schacht; Zugang von über Tage oder oberen Sohlen) praktisch und auf Rissen zu suchen, bevor man zu Bohrmaschine, Spitsetzer oder Kletterstange mit Strickleiter greift. Die genaue Technik des „Hochnagelns” wird im weiter unten stehenden Kapitel 14.8 beschrieben; sie ist ziemlich anstrengend, jedoch eine ausgezeichnete, weil schnelle, material- und kostensparende Alternative zum oft nicht ohne weiteres durchführbaren bergmännischen Ausbau des Schachtes.
Vor dem Abstieg in den Schacht wird am Schachtkopf alles beräumt, was dem Vorausfahrenden auf den Kopf fallen könnte (Steine, Holz und so weiter). Nach Möglichkeit sollte man nicht alles hinunterwerfen, da man sonst leicht unten abgehende Strecken verbarrikadiert oder sich auf vielleicht noch vorhandenen gebrächen Bühnen unangenehme Haufen ansammeln.
Eine ganz häßliche Situation stellt sich bei der unbedachten Befahrung von Tonnlägern ein, die zwar frei „machbar“ sind, aber im Liegenden mit Geröll angefüllt sind. Kommt das Zeug ins Rutschen, zieht es dem Kletternden die Beine weg und nimmt ihn mit nach unten, worauf er noch mit nachrutschenden Massen eingedeckt wird (Abbildung 128). Solche Schächte dürfen daher grundsätzlich nur mit Seilsicherung befahren werden, am besten versucht man sie ganz zu vermeiden.
13.6 Aufnahmen
Unter „Aufnahmen“ sind die Techniken zu verstehen, die die Grundlage für die Dokumentation der Grube bilden. Der Dokumentation ist ein separates Kapitel gewidmet (Kapitel 10), in welchem die unterschiedlichen Dokumentationsformen und die einzelnen Arbeitsschritte beschrieben sind. Daher gibt es hier nur ein paar allgemeine Anmerkungen.
Grundsätzlich ist eine fertiggestellte Arbeit fünf halbfertigen vorzuziehen. Deswegen konzentriert man sich lieber auf eine Sache und bringt diese zu Ende, indem man anderes auf die nächste Tour verschiebt, wenn absehbar wird, daß man das für die jeweilige Befahrung Geplante nicht vollständig schaffen kann. Aus gleichem Grund verschiebt man nichts auf den Rückweg – auf dem Rückweg wird es dann erfahrungsgemäß doch nichts.
Zum Befahrungsbericht, mithin zur Aufnahme, gehört auch das schlichte „Da und dort waren wir, wir haben dies und das in diesem Bereich nicht gesehen“. Sonst muß jeder, den das interessiert, die Tour nochmals machen. Die gründliche Aufnahme beinhaltet nicht nur die Hauptstrecken – fast noch wichtiger ist das konsequente Bekriechen aller kleinen Nebenstrecken und Abbaue und die Untersuchung aller verdächtigen, engen, häßlichen, leicht übersehbaren Durchschlupfe in Firste, Strosse und Stößen, hinter Versatz und in Bruch und Dreck und Sudel. Das muß man nun nicht gleich bei der ersten Erkundung tun, aber wenn eine Grube als „bekannt“ gelten soll, ist es notwendig. Hat man das ein paar mal gemacht, treibt einen schon der Eigennutz dazu – die Hauptstrecken sind schließlich immer wieder und wieder befahren worden, richtiges „Neuland“ gibt es nur dort, wo sich bisher alle zu fein waren hinzukriechen.
Ansonsten bleibt nur darauf hinzuweisen, daß es erfahrungsgemäß am besten ist, sich in der Grube so umfänglich wie möglich Notizen zu machen. Zweckmäßig dazu ist ein „Befahrungsbuch“ im Format etwa A5 mit soliden Pappdeckeln. Zusammen mit Bleistiften und Kugelschreiber verschwindet es in zwei Plastebeuteln oder einer Frückstücksdose halbwegs wasserdicht und an eine Stelle, wo man es immer leicht zur Hand hat – unter die Kutte gesteckt oder ganz oben auf dem Rucksack. Nach der Befahrung wird es zügig ausgepackt und getrocknet, sonst kann es leicht schimmeln. Es gibt auch wasserfestes Papier (Globetrotter Ausrüstung).
13.7 Ausfahrt
Begibt man sich in der Grube auf den Rückweg, sind die Gedanken meist schon draußen – in der Sonne, beim Bier, im Bett oder sonstwo, nur nicht beim Geprassel. Soll heißen, man verfällt leicht ins Dösen. Im günstigen Fall rennt man dann kräftig mit dem Kopf irgendwo dagegen und kann für die nächste Zeit wieder klar denken. Im ungüstigen Fall hat man die Seiltechnik für das letzte Stück ganz unten im Schleifsack vergraben. Unverantwortlich wird es, wenn man Sicherungen vergißt und zugunsten der Schnelligkeit Vorsichtsmaßregeln außer Acht läßt – man ist bis zum letzten Meter in der Grube, und für die Bergung ist es egal, ob man auf dem Hin- oder Rückweg verunfallte. Man sollte dann gegenseitig etwas auf sich aufpassen.
Ist man glücklich draußen, der Zugang wieder ordentlich hergerichtet und hatte man auch kein Empfangskomitee, fährt man natürlich erst einmal in trockene Sachen und läßt es sich sonst gut gehen. Ehe jedoch viel Zeit verstreicht, ist noch eine wichtige Amtshandlung fällig: die Rückmeldung. Nichts ist ärgerlicher (und teurer) als eine Such- und Rettungsaktion, weil die Rückmeldung schlicht vergessen wurde. Ist die Zeit schon knapp, nimmt man die nächste Telefonzelle. Muß man davon ausgehen, daß schon jemand zur Suche losgeschickt wurde, und kann man diesen nicht zurückrufen, bleibt ein Befahrungsteilnehmer vor Ort, um weiteren Aufwand zu vermeiden. Es ist zu bedenken, daß eine Suche nach jemandem, der gar nicht mehr in der Grube ist, leicht zu halsbrecherischen Kletter- und Grabungsaktionen unter Zeitdruck und mithin zu erheblichen Gefahren für die Retter führt. Ist die Rückmeldung erledigt, kann man es sich weiter gut gehen lassen!
13.8 Nacharbeiten
Am zähesten und widerstrebendsten sind jeweils die Nacharbeiten zur Befahrung. Fotoapparat, Befahrungsbuch und sonstige anfällige Teile werden noch unmittelbar nach der Befahrung ans Trockene geholt. Auch mit dem restlichen Krempel sollte man sich höchstens ein bis zwei Tage Zeit lassen, sonst verwahrlost man seine Ausrüstung.
Danach wird geputzt und getrocknet. Für die ganze Ausrüstung gilt, was speziell beim Seilzeug im Kapitel 14.3 beschrieben wird – am besten mit reichlich Wasser spülen und im Schatten bei normaler Luftfeuchte trocknen lassen. Wenn man nicht gerade einen Bach vorm Haus fließen hat, eignet sich eine alte Badewanne oder ein ähnliches Gefäß. Sauber im Sinne von weiß bekommt man die Ausrüstung ohnehin nie mehr, nur der grobe Dreck sollte entfernt werden. Daher braucht man auch das Wasser nicht zu wechseln. Die Grubenklamotten sollte man nicht mit irgendwelchen guten Sachen zusammen waschen.
Nach der Reinigung werden die getrockneten Sachen auf Schäden geprüft – insbesondere die Seiltechnikgerätschaften auf Risse, Brüche, Verformungen oder Fehlstellen bei Schlingen und Seilen. Schadhafte Stellen am Gummizeug bemerkt man oft schon in der Grube, beim Flicken sieht man vorbeugend die kritischen Stellen gleich mit durch (Stiefelansatz, Knie, Zwickel) und flickt wo nötig. Das gleiche beim Rucksack und dem Rest der Ausrüstung. Das Geleucht bereitet man soweit als möglich zur nächsten Befahrung vor, auch die übrige Ausrüstung legt man so zurecht, daß man keine Probleme bekommt, wenn es einmal schnell gehen muß.
Bleibt dann nur noch der Schreibkram in Sachen Dokumentation. Auch damit läßt man möglichst wenig Zeit verstreichen – weiß man zunächst noch viel aus dem Gedächtnis, kann man nach zwei, drei Wochen oft nicht mehr seine eigenen Notizen entziffern. Kommt man nicht gleich zur gründlichen Aufarbeitung, sollte man daher wenigstens stichpunktmäßig seine Befahrungsnotizen in Ordnung bringen, daß man sich später noch hineinversetzen kann.
Insgesamt kann man abschätzen, daß Vor- und Nachbereitung einschließlich Schreibkam noch einmal so lange dauern wie die eigentliche Befahrung, und daß so bei einer üblichen zehnstündige Befahrung vom Wochenende nichts übrigbleibt!