Bericht vom 6. Internationalen Bergbau-Workshop, Oktober 2003, Rescheid (Eifel)
Das römische Tuffbergwerk Meurin bei Kretz liegt dicht an der Abfahrt Kruft der Autobahn A61. Man fährt Richtung Kretz (Ausschilderung Vulkanpark Route blau) und folgt in Kretz der Ausschilderung zum Römerbergwerk.
Die Anlage ist von April bis Oktober Di-Fr 9.00 - 17.00 Uhr und Sa, So und an Feiertagen 11.00 - 18.00 Uhr geöffnet. Von November bis März ist es Di-So für Gruppen und Führungen nach Absprache zugänglich.
Das römische Tuffbergwerk ist Bestandteil des touristischen Konzeptes "Vulkanpark", in dem der Vulkanismus in der Eifel sowie die Nutzung der Gesteine von der Römerzeit bis heute den Besuchern vermittelt werden soll.
Der Vulkanismus der Eifel ist geologisch gesehen sehr jung. Einer der Vulkane ist der Laacher See Vulkan. Sein Ausbruch datiert in das Alleröd-Interstadial. Unter dem heutigen See hatte sich in etwa 3 km Tiefe eine Magmenkammer gebildet. Es hatte phonolithische Zusammensetzung. Im oberen Bereich der Kammer hatte sich das Schmelze stark mit Gasen anreichert. Durch die daraus resultierende geringe Dichte konnte das Magma weiter aufsteigen. Als es in Kontakt mit Grundwasser geriet, kam es vor 12.900 Jahren zu einer gewaltigen Explosion, bei der sich ein trichterförmiger Schlot bildete. Eine klassischen Vulkankegel hat es nicht gegeben. Die Druckentlastung führte zu einer Expansion der im Magma gelösten Gase und damit zu einer Verstärkung der Eruption. Zunächst gab es eine rund 30 km hohe Eruptionssäule. Die Säule kollabierte bei nachlassendem Gasschub schließlich. Im Ergebnis davon rasten etwa 600°C heiße Ascheströme und Glutlawinen mit Geschwindigkeiten bis zu über 100 km/h durch die Täler der Umgebung. Diese Lawinen werden auch als pyroklastische Ströme bezeichnet. Das Magma erstarrte zu Bims, ein glasiges, sehr poröses Gestein. Ursache für die Porosität ist die hohe Konzentration flüchtiger Bestandteile im Magma. Das abgelagerte Material, das als Tephra bezeichnet wird, enthält neben Bimsasche (< 2 mm Korngröße) und Bimslapilli (2 - 64 mm Kormgröße) gelegentlich auch Bimsbomben (> 64 mm) und z.T. viele Fremdgesteinsbruchstücke (Schiefer, Sandstein, Basalte).
Im Bereich des heute zugänglichen römischen Bergwerkes befand sich vor dem Vulkanausbruch das Urtal des Krufter Baches. Zu Beginn der Eruption wurden hier 4 Meter Bims abgelagert, gefolgt von 14 Ascheströmen und Glutlawinen. Insgesamt erreichte die Mächtigkeit der Ablagerungen schließlich 35 Meter. Insgesamt wurden etwa 6 km3 Magma ausgeschleudert. Zur Anzahl der Ausbrüche gibt es unterschiedliche Theorien. Eine geht von einer Eruption aus, eine ander nimmt zwei Ausbrüche im Abstand einiger Jahre an.
Durch die Einwirkung von Grund- und Oberflächenwasser wurde der Bims umgewandelt und mehr oder weniger stark verfestigt. Durch Mineralumwandlungen und -neubildungen enstand so aus dem Bims der Tuff. Eine der verfestigten Tufflagen ist der in römischer Zeit intensiv abgebaute sogenannte Römertuff.
Das "Römerbergwerk Meurin" liegt im Gelände der Firma Meurin, die auch heute noch Tuff abbaut. Ein Teil des Geländes konnte für archäologische Ausgrabungen gesichert werden. Das "Römerberkwerk" ist heute von einer großen, freitragenden Stahl-Glas-Konstruktion mit 55 x 45 Meter Grundfläche überdeckt. Die Halle schützt die Ausgrabung vor Witterungseinflüssen. Die den "Römertuff" und damit auch das Bergwerk bedeckende Tuffschicht wurde durch die Firma Meurin abgebaut. Der Einsatz schwerer Technik führte dazu, dass große Teile der Tuffsteinfirste einstürzten. Damit fehlt großen Bereichen des Bergwerks die Firste. In den Teilen, wo sie noch vorhanden ist, erkennt man noch die Spuren der Bagger- oder Greiferschaufeln. Teile der Bergwerkes sind noch nicht ausgegraben. Zur Zeit des Besuches (Oktober 2003) waren hier noch Arbeiten im Gange. Durch die fehlende oder schwache Firste war es erforderlich, zahlreiche Stützen zu setzen. Hierbei wurde auf Holz oder einfache Baustützen zurückgegriffen. Erfreulich ist, dass hier nicht ein "pseudo-historischer" Ausbau verwendet wurde, denn zu römischer Zeit hat es keinen gegeben. Die rund 4 - 5 Meter mächtige Überdeckung und die Verfüllung abgebauter Bereiche mit Versatz machten keinen Ausbau erforderlich.
Die Besucher durchqueren das Bergwerk auf einer Brücke und auf Stegen. Das ist erforderlich, um das recht weiche Gestein mit den erhaltenen Spuren des römischen Abbaus zu schützen und zu erhalten. Die Besucher erhalten am Einlass ein sehr informatives Heft mit ausführlichen Erklärungen zu Entstehung des Tuffs und zur Technik des römischen Abbaus.
Im Gebiet um Kretz gab es den größten römischen Tuffabbau nördlich der Alpen. Das ursprüngliche Abbaugebiet umfasste 2 - 3 km2. Nur ein kleiner Teil davon ist erhalten. Vieles ist dem rezenten Abbau zum Opfer gefallen und wird ihm noch zum Opfer fallen. Das Bergwerk war wahrscheinlich etwa im 2. oder 3. Jahrhundert in Betrieb. Der Tuff wurde in einzelnen Kammern unter Tage gewonnen, dazwischen wurden Pfeiler stehen gelassen. Es handelt sich also um einen Kammerpfeilerbau. In den Kammern gewann man große Tuffblöcke. Diese Blöcke konnten bis über 2,50 Meter Höhe und 1,60 Meter Breite aufweisen. Zum Abbau der Blöcke schlug man mit einem Beil bis 40 cm tiefe Schrote oben, unten und an einer Seite des zu gewinnenden Steins in den Tuff. In die vierte Seite wurden Keiltaschen geschlagen und eiserne Keile eingesetzt. Die Keiltaschen verliefen leicht schräg in Richtung des gegenüber liegenden Seitenschrotes. Durch gleichmäßiges Schlagen auf die Keile löste sich der Stein auch an der Rückseite. An vielen Stellen in dem ausgegrabenen Bereich sind die Beilspuren, die Schrote und die Keiltaschen gut zu erkennen, so dass sich die Abbautechnik rekonstruieren lässt.
Die gewonnenen Tuffquader wurden auf Rundhölzern zu den Materialschächten transportiert und hier mit Kränen an die Oberfläche gefördert. Große Blöcke wurden auch noch untertage zerteilt. Die Schächte weisen einen runden bis ovalen Querschnitt auf. Der Rest eines derartigen Schachtes ist noch vorhanden, auch wenn der größte Teil heute fehlt. Personen fuhren über Treppenschächte in die Grube ein. Der untere Teil eines Treppenschachtes ist ebenfalls noch erhalten. Das Material wurde als Baustein für Häuser, Brunnen, Grabanlagen, Sarkophage und Altäre benutzt. Weiterhin kam der Tuffstein als hydralisch wirksamer Bestandteil des römischen Betons zur Anwendung, z.B. beim Bau der Eifel-Wasserleitung nach Köln.
Im Mittelalter gab es um das Jahr 1200 noch eine kurze Nachnutzung des Bergwerkes. Dabei wurde der Versatz durchgeklaubt und an einigen Pfeilern die Ecken abgeschlagen. Eine Gewinnung großer Blöcke fand nicht mehr statt.
Bilder:
Kretz01: Ehemaliger Tuffsteinbruch der Firma Meurin in der Nähe des Römischen Bergwerkes.
Kretz02: Das Römerbergwerk Meurin. Im Vordergrund sind Spuren der Baggerschaufel vom rezenten Abbau der Deckschicht zu sehen.
Kretz03: Das Römerbergwerk Meurin. Noch nicht vollständig ausgegrabener Bereich.
Kretz04: Das Römerbergwerk Meurin. Abbaukammern und Sicherheitspfeiler.
Kretz05: Das Römerbergwerk Meurin. Abbaukammern und Sicherheitspfeiler. Hier ist noch ein Teil der Firste erhalten.
Kretz06: Das Römerbergwerk Meurin. Rechts sind Spuren der Baggerschaufel vom rezenten Abbau der Deckschicht zu sehen.
Kretz07: Das Römerbergwerk Meurin. Abbaukammern und Sicherheitspfeiler. Hier ist noch ein Teil der Firste erhalten, die abgestützt werden muss.
Kretz08: Das Römerbergwerk Meurin. Blick in eine Abbaukammer. Hier ist noch ein Teil der Firste erhalten, die abgestützt werden muss.
Kretz09: Das Römerbergwerk Meurin. Blick in eine Abbaukammer. Hier ist noch ein Teil der Firste erhalten, die abgestützt werden muss.
Kretz10: Das Römerbergwerk Meurin. Blick in eine Abbaukammer. Deutlich ist das Seitenschrot eines abgebauten Tuffblockes zu sehen.
Kretz11: Das Römerbergwerk Meurin. Rest eines Treppenschachtes.
Kretz12: Das Römerbergwerk Meurin. Rest eines Treppenschachtes.
Kretz13: Das Römerbergwerk Meurin. Rest eines Treppenschachtes. Die oberen Meter des Schachtes sind nicht mehr erhalten.
Kretz14: Das Römerbergwerk Meurin. Eine Abbaukammer mit Seitenschrot von einem Seitenschrot eines abgebauten Tuffblocks.
Kretz15: Das Römerbergwerk Meurin. Ein Stoß mit Keiltaschen vom Abbau eines Tuffblocks.
Kretz16: Das Römerbergwerk Meurin. Ein Stoß mit Keiltaschen vom Abbau eines Tuffblocks sowie dem Boden- und Seitenschrot von einem weiteren Block.
Kretz17: Das Römerbergwerk Meurin. Ein Stoß mit Keiltaschen und dem Seitenschrott vom Abbau eines Tuffblocks.
Kretz18: Das Römerbergwerk Meurin. Ein Stoß mit Keiltaschen vom Abbau eines Tuffblocks.
Kretz19: Das Römerbergwerk Meurin. Blick in eine Abbaukammer.
Kretz20: Das Römerbergwerk Meurin. Blick von unten in den Rest eines Förderschachts.
Kretz21: Das Römerbergwerk Meurin. Rest eines Förderschachtes. Die oberen Meter des Schachtes sind nicht mehr erhalten.
Kretz22: Das Römerbergwerk Meurin. Querschnitt von einem im Tuff eingeschlossenen Birkenstamm. Links von dem Stamm sind die Entgasungskanäle zu erkennen, durch die die bei der Verkohlung freiwerdenden Gase entwichen sind.
Literatur:
H. Schaaff & P. Ippach (ohne Jahr): Das römische Tuffbergwerk Meurin bei Kretz (MYK).- Informationsschrift Vulkanpark GmbH
R. Schaeffer (2003): Der Bergbau auf Steine und Erden im Eifel-Ardennen-Raum.- Tagungsband 6. Internationaler Bergbau-Workshop 2003 - Rescheid (Eifel), p. 89-93
Alle Fotos: Dr. Thomas Witzke