Behördenwillkür entmündigt Grundstückseigentümer - gigantischer Fall von Steuermittelverschwendung
Die Überschrift zu diesem Beitrag im Stile einer Boulevardzeitung ist sonst nicht die gebräuchliche Ausdrucksweise der Verfasser. Aber zu einem skandalösen Akt feudalistisch anmutender Behördenwillkür, der derzeit in Halsbrücke, einem Bergbauort ca. 6 km nördlich von Freiberg in Sachsen, stattfindet, durchaus passend. Trotz eines fachlich umfangreich begründeten Widerspruchs eines Grundstückseigentümers findet unter anderem auf seinem Grundstück eine „Sanierungs“-, besser „Kahlschlags“, -Maßnahme auf dem Ausbiß des Halsbrücker Spatganges statt, die sowohl von den Erfolgsaussichten der Sanierung als auch von ihrer Planung und technischen Ausführung hanebüchen ist.
Das Projekt
Das Grundstück des Mitverfassers, Lutz Mitka, liegt nur wenig oberhalb der Freiberger Mulde zum Teil auf altbergbaubeeinflußtem Gebiet über dem Halsbrücker Spat (Bild 5). Beim Augusthochwasser 2002 drangen , verursacht durch Starkniederschläge, erhebliche Grundwassermengen in die Baue des Halsbrücker Altbergbaus ein, suchten sich einen Weg ins Tiefste und führten oberhalb des 8. Lichtloches zu einem Bruch auf dem Rothschönberger Stollen, dem tiefsten Wasserlösungsstollen des Freiberger Reviers. Das Grundwassereinzugsgebiet des Halsbrücker Spates und seiner übersetzenden bebauten Gänge oberhalb der Bruchstelle umfaßt mehrere Quadratkilometer.
Obwohl das Grundstück des Verfassers, welches in Längenerstreckung ca. 500 m oberhalb der Bruchstelle auf dem Spat liegt, ca. 1,5 m hoch unter Wasser gesetzt wurde, kam es zu keinem Einbruch der Freiberger Mulde in den Altbergbau, es senkte sich lediglich die Versatzsäule eines Schachtes ein wenig, auf den angrenzenden Grundstücken kam es ebenfalls zu leichten Absenkungen über Schächten.
Da das Sächsische Oberbergamt nach dem Hochwasser scheinbar in Geldmitteln schwelgte, überlegte man sich offenbar, wo man noch etwas verbauen könnte und kam auf den Bereich an der Freiberger Mulde, an dem der Gang das Flußbett schneidet. Schnell wurde eine Gefährdung konstruiert: beim nächsten Hochwasser, was wegen der Klimaerwärmung sicher schon morgen - oder so - eintreten würde, könnte die Mulde sich doch den Weg in den Altbergbau suchen. Und das wohlgemerkt an einer Stelle, die nach dem Jahrhunderthochwasser 1897 schon einmal umfangreich saniert worden war. Aber egal, das Planungsbüro Dr. G. Meier aus Wegefarth wurde beauftragt, ein Sanierungsprojekt zu erstellen. Das tat man auch und projektierte einen großen „Tagebau“ auf dem Gangausbiß. Geplant wurde, in offener Baugrube auf den Gangausbiß herunterzugehen, diesen noch einmal mehrere Meter tief auszugraben und mit Beton zu verfüllen (Bild 1). Der Halsbrücker Spat ist im betrachteten Bereich mehrtrümig, hat gangmaterialführende, gut wasserleitende Begleitklüfte und übersetzende Gänge (Bild 2). Bohrungen zur Voruntersuchung der Baugrundverhältnisse hielt man für nicht erforderlich sondern plante mit Hilfe von Rissen und vielleicht einigen mageren Fotos, da die Befahrungen hier immer spätestens am verfüllten Gang enden.
Diktatorische Willkür der Behörden
Der Grundstückseigentümer wurde von der ausschreibenden Behörde, dem Sächsischen Oberbergamt, zunächst weder über die Planung der Sanierung noch über deren Ausschreibung oder gar Vergabetermin informiert, sondern erfuhr aus dem „Buschfunk“, daß auf seinem Grundstück eine 12 m tiefe und mindestens 10 m breite Baugrube angelegt und umfangreiche Eingriffe in die jetzt herrschenden hydrologischen Verhältnisse vorgenommen werden sollen. Eine Woche vor der geplanten Vergabe protestierte der Eigentümer beim Sächsischen Oberbergamt und verbot mit dem Recht des Eigentümers das Betreten des Grundstücks sowie jegliche Baumaßnahmen.
Daraufhin besuchten ihn der Planer, Herr Dr. G. Meier und der Bauamtsleiter der Gemeinde Halsbrücke, Herr. A. Beger. An der Haustür, mit einem Plan wedelnd, versuchte Herr Dr. Meier den Eigentümer von der Sanierung zu überzeugen. Es wäre ja alles nicht so schlimm, nur so ein ca. 2 m breiter Graben auf dem Gangausbiß (von der Breite der Baugrube auf der Rasensohle war natürlich nicht die Rede!) und die hydrologischen Verhältnisse wolle man auch nicht ändern, da man Dränagelöcher in der Betonplombe ließe.
Wozu verschließt man dann eigentlich den Gangausbiß, wenn man das Wasser trotzdem ungehindert nach unten laufen lassen will? Der Abflußquerschnitt der offenen Baue (z.B. Anna-Stollen) ist ohnehin recht begrenzt und akute Bruchgefahr bestand auch nicht.
Es gingen nach diesem Gespräch, welches das Niveau eines Haustürgeschäftes hatte, noch einige Briefe hin und her und dem Grundstücksbesitzer wurde angedroht, unter Zuhilfenahme der sächsischen Hohlraumverordnung trotz Verbot auf seinem Grundstück zu bauen. Der Grundstückseigentümer blieb wegen seiner fachlichen Bedenken und wegen der begründeten Annahme, daß das Grundstück nach der Sanierung verwüstet und durch sanierungsbeeinflußten nicht rißkundigen Altbergbau mehr bruchgefährdet wäre als vorher, unnachgiebig. Das darauffolgende Anhörungsverfahren war eine Farce, da die Submission nach der Ausschreibung schon stattgefunden hatte sowie der ausführende Betrieb bereits feststand und nur noch mit der offiziellen Vergabe auf grünes Licht zum Loslegen wartete. In dieser Phase einer Ausschreibung kann der Auftraggeber kaum noch zurück und muß mit Schadensersatzforderungen des Baubetriebes rechnen, wenn er die Ausschreibung zurückzieht. Dem Grundstückseigentümer wurde ein Entwurf einer Polizeiverfügung zugesandt, mit der er wegen einer angeblich bestehenden Gefahr für die Öffentliche Sicherheit (im Fall eines Hochwassers oder weil über Gangausbissen immer Bruchgefahr besteht) zur Duldung der Sanierung gezwungen werden sollte.
Zitat aus dem Entwurf der Polizeiverfügung:
„.Ziel der Arbeiten ist die Verhinderung des Zutritts von Wässern in den Altbergbau. Gleichzeitig soll durch die Arbeiten die erforderliche Sicherheit der Tagesoberfläche für eine ungehinderte Benutzung durch Betreten wieder hergestellt werden.“
Das Kunststück, wie man trotz Dränage durch die Betonplombe und einem umfangreichen, den Gang begleitenden Kluftsystem den Zutritt von Wässern in den Altbergbau verhindern will, möchten die Verfasser vom Planungsbüro gerne einmal erklärt haben. Wie ernst es dem OBA um die Gefährdung der Tagesoberfläche war, zeigte, daß dessen Mitarbeiter, die des Planungsbüros sowie des Schachtbau Nordhausen direkt über dem ach so gefährdeten Bereich ihre Autos abstellten (Bild 3). Eine Absperrung wurde lediglich um die abgesenkten Schächte herum angebracht.
Der Eigentümer, dem eine Antwortfrist von lediglich einer Woche eingeräumt wurde, da der Baubetrieb bereits drängte, wann er nun endlich beginnen kann, protestierte ob solch kruden Schwachsinns weiterhin. Darauf wurde er per Polizeiverfügung gezwungen, die umfangreiche Verwüstung seines Grundstücks durch den bauausführenden Betrieb zuzulassen (Bilder 6,7).
Gerichtlich wehren kann sich der geplagte Eigentümer nicht, da er arbeitslos ist und die Gerichts- und Anwaltskosten für einen Prozeß, im dem das Verwaltungsgericht im Ernstfall die komplette Bausumme als Streitwert ansetzt, nicht aufbringen kann. Ihm bleibt die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub: finanzieller Ruin durch die Kosten des Rechtsstreites oder totaler Wertverlust seines Grundstücks. Denn wenn die eine Behörde vorgeht und eine Rechtsauffassung hat wie es im Feudalismus und in Diktaturen übelster Sorte gang und gebe war und ist, vertraut kein vernünftiger Mensch noch einer anderen Behörde - nämlich dem Gericht - daß sie sich des Rechts und seiner annimmt.
Die Bausumme belief sich laut Ausschreibung auf ca. 750.000 Euro. Bis jetzt sind wegen der haarsträubenden Planung, die lediglich vom Schreibtisch aus erfolgte und die komplizierten geologischen Verhältnisse auf diesem Teil des Halsbrücker Spates sträflich vereinfachte, Nachträge bis zu einer Gesamtbausumme von 1 Mio. Euro aufgelaufen.
Saniert werden soll ein ca. 100 m langes Stück Gangausbiß mit lediglich einer noch nicht verschlossenen Schachtöffnung.
Für diese Summe kann man 1 km Autobahn bauen. Etliche Kilometer Straße instandsetzen. Oder einige Schulen, Kindergärten, Theater, Bibliotheken, Museen usw. vor der Schließung bewahren. Zweitausend minderbemittelten, aber klugen Studenten für ein Semester die zukünftigen Studiengebühren ersparen. Vielleicht auch produktive Arbeitsplätze schaffen, falls das geplünderte steuerzahlende Volk die Sesselfurzer und Verschwender endlich aus dem Amt wirft, damit sie sich ihre Brötchen auf redliche Weise verdienen können!
Die Bedenken des betroffenen Eigentümers
Kommen wir nun von der Polemik zu den Fakten. Im folgenden wird beschrieben, wie die geologischen, hydrologischen und bergschadenkundlichen Verhältnisse im besprochenen Gebiet aussehen und welcher Art die Bedenken des betroffenen Grundstückseigentümers sind. Dazu wird im Wortlaut die Ablehnung der geplanten Baumaßnahme durch den Eigentümer zitiert. Diese wurde vom Sächsischen Oberbergamt bzw. dessen Planer mit einem Federstrich innerhalb von drei Tagen vom Tisch gewischt. Auf eine fachliche Diskussion haben sich diese arroganten Herren bis heute nicht eingelassen - wohl wissend, daß sie da den Kürzeren ziehen würden.
Schreiben vom 17.05.2005 an das Sächsische Oberbergamt:
„... Ihr Schreiben vom 12.05.2005 - Aktenzeichen 4773.10-IGB
Sehr geehrter Herr Rössel,
ihr Schreiben vom 12.05.2005 mit dem Entwurf einer Polizeiverfügung habe ich erhalten.
Die in der Polizeiverfügung angesprochene Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die von meinem Grundstück ausgehen soll, ist in keinster Weise vorhanden und kann durch das Sächsische Oberbergamt auch nicht ausreichend belegt werden. Sie haben keinerlei Beweis - sei es durch Bohrungen oder praktischen Erkundungen von oberflächennahen Hohlräumen direkt auf dem Halsbrücker Spat (dieser ist im betrachteten Gebiet nämlich unfahrbar) - daß es eine unmittelbar bestehende Bruchgefahr durch instabile Hohlräume gibt oder daß von hier aus eindringendes Grundwasser beim Hochwasser 2002 zu Schäden im Altbergbau geführt hat. Die 1897 durch ein Hochwasser erfolgten und danach verfüllten Einsenkungen im Gangbereich haben sich beim Augusthochwasser 2002 als stabil erwiesen. Weitere Erläuterungen entnehmen Sie bitte der Anlage 1.
Die Anschuldigung, daß das Betreten meines Grundstückes gefährlich ist, weise ich daher zurück.
Es sind im Vorfeld der Projektierung für das Baulos 2 keinerlei praktische baugrundgeologische und hydrologische Untersuchungen vorgenommen worden, die eine Gefährdung wissenschaftlich beweisen, sondern es wurde lediglich „vom Schreibtisch aus“ geplant. Daher sehe ich mich nicht im Stande, eine Zustimmung für die auf diese Art und Weise geplante Baumaßnahme auf meinem Grundstück zu erteilen, da ich eine erhebliche Wertminderung meines Grundstücks befürchte und nicht mit verantwortlich für Spätschäden sein will, die vielleicht nicht nur mein Grundstück betreffen.
Da es auf einmal so eilig mit der Polizeiverfügung gemacht wird, obwohl seit dem Hochwasser fast drei Jahre vergangen sind, habe ich den Eindruck, daß hier ein halbgewalktes Projekt, welches persönlichen Eitelkeiten und handfesten wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten entsprungen zu sein scheint, auf Biegen und Brechen durchgezogen werden soll. Dieses Handeln ist bei der derzeitigen finanziellen Situation des Freistaates Sachsen und dem wachsenden Kahlschlag im Kultur- und Bildungsbereich gegenüber dem Steuerzahler und der öffentlichen Hand verantwortungslos.
Glück auf! Lutz Mitka
Anlagen
Anlage 1 Situationsbeschreibung
Anlage 2 Rißausschnitt 1: 1000 über die Hochwasserschäden und das Ziegelgewölbe unter der Mulde von 1897
Dazu noch die Anlage 1:
„....
1. Lage und historischer Abriß
Das Flurstück 166/1 befindet sich am westlichen Muldenufer ca. 100 m stromaufwärts der Rheinischweiner Brücke in der Gemarkung Halsbrücke. Das Grundstück wird vom Halsbrücker Spat gequert. Auf diesem Erzgang ist im betrachteten Gebiet seit Anfang 17. Jh. Bergbau aktenkundlich belegt. Die Grube Rheinisch Wein baute im 17. Und 18. Jahrhundert vom Tage beginnend bis in ca. 200 m Teufe silber- und bleihaltige Erze ab. 1709 fielen die Gruben von Rheinisch Wein bis St. Jacob an den sächsischen Staat und wurden unter dem Namen Halsbrücker Vereinigt Feld bis 1746 betrieben. Die Lage der Gruben in der Muldenaue (starke Wasserzuflüsse) und das verwendete gebirgsmechanisch ungünstige, zu Brüchen führende Abbauverfahren (Strossenbau) machte den Bergbau in größeren Teufen uneffektiv. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde bei Rheinisch Wein und Güte Gottes nur noch eine Art „Nachlesebergbau“ betrieben. Zum Bau des Rothschönberger Stollens Mitte 19. Jh. wurde der bei Rheinisch Wein in geringer Teufe einkommende Anna-Stollen ausgehend vom Gotthelf-Schaller-Schacht auf dem Nachtigall-Stehenden nach Südwesten bis über die Grube Oberes Neues Geschrei als Wasserstrecke aufgefahren, um die Aufschlagwasser der dort befindlichen Turbine abzuführen.
Das große Hochwasser am 30./31. Juli 1897 hat im betrachteten Gebiet von Rheinisch Wein zu umfangreichen Tagesbrüchen auf dem Halsbrücker Spat und den darauf befindlichen Schächten geführt. Im Zuge der Aufräumungsarbeiten nach diesem Hochwasser wurden die Brüche mit Gesteinsmassen und Schlacke ausgestürzt sowie der Gangausbiß unter der Mulde mit einem 80 m langen betonverstärkten Ziegelgewölbe von insgesamt 1,2 m Stärke verwahrt. Dieses Gewölbe erstreckt sich am Westufer der Mulde unter dem Freiberger Weg hinweg bis auf das Flurstück 166/1.
Beim Hochwasser 1954 senkte sich der Rheinischweiner Tageschacht.
Am 12./13. August 2002 trat ein weiteres Hochwasser ein, welches das Gelände des Flurstückes 166/1 ca. 1,5 m hoch unter Wasser setzte. Im Gebiet der Grube Rheinisch Wein senkten sich daraufhin die Verfüllmassen der dort befindlichen Schächte ab. Zu Absenkungen im Bereich der 1897 eingetretenen und danach verfüllten Tagesbrüche auf dem Ausbiß des Halsbrücker Spates kam es nicht.
2. Geologische und hydrologische Situation
Das Grundstück Freiberger Weg 2 befindet sich in der Muldenaue auf einem durch Bergbau und Aufbereitungsanlagen beeinflußten Untergrund. Unter einer dünnen Mutterbodenschicht befindet sich eine bis zu 4 m mächtige Auffüllung von mehr oder weniger versinterten Pochwerksrückstanden und Haldenmassen, darunter liegen sandig-schluffige,leicht grob- bis feinkiesige Flußsedimente (kf-Werte zwischen 10-4 und 10-7 m/s) und in 6 bis 7 m Teufe unter GOK steht Fels in Form von Freiberger Gneis an, der im Bereich des Gangausbisses stark klüftig und von Gangtrümern durchzogen ist. Der Halsbrücker Spat, ein mehrtrümiger Erzgang der fba-Formation durchsetzt den Gneis in Ost-West-Richtung und trümert in Richtung Ost in besenartiger Struktur in zwei Haupttrümer („hartes“ und „weiches“ Trum) und mehrere Nebentrümer auf.
Westlich des Flurstückes wird der Halsbrücker Spat vom Neu-Unverhofft-Glück Sth. oder Nachtigall Sth. geschnitten. Auf den genannten Gängen befindet sich oberflächennaher Altbergbau bzw. Abbaue.
In durch Bergbau unbeeinflußten Teilen der Muldenaue stellt sich der Grundwasserspiegel in den Sedimenten in etwa in der Höhe des Muldenniveaus ein. Der bebaute Halsbrücker Spat, sein begleitendes gut wasserleitendes Kluftsystem und mit grober Masse verfüllte Schächte sorgen für eine Absenkung des Grundwasserspiegels bis zur Felsoberkante und zum Versinken des Grundwassers in den Kluftwasserleiter bzw. Altbergbau mit diffusen Wassereintritten auf Klüften und dem bebauten, von oben her verfüllten Gang und punktförmigen Wassereintritten über die vorhandenen Schächte.
Das auf dem Flurstück 166/1 befindliche Haus, eine alte Pochwäsche, wurde nach Anlage der Abbaue auf dem Halsbrücker Spat auf einem Baugrund errichtet, der durch den abgesenkten Grundwasserstand derzeit trocken ist.
3. Absenkungen und Bruchgeschehen auf dem Halsbrücker Spat
Durch den früher angewandten Strossenbau mit Bergfesten kam es schon zu Betriebszeiten des Altbergbaus durch die beim Strossenbau entstehenden großen Hohlräume zu umfangreichen Brüchen, die auch bis zu Tage ausgingen. Diese Brüche wurden mit Haldenmassen oder Hüttenschlacke verfüllt. Nach Einstellung des Bergbaus verfüllte man die vorhandenen Schächte auf dieselbe Weise. Durch die ein jedes Hochwasser begleitenden Starkniederschläge zusammen mit eventuellen Überflutungen kommt es zu einem erhöhten Grundwasseraufkommen, welches Suffosionserscheinungen (Ausspülung von Feinbodenanteilen) in Hohlräume des Altbergbaus oder in der Verfüllmasse hervorruft. Das Korngerüst der Verfüllmasse wird bei genügend hohem Feinkornanteil dabei instabil und fällt in sich zusammen. Geschieht dies oberflächennah oder bei Schächten in erheblichem Umfang, so kommt es an der Tagesoberfläche zu Einsenkungen oder infolge Stabilitätsverlust des vorher dicht verfüllten Hohlraumes auch zu Brüchen.
Beim Hochwasser 2002 haben sich im Gebiet von Rheinisch Wein lediglich die Versatzsäulen der Schächte gesenkt, so daß man davon ausgehen kann, daß die 1897 in die Abbaue vom Tage her eingebrachten Verfüllmassen trotz zeitweise starken Grundwasseranstromes stabil bleiben.
4. Gefährdungen der Tagesoberfläche
Eine akute Gefährdung der Tagesoberfläche im betrachteten Gebiet durch unmittelbar bevorstehendes Bruchgeschehen im Gangausbißbereich kann auf Grund der bergbaulichen und geologischen Situation derzeit nahezu ausgeschlossen werden. Die Gefährdung ist auch nicht höher als in anderen Teilen des Freiberger Revieres, z.B. auf dem Thurmhof- oder Hauptstollngang Sth. im Stadtgebiet Freiberg, die ebenfalls stark bebaut sind und deren frühere Tagebrüche von über Tage aus verfüllt wurden.
Die Abbaubereiche auf dem Halsbrücker Spat, die vom Anna-Stollen her über Stichquerschläge zugänglich sind, sind mit Massen oder Schlacke verfüllt. Nicht einmal beim verheerenden Augusthochwasser 2002 kam es bei Rheinisch Wein zu Brüchen oder Senkungen direkt über dem Ausbiß des Spatganges. Es gaben lediglich die Versatzsäulen der Schächte etwas nach. Das Ziegelgewölbe unter der Mulde ist an einer Stelle zugänglich. Es ist baulich intakt, so daß auch keine nachweisliche Gefährdung im unmittelbaren Flußbereich und im Bereich der öffentlichen Straße (Freiberger Weg) besteht.
5. Mögliche Auswirkung der geplanten Sanierung auf Baugrund und unterirdische Hohlräume
Die geplante Baumaßnahme hat das Ziel, den Ausbiß des Halsbrücker Spates gegen das Eindringen von Grundwasser zu verschließen und damit die Suffosionsprozesse in den Verfüllmassen zu verhindern. Zugleich soll ein starker Wasserzudrang in weiter stromabwärts liegende Baue verhindert werden.
Das Sanierungsziel kann auf Grund des gut wasserleitfähigen Begleitkluftsystems und wegen dem nicht auszuschließenden vorhandenen Altbergbau auf Nebentrümern und übersetzenden Gängen nicht in befriedigendem Maße erreicht werden. Zudem wurde mit der Öffnung des Anna Verstuften Stollens am Gotthelf-Schaller-Schacht der ungehemmte Zudrang von Grundwasser aus dem Nachtigall-Sth. auf den Anna-Stollen ermöglicht, indem die den Wasserfluß behindernden und bremsenden Verfüllmassen aus dem Schachtgrund entfernt wurden. Bei Starkregen sitzen hier dem Anna Stollen erhebliche Wassermengen zu! Ein selbsttätig schließendes Dammtor wie auf dem Neue Weiße Rose Spat wäre dringender vonnöten als ein Verschluß des Gangausbisses von oben.
Da nur der Hauptabbaubereich mit dem Rheinischweiner Treibeschacht verschlossen werden soll, wird lediglich das diffuse Eindringen des Grundwassers im Bereich der Brüche von 1897 verhindert. Der Grundwasserstrom südlich des Spates wird gehemmt, der Grundwasserspiegel hat das Bestreben, wieder auf Muldenniveau anzusteigen. Das wird mit ziemlicher Sicherheit dann geschehen, wenn die Baugrube in den Lockermassen mit Spritzbeton verbaut und dieser Betonriegel beim Verfüllen im Untergrund belassen wird. Damit kommt es zu einem erhöhten hydrostatischen Druck im Kluftsystem, der Grundwasserstrom wird hier stärker. Zudem ist es möglich, daß sich das Grundwasser seinen Weg über nicht rißkundigen Altbergbau in die Tiefe sucht. Sind das Schächte, so kommt es durch den punktförmigen Wassereintrag zu vermehrten Ausspülungen der Versatzmassen und es besteht die Gefahr von Absenkungen und Brüchen als Spätfolge der Sanierung. Besonders fatal ist es, wenn diese Prozesse im nicht zu sanierenden, sich westlich anschließenden Bereich unter dem Roten Graben oder der Hüttengasse erfolgen.
Das Ansteigen des Grundwasserspiegels im betrachteten Bereich kann unter Umständen auch negative Auswirkungen auf die Gründung der Häuser Freiberger Weg 2 und 4 haben, angefangen von Vernässung des Mauerwerkes bis hin zu Rißbildungen. Eine durch das Planungsbüro angedachte Dränage zur Verhinderung des Grundwasserstaus durch die auf dem Gangausbiß anzulegende Betonverwahrung hindurch führt den Sinn der geplanten Verwahrungsmaßnahme ad absurdum.
6. Umweltschutzaspekte
Die aufgefüllten Massen in den Schachtröhren und den Tagebrüchen von 1897 bestehen im betrachteten Bereich aus Haldenmaterial, Pochklein, Wäschsanden und Hüttenschlacken. Sie sind hochgradig mit Schwermetallen belastet. Pochklein und Wäschsande sind durch ihr feines Korn teilweise sulfidisch zersetzt, die in ihnen enthaltenen Schadstoffe sind leicht eluierbar. Durch den Aushub der Massen und ihre Zwischenlagerung kommt es zu erheblichen Umweltbelastungen in Form von Staubentwicklung und Ausspülungen von vorher durch Versinterung oder Verglasung in den Schlacken eingekapselten Schadstoffen.
Die Halde des Schaller-Schachtes, die zum großen Teil abgetragen und wieder aufgeschüttet werden soll, hat einen natürlichen Bewuchs aus typischen Pionierpflanzen einer schützenswerten Schwermetallflora und entsprechenden Bäumen. Das Abholzen der Bäume führt für die unmittelbaren Anlieger zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch Lärm und Abgase der nördlich gelegenen Feinhütte und führt zu einer Wertminderung der Grundstücke, genau wie das Freilegen und „Umgraben“ der schadstoffbelasteten Aushubmassen. Zudem ist nicht geklärt, was mit dem Aushub geschehen wird, der durch Beton ersetzt werden soll. Ein Auffüllen auf die betroffenen Grundstücke ist aus Umweltschutzgründen nicht tolerierbar."
Die Antwort auf dieses Schreiben war die Zusendung der Polizeiverfügung, die sicher schon fertig bereitlag, ohne auf die fachlich wohlbegründeten Bedenken des Betroffenen einzugehen. Wie gesagt, es drängte ja der Baubeginn.
Nach Erhalt der Polizeiverfügung besuchte der für die Baustelle zuständige Sachbearbeiter des OBA, Herr Volkmar Scholz, den sanierungsunwilligen Grundstückseigentümer. Er meinte, wenn L. Mitka nicht so ein Trara gemacht hätte, wäre eine Entschädigung in Höhe von 4000 bis 5000 Euro seitens der Baufirma (Schachtbau Nordhausen) möglich gewesen. Der betroffene Eigentümer sagte dazu: „Ich kaufe euch doch nicht die Verantwortung ab!“
Die Gefährdung auf dem beschriebenen Gangausbiß wird auch bei der nun begonnenen Bauausführung lediglich als auf dem Papier existierend betrachtet. Man hat auf einem in seinen Trümern bis zu 4 m breit abgebauten Gang bis 15 m Teufe gebohrt, in dieser Tiefe nichts besonderes an Hohlräumen gefunden und fährt nun fröhlich mit Kettenbagger und Lkw auf dem angeblich so gefährdeten Bereich, dessen Sanierung keinen Aufschub durch einen Widerspruch duldete, herum. Nicht nur auf dem Gangausbiß, sondern auch über einen nicht verplombten Schacht (Bild 9). Wer schon einmal auf einer Befahrung gesehen hat, welche Hohlräume auf dem Gang in anderen Bereichen noch durchgehend offen sind, könnte auf den Gedanken kommen, daß hier aus totaler fachlicher Inkompetenz, Leichtsinn und / oder Profitgier das Leben und die Gesundheit der Bauleute aufs Spiel gesetzt wird. Immerhin werden durch das Ausgraben und die dynamische Belastung durch schweres Baugerät gebirgsstatische Verhältnisse in einem Maße geändert, daß es durchaus zum Bruch tieferliegender, durch die Bohrungen nicht erreichter offener Baue kommen kann.
Und Weiter?!
Bleibt die Frage, wie die Sache nun weiter geht. Bohrungen haben ergeben, daß die feste Felsoberkante als Auflager für eine Betonplombe doch noch ein Stück tiefer liegt, als angenommen. Ein Stück des Ganges wurde geöffnet, zum Vorschein kam eine Sandverfüllung (Bild 8), die von bereits früher erfolgten Abdichtungsmaßnahmen kündet. Noch einmal ganz deutlich: zum Hochwasser 2002 hatte sich außer den Schächten nichts abgesenkt! Vernünftig wäre im Sinne des Steuerzahlers, die Baumaßnahme jetzt einzustellen und das Gelände zu rekultivieren, da sonst der Schaden an der öffentlichen Kasse durch umfangreiche Nachträge immens wäre. Aber wer glaubt schon an die ökonomische Vernunft eines gewissen Mitarbeiterkreises (um nicht alle über einen Kamm zu scheren) der genannten Behörde?
Eine weitere Frage ist, wem die ganze Sache eigentlich etwas nützt. Den Grundstückseigentümern trotz anderslautenden Beteuerungen des OBA bestimmt nicht, dafür schon eher dem Planer und dem Baubetrieb. Es ist „für Außenstehende“ schon eigenartig, wenn in Halsbrücke die richtig großen Baustellen im Auftrag des Sächsischen Oberbergamtes immer wieder dieselben bekommen...
Bild 1: projektierte Abdichtung des Gangausbisses
Die geologischen Verhältnisse werden stark vereinfacht
Bild 2: tatsächliche Verhältnisse im beschriebenen Gebiet
Der stark drusige Gang hat zwei Haupttrümer, die alten Brüche sind verfüllt Grundwasser dringt nicht nur über die Bruchzone, sondern auch über offene Klüfte in die Tiefe ein (offene Hohlräume sind lagemäßig unbekannt und nicht dargestellt)
Bild 3: vor Baubeginn: das „bruchgefährdete“ Gebiet als Parkplatz
Bild 4: vor Baubeginn:
Blick Richtung Norden, links die bewachsene Halde des Schaller-Schachtes
Bild 5: vor Baubeginn (Anfang 2005):
Halde des Schaller-Schachtes mit Teufe zur Sanierung einer Absenkung in der nördlichen Haldenböschung
Bild 6: 19.07.2005
Baugrube; rechts das Haus des Verfassers, Lutz Mitka
Der durch die Baumaßnahme in Anspruch genommene Bereich seines Grundstücks umfaßt bereits ca 1200 qm
Bild 7: zum Größenvergleich...
Bild 8: freigelegter Gangausbiß mit gemauerter Schachtwand des westlichen Kontrollschachtes am Muldengewölbe; auf der Sohle der Baugrube im Gangausbiß befindet sich früher eingebrachter Verfüllsand
Bild 9: lebensgefährlicher Leichtsinn
links der Baggerschaufel befindet sich mitten im Fahrweg des Kettenbaggers der verfüllte, aber nicht verplombte Rheinischweiner Tagschacht