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Inhalt:

1. Lage und Geschichte des Stollns     
2. Vorgeschichte der Sanierung
3. GAG Vollversammlung und Beginn der Freilegung
4. Gewölbemauerung, Versetzen und Trockenmauern im Regen
5. Abschluss der Mauerung und Haldenberäumung
6. Was erreicht wurde
7. Wie man damit umgehen sollte

 

1. Lage und Geschichte des Stollns


Der Tiefe Freudenstolln ist der tiefste Stolln der Bricciusgrubenbaue und befindet sich am Osthang des Pöhlberges im Landkreis Annaberg/Sachsen. Sein Mundloch liegt bei 520m ü.NN.
Zur Entwässerung der stetig in die Tiefe schreitenden Grubenbaue des St. Briccius gedacht, wurde er schon um 1550 begonnen.Der über 1280m lange Stolln dürfte um 1730 zwar unter die Bricciusbaue gelangt sein, jedoch erreichte er die Schächte nicht, da er zu weit im Süden gehalten wurde, während die Hauptgänge/Grubenbaue des St. Briccius nach Nord fallen.

Über eigenes Erzausbingen ist uns derzeit leider nichts bekannt. Da der Stolln nur einen Tagesschacht besitzt und dieser ca. 170m vom Mundloch entfernt ist, war es notwendig die hinteren Grubenbaue künstlich mit Frischwetter zu versorgen. Hierüber ist überliefert, dass man 1717 zur Bewetterung eine Luttenleitung betrieb, welche die Frischluft eines Blasebalgs mit Wasserradantrieb 1277m vor Ort brachte. Man ersetzte diese Anlage 1765 durch eine Wassereinfallmaschine, welche den Druck einer Wassersäule nutze um die Wetter 1280m vor Ort zu drücken1.

Nachdem die Grubenbaue und somit auch dieser Stolln 1892 stillgelegt und teilweise verwahrt wurden, gab es 1935/1936, im Rahmen der Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches, Untersuchungen der Grubenbaue auf abbauwürdige Buntmetalle. Sicherlich wurde dabei auch der Tiefe Freudenstolln untersucht.

Das saubere Wasser des abgeworfenen Stollns wurde später zeitweiße gefasst, nach Geyersdorf geleitet und dort zur Produktion von Papier verwendet2.

Laut Zeitzeugenaussage war im Jahr 1966 der Stolln durch sprengen im Bereich der elliptischen Mundlochmauerung bereits verwahrt. Ein kleiner Bach wurde ebenfalls in den entstandenen Trichter geleitet.

1 Quelle: Ottfried Wagenbreth – Der Bergbau im Erzgebirge S. 74

2 Quelle: Zeitzeugenaussage



2. Vorgeschichte der Sanierung

Im Jahre 2006 wurde von unbekannten jenes zerstörte Gewölbe mit einem Bagger frei gelegt und der vordere Stollnbereich zugänglich gemacht. Die links und rechts des Einschnittes abgelegten Massen, sowie der offen stehende Stolln wurden nur notdürftig abgesperrt.

Nachdem uns Spaziergänger von dieser Situation berichteten, machten sich einige Vereinsmitglieder selbst ein Bild von der Situation und es erfolgte eine Meldung des Vereins „Gewerkschaft St. Briccius“ an die Gemeinde, welche jedoch schon informiert war.

Was die Folge sein würde, wenn die Schadstelle offiziell saniert worden wäre, kann man sich denken. Aufgrund der abgelegenen Örtlichkeit und der Tatsache, dass sich keine akute Gefahr für die Öffentlichkeit ergab, war mit einer Einzäunung zu rechnen. Schlimmstenfalls hätte man eine Betonverwahrung mit Wasserdurchlass eingebracht und den Geländeeinschnitt verfüllt.

Es war dem Verein „Gewerkschaft St. Briccius“ daran gelegen, dass es nicht soweit kommt, aber andererseits bestand auch das Interesse, dass die unansehnliche Schadstelle verschwindet. Jedoch waren die eigenen Projekte zu umfangreich, als das wir allein ein weiteres, vor allem, ein derart umfangreiches, hätten beginnen können.

So kam es gerade Recht, dass Jan Münch, der nicht nur in der „Gewerkschaft St. Briccius“ Mitglied ist, sondern auch Vorstandsmitglied des Vereins „Ökocamp“, gerade auf der Suche nach einem Projekt für diesen Verein war.

Da von öffentlichen Stellen keine geeigneten Projekte angeboten wurden, entschloss er sich kurzerhand, die Finanzierung des zwei Wochen dauernden Zeltlagers für Jugendliche selbst zu übernehmen und schickte sich an, die Sanierung des Mundlochs genehmigen zu lassen. Dazu wurde ein Vertrag mit dem Grundstücksbesitzer, der Stadt Annaberg Buchholz, abgeschlossen und eine Anzeige beim Oberbergamt eingereicht.

Dass Mitglieder vom Verein „Gewerkschaft St. Briccius“ helfen würden, war fast selbstverständlich, auch der gut befreundete Verein „Gottes Geschick Vereinigt Feld“ wurde ins Boot geholt. Des Weiteren lud Jan die Mitglieder der „Grubenarchäologischen Gesellschaft“, bei welcher er natürlich ebenfalls Mitglied ist, zu deren Vollversammlung ins Erzgebirge ein und legte den Termin so, dass sie zur „Arbeitsvollsversammlung“ wurde.

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Situation am Mundloch zu Beginn der Sanierung.

 


3. GAG Vollversammlung und Beginn der Freilegung


Nachdem alle Genehmigungen und Verträge in der Tasche waren, wurde das Nötigste: die Zelte, Campinggeschirr und Werkzeug (und Klappfix, Duschgestell, Solarkollektor, ca. 1km Wasserschläuche, Campingtische, -bänke, Grill, Mannschaftszelt, Hängematte, Rasenmäher, Küchenmaterial usw. usw.) zusammengepackt. Am 25.07.2007 begannen die ersten Freischneidearbeiten. Dabei wurde Gras und störendes Gestrüpp entfernt. Am Wochenende des 27.-29. begannen die GAG Mitglieder eine Trasse in das kaputte Mundloch zu schachten.


Die Wasserseige (künstlicher Wasserabfluss) wurde in der folgenden Woche von Steinen und Dreckmassen befreit, welche scheinbar beim Sprengen, bzw. beim Freibaggern hineingefallen waren. Hierbei wurden alte verrostete Eisenkisten gefunden, sie enthielten jedoch keine Schätze, sondern Kohlebriketts – warum fanden wir später heraus. Parallel wurden die noch stehenden Mauerflanken gesichert und beräumt, um später auf ihnen das Gewölbe wieder schließen zu können. Hierbei wurde auf dem Hängen links und rechts das Material in: Mauersteine, Versatzsteine und Erde getrennt. Nachdem die alte, gut erhaltene Wasserrösche gefunden wurde, welche unter der Halde das Stollnwasser abführt, konnte eine kleine Trockenmauer gesetzt und Tragwerk über die Wasserrösche im Mundlochbereich gelegt werden. Die Rösche ist im Verhältnis zur Wassermenge, relativ groß dimensioniert, man kann also davon ausgehen, dass die Mundloch- und Röschenmauerung zu einem Zeitpunkt gesetzt wurde, als man sich noch erhoffte mit dem Stolln, die Grubenbaue des St. Briccius zu erreichen, denn dann wäre mit bedeutend mehr Wasser zu rechnen gewesen.

 


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schematische Situation vor der Sanierung

 


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Freilegung des Mundlochbereichs.

 


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Die Rösche wurde am vorderen Ende der Gewölbemauerung aufgefunden.

 


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Aufgesetzte Trockenmauer.


Die Kanten links und rechts dienten wahrscheinlich als Auflage für das Tragwerk und stellen somit die Grenze zwischen Stollnprofil und Wassersaige dar. Rechts vorn ist das Grundgestein zu sehen, auf dem die Mauerung aufgesetzt ist.


4. Gewölbemauerung, Versetzen und Trockenmauern im Regen


Nachdem die Sprenglöcher in den seitlichen Mauerflanken ausgebessert waren, musste auf den nun komplett freigelegten Mauerresten wieder die zerstörte „Gewölbefirste“ aufgesetzt werden. Dazu wurde eine Schablone aus Holz gebaut und in die Mauerung eingesetzt. Sie hatte eine effektive Auflagelänge von ca. 1,5m für die Mauersteine. Die sortierten Mauersteine wurden gereinigt, bearbeitet und konnten nun auf die Schablone – von uns auch „Kuh“ genannt – aufgesetzt werden. Dabei musste der erste Bogen noch an die 3m der erhaltenen Ellipsenmauerung angeschlossen werden.


Der verspannte Gewölbebogen blieb, entgegen der Erdanziehung und allen Befürchtungen, stehen, als am nächsten Tag die Schablone entfernt wurde... So wurde Tag für Tag, Bogen um Bogen gesetzt. Parallel wurden die Sortierarbeiten auf den Hängen abgeschlossen und es wurde begonnen die ersten Bögen zu versetzen. Die vor dem Mundloch stehenden Trockenmauern wurden entfernt und am vorrausichtlichen Ende der Ellipsenmauer links und rechts neu gesetzt, um die seitlichen Böschungen zu sichern.


Dieser Projektabschnitt, insbesondere die ersten Bögen (8. – 10.08) waren von schweren Unwettern mit Starkniederschlägen begleitet, welche die Arbeiten nicht gerade erleichterten, aber die Motivation keinesfalls schmälern konnten. Leider fiel uns zu spät auf, dass wir die Kohlen anstatt des nassen Löschholzes für das Lagerfeuer hätten nutzen können…


Auch der leicht deformierte Röschenaustritt unterhalb der Halde wurde saniert, damit das Stollnwasser kontinuierlich ablaufen kann.

 

 

 


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Freilegen der Böschungen, Sicherung der Gewölbereste. Ausbesserung der ersten Sprenglöcher.

 

 


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Während der Starkniederschläge(08/09.August 2007), werden die ersten Bögen gesetzt.

 

 


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Es herrschte kein Mangel an Brauchwasser (z.B. zum reinigen der Steine und duschen ;- ).

 

 


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Die Trockenmauerungen vor dem eigentlichen Mundloch werden neu gesetzt.

 

 


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Das letzte Sprengloch muss verschlossen werden bevor der vorletzte Bogen gesetzt werden kann.

 

 


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Auf den Bögen der Vortage werden die unbrauchbaren Steine verschlichtet und die Senke wird mit Erdmassen verfüllt.

 

 


5. Abschluss der Mauerung und Haldenberäumung


Der siebte und letzte Bogen wurde am 16.08.2008 gesetzt. Ein Schlussstein zeugt nun von der Sanierung der Mauerung. Wir freuen uns, dass wir an diesem Abend auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Annaberg B., Frau Barbara Klepsch begrüßen durften und danken nochmals für die Unterstützung.


Am Freitag den 17.08. wurde noch eine kleine Portalmauer gesetzt und die Geländesenke über dem Gewölbe wurde weitestgehend mit Erdmassen aufgefüllt. Nachdem eine vorläufige Sicherung in das Mundloch eingebracht war, konnte der Abend ausgiebig zum Feiern des Geschaffenen genutzt werden.


Am nächsten Tag wurde die Halde beräumt und die Gesamtsituation dokumentiert.


Eine Woche später wurde, wiederum mit engagierter Hilfe der „Gewerkschaft St. Briccius“, eine Tür in das Mundloch eingebracht.

 


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Der geübte Hobbymauerer Uwe Steinbach setzt den letzten Bogen.

 

 


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Eine kleine Portalmauer wird errichtet. Die Senke wird mit Erdmassen weitestgehend verfüllt.

 

 


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Die Schablone wird zum letzten Mal entfernt. Oberhalb finden die letzten Böschungsarbeiten statt.

 


6. Was erreicht wurde


Mit der Sanierung des Mundlochs wurden nicht nur 10m Ellipsenmauerung repariert und 2 kleine Trockenmauern aus Naturstein gesetzt. Es wurde ein Gefahrenstelle beseitigt, ein Schandfleck aus der schönen Landschaft des östlichen Pöhlberges entfernt, ein Fledermausbiotop geschaffen und es wurde ein kleiner, aber der am ehesten sichtbare Teil, eines Stollns erhalten, welcher zum Kleinod „St. Briccius“ gehört und somit die Möglichkeit geschaffen diesen Komplex weiter zu vervollständigen/erhalten. Das Wichtigste aber ist: es wurde ein sinnvolle Ferien-/Freizeitalternative für Jugendliche und jung gebliebene geschaffen, Freundschaften gepflegt und die Möglichkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit von unterschiedlichen Vereinen, der Kommune und dem Oberbergamt aufgezeigt. Die Arbeiten stellen weder Anspruch auf technische Perfektion, noch auf archäologische/denkmalpflegerische Kompetenz.

 

 


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Situation vor der Freilegung.

 

 


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Nach der Sanierung.

 


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schematischer Zustand nach der Sanierung

 

 


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„Endzustand“

 


7. Wie man damit umgehen sollte


Das Mundloch ist inzwischen mit einer Informationstafel in das Informationskonzept des Grubenkomplexes eingebunden.


Bei der Befahrung des Mundlochs, zusammen mit dem Oberbergamt, konnte festegestellt werden, dass sich wenige Meter hinter dem Gewölbe eine Bruchzone anschließt. Hinter jener staut sich das Wasser über Mannshöhe. Von weiteren Befahrungen muss daher abgesehen und auch dringend abgeraten werden. Zumal es wahrscheinlich seit den 60ger Jahren keinerlei Wetterführung, also nicht einmal eine Umwälzung im Stolln gab.


Um ein Fortsetzen des Bruchs nach über Tage zu verhindern, sowie auch untertage die Wasserführung zu gewährleisten, sollte binnen der nächsten 10 Jahre der Bruchbereich beräumt und gesichert werden. Dabei sollte jedoch unbedingt die Befahrbarkeit des hinteren Stollenteils gewährleistet werden, um späteren Informationsgewinn bezüglich (Sicherheits-/Erhaltungs-) Zustand der Grubenbaue nicht entgegen zu wirken.

 

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Ich möchte mich im Namen von Jan und mir selbst, bei allen Mitwirkenden nochmals rechtherzlich bedanken. Glück Auf!


Sven Schreiter


Fotos: privat