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Bericht zur 1. "Vollversammlung" der GAG vom 07. - 10. September 2001

von Thomas Krassmann, 24.11.2001
 

--- in Memoriam meiner am 24.08.2001 verstorbenen Frau Ute ---

Letztes Untertagebild von
Ute, Januar 2001
 

Vivat, crescat, floreat* - so ist es überraschenderweise unserer erlauchten "Grubenarchäologischen Gesellschaft" in
den letzten  Jahren gegangen. Hatte man ursprünglich vielleicht damit gerechnet, das sich die in studentischer Zeit
und unter studentischen Lebensbedingungen in Göttingen entstandene GAG nach Zerstreuung ihrer Gründungsmitglieder in alle Winde allmählich auflösen würde, so stellte man noch Jahre später fest, das es trotz räumlicher Distanz kein Nachlassen
gemeinsamer montanhistorischer Aktivität gab... Mehr als daß hat uns unsere seit 1997 betriebene Präsenz im Internet eine
Reihe von sehr aktiven Neumitgliedern beschert. So willkommen das ist, bringt ein solcher Mitgliederzuwachs auch einige Probleme mit sich. Waren früher sämtliche GAG - Mitglieder bestens miteinander bekannt, so wird dies bei vielen Neueintritten naturgemäß schwieriger. So wurde die Idee geboren, in Thüringen eine Vollversammlung der GAG einzuberufen, auf denen sich Alt- und Neumitglieder miteinander bekannt machen konnten, wo gemeinsame Befahrungen stattfinden sollten und wo das Bier in Strömen... aber lassen wir das !

* für alle Nichtlateiner: etwa "Wachse, blühe und gedeihe !"

Eine Vollversammlung ist es dann leider doch nicht geworden - sehr zum Unmut des Organisators Michael Pfefferkorn - aber dies ist bei einer Größenordnung von derzeit etwa 15 GAG - Mitgliedern mit sehr dezentraler Wohnlage auch kaum mehr zu verwirklichen. Immerhin wurden etwa 2/3 der Mitglieder inclusive einiger im Verlauf der Veranstaltung aufgenommener "Jungfüchse"  gesichtet und das ist doch auch schon immerhin etwas...man sollte nicht unzufrieden sein !

Freitag, 07. September 2001
 

Offizieller Treffpunkt war der Parkplatz an der Schachtanlage des Schieferbergwerkes Lehesten, hoch oben im Thüringer Wald auf etwa 700 m Höhe gelegen. Eine ziemlich kalte Ecke, wie einige der Teilnehmer während der folgenden Exkursion schmerzlich bemerken sollten. Andere hingegen nicht, da sie in ihren warmen Autos saßen, zu spät von zu Hause losgefahren waren, unterwegs Wildbret jagden und erfolgreich erlegten --- aber leider dabei unterließen, das Rehfilet pflichtgemäß bei der GAG - Küchenleitung zum abendlichen Verzehr abzugeben. Naja, seien wir tolerant, jeder macht mal Fehler. Tatsächlich war der Hinweg wegen zahlreicher Baustellen und sonstiger Umleitungen nicht so ganz ohne, weshalb ich mich entschlossen hatte, Lehesten quasi "von hinten durch die Brust ins Auge" über Schweinfurt, Bamberg und Kronach von Süden her zu erreichen. Das war gar keine so schlechte Idee, wenn der Weg auch streckenmässig etwas weiter war. Immerhin hatte ich so die Gelegenheit, noch einen Blick auf den mir bis dato unbekannten "Stockheimer Pechkohlenbergbau" in Nordfranken zu werfen. Zwar hat es finanziell nicht gereicht, ein Bergbaumuseum für diesen 1971 eingestellten Kohlebergbau zu realisieren, aber immerhin stehen eine Menge von Erinnerungs- & Erläuterungstafeln in der Gegend herum. Auch einen guten Leberkäse gab es in Stockheim zu kaufen, was ich in weiser Voraussicht auch tat. Das war eine ganz hervorragende  Idee, denn zum einen war der Leberkäse selbst ganz  hervorragend und zum anderen sollte es zum Leidwesen aller anderen Teilnehmer bis zum späten Abend dieses Tages nichts mehr zu Beißen geben !

Um Punkt 12 Uhr mittags war die Einfahrt im Schiefer - Schacht - grammatikalisch richtig müßte es ja eigentlich "im Schiefen Schacht" heißen - vorgesehen und tatsächlich hatten sich alle angekündigten GAG - Mitglieder bis auf die eingangs erwähnten Jäger auch hier oben in einem beeindruckenden Gebäudeensemble des historischen Lehestener Schieferbergwerkes versammelt.

Es nahte alsbald Herr Liebeskind, der langjährige Betriebsführer des Schieferbergwerkes und nahm uns auf eine selten ausgiebige Führung mit. Zunächst jedoch erzählte er manch Wissenswertes zur Geologie und Lagerstättenkunde der Lehestener Schiefervorkommen. Die folgenden Abbildungen zeigen zunächst die regionale Stratigraphie Thüringens mit starken Anteilen ordovizischer und silurischer Schichten sowie die regionale Verbreitung der abbauwürdigen Dachschieferlagerstätten im Thüringer Raum - wie sie sich in dieser Form übrigens auch noch weiter nach Oberfranken hinein fortsetzen und die Lagerstätte Lehesten - Schmiedebach im größeren Detail.

Da wir uns hier ja im Thüringischen Schiefergebirge befinden, sollte man meinen, das es hier reichlich Schiefer gebe. Das ist zwar auch so, jedoch ist nur ein geringer Bruchteil dieser Schiefer als Dachschiefer geeignet, wie das obige  geologische Säulenprofil zeigt, das einen Überblick über die gesamten im Thüringer Schiefergebirge vorkommenden Sedimentschichten mit einer Gesamtdicke von immerhin 4000 m (!) bietet. Der Dachschiefer selber bildet davon mit etwa 25 m einen nur sehr geringen Anteil, der zudem durch mehrere Einlagerungen von Fremdmaterial weiter untergliedert wird.

Abb.3: regionale Verbreitung der Thüringer Dachschiefer, die sich auch
nach Oberfranken in WD (= Westdeutschland) hin erstrecken


Abb. 4: Dachschiefervorkommen im Raum Lehesten: der Schiefer ist
in schwarzer Farbe eingezeichnet

Abb.5: Strecke in der 1, Sohle, Schieferbergwerk Lehesten mit Ockerbildungen

Nach diesen einführenden Erläuterungen ging es dann flugs zur Seilfahrt, die uns 80 m hinunter auf die 1. Sohle des Bergwerkes führte. Der Schacht geht noch 3 Sohlen tiefer, aber dort hinunter lässt man leider nur erlauchteres Publikum als unsereins und so mußten wir mit dem relativ kleinen Besucherbereich der 1. Sohle vorlieb nehmen. Zu sehen gab es neben recht ordentlichen Ockerstalagtiten besonders zwei verschiedene Abbautypen des Schiefers: der versatzlose Thüringer Abbau mit hohen und weiten Abbauräumen - hier freilich nur in einer abgespeckten Version mit Raumhöhen um 10 m  zu sehen, obwohl wir uns doch in Thüringen befanden - und den rheinischen Abbau.
 
 

Abb.6: Photostopp in einem Thüringer Abbau, Schieferbergwerk Lehesten
 

Bei letzterem handelt es sich um eine Art Firstenstoßbau, bei der der Bergmann immer auf dem Versatz steht und über sich den Schiefer abbaut. Es entstehen so etwa 20 - 30 m lange, 8 m breite und etwa 3 - 4 m hohe Abbaukammern, die entsprechend dem Versatzanfall stetig in die Höhe wachsen. Ansonsten gab es noch manch ortstypisches Gezähe zu bestaunen und allerlei Grubengerät wie Überkopflader, Lokomotiven usw, die hier seit dem Ende der aktiven Abbauphase vor 2 Jahren herumstehen. Zu guter letzt befuhren wir noch einen recht verockerten Seitenstollen, der an einem etwa 40 m hohen, mit Fahrten versehenen Aufhauen endete. Dieser war zur Erkundung einer Böschungsrutschung im benachbarten Tagebau aufgefahren worden. Befahrungen des Aufhauens finden aber wohl nicht mehr statt, sodaß man sich fragt, wie die zweifellos im Aufhauen befindlichen Meßmarken zur Kontrolle der Rutschung heute wohl kontrolliert werden.

Während der Befahrung begleitete uns auch ein älteres Ehepaar, dessen männlicher Part eine schicke Photoausrüstung mit sehr lichtstarker Lampe bei sich führte. Der Herr animierte uns dann zu einer filmisch dokumentierten Ausfahrt durch den Tagesstollen hinaus ans Licht, auf daß der spätere Besucher ein realistisches Bild der ausfahrenden Besucher sehen möge. Wir sahen zwar in unserem ziemlich angeschmuddelten Putz nun so gar nicht aus wie reguläre Besucher dieses Bergwerkes, aber wir taten dem Herrn den Gefallen - vermutlich werden sich die Betrachter dieses Videos noch in vielen Jahren fragen, wer denn diese verdreckte Schar gewesen ist...

Nach der Ausfahrt in den erfrischenden Nieselregen schloß sich eine beeindruckende Führung durch große Teile der historischen Tagebaue Staatsbruch und Kießlich - beide heute Naturschutzgebiet -  an, wobei wir eine Abbauebene nach der nächsten erklommen. Interessant waren dabei sowohl die aus Standsicherheitsgründen sehr sauber behauenen Stösse der Tagebauwände als auch ein Bach, der ehedem zwischen den beiden Tagebauen verlief und diese trennte. Erst in den 50er Jahren hat man den Bach verlegt und die darunter anstehenden Schieferlager abgebaut. Zwischenzeitlich hat man den Wall zwischen den Tagebauen wieder aufgeschüttet und der Bach verläuft wieder in originaler Höhe auf der Schüttungsmasse, um am Ende des Tagebaues in einem historischen, 800 m langen Wasserstollen zu verschwinden.

Von Abbauniveau zu Abbauniveau ging es weiter hinauf, vorbei an so manchem interessanten schwarzen Loch, das wir wohl gerne näher erkundet hätten.... schließlich erreichten wir ein Niveau, auf dem es hübsche Ausblühungen von allerlei Sulfaten gibt. Diese gehen auf den teilweise beträchtlichen Pyritanteil des Schiefers zurück, aus dem sich an trockeneren Überhängen im Laufe der Jahre dicke Krusten von Sekundärmineralien bildeten. Hierbei herrschen neben Gips das Haarsalz  Pickeringit sowie Slavikit vor - für die entsprechenden Formeln möge man unser in diesen Dingen sehr bewandertes Mitglied Thomas Witzke fragen. Immerhin, die Ausbeute an Ausblühungen war beträchtlich und manch hübsches Stüfchen Sekundärmineral wurde zur wissenschaftlichen Untersuchung geborgen. Während einige Mitglieder der GAG fleissig pickelten, schauten sich einige andere ein schön schiefern gemauertes Stollenmundloch an, das zu dem ehemaligen Hauptschacht der Grube mit dem noch zu besprechenden Göpel führte.
 
 

Abb.7: Göpelhaus in Lehesten

Schließlich erreichten wir den Top des Tagebaues und hier das historische Göpelhaus. Dergleichen gibt es, wie bekannt, nicht mehr allzuviele in Deutschland. Listen wir kurz einmal auf, was es da gibt :

- den Pferdegöpel "Rossgang" in Oberkaufungen bei Kassel, anscheinend der einzige "echt" erhaltene in Deutschland
- der nachgebaute Pferdegöpelbau in Johanngeorgenstadt
- ein händischer Göpel in einem eigenen Göpelhaus in Bad Sulza zum Ziehen von Solerohren
- der Göpel ebenhier in Lehesten
- ein Göpelnachbau im Bochumer Westfalenpark an der Zeche Christine
- Internet machts möglich, den kannte ich noch gar nicht :-)
 

Von außen sieht dieser Göpel denn auch noch so aus, wie man ihn von historischen Zeichnungen her kennt mit kreisförmiger Rennbahn für die Pferde und dem darangesetztem Schachthaus. Innen freilich weist nurmehr wenig auf die Originaleinrichtung hin - vielmehr prangt in der Mitte der Rennbahn eine originalgetreu erhaltene Dampffördermaschine anno 1890.. Für einige GAG - Mitglieder war dies etwas enttäuschend, da man hier doch einen Pferdegöpel erwartet hatte. Nun ja, eine historische Dampfmaschine ist ja auch etwas Feines und wer einen original erhaltenen Pferdegöpel am Originalstandort sehen will, muß halt nach Oberkaufungen bei Kassel fahren...

Letzter Höhepunkt der ausgezeichneten Führung war die wieder aufgebaute historische Schieferspalthütte, in der wir alle Gelegenheit hatten, den Gebrauch der Spaltwerkzeuge und der Schieferschere kennenzulernen. Ja - man höre und staune - dieses Gestein lässt sich mit einer Schere schneiden und das gar nicht mal schlecht. Darüberhinaus gab es eine größere Ausstellung zum Thema "Gebrauch des Thüringer Schiefers in der Bauindustrie", etliche luftdruckgetriebene Maschinen sowie noch ein paar interessante geologische Schmankerl, zu denen besonders ein großes Kieskalb = eine massive Pyrit - Sphärosideritkonkretion mit etwa 1 m Durchmesser sowie eine wirklich  schöne, komplett pyritisierte, tektonische S - Falte zählte.

Da wir am heutigen Abend noch Quartier machen mussten und zum Hohewarthestausee noch ein Stück zu fahren war, drängten einige hungrige Mitstreiter auf Aufbruch, sodaß wir uns nach einer wirklich empfehlenswerten und langen - 5 Stunden ! - Führung magenknurrend von Herrn Liebeskind verabschiedeten. So brausten wir davon und erreichten auch nach etlichen Umwegen eine Feriensiedlung am besagten Stausee, wo Herr Pfefferkorn uns zwei 4 - Bett - Bungalows gebucht hatte, die sinnvollerweise nach Rauchern und Nichtrauchern getrennt wurde. Da wir aber 9 Leute waren, mußte einer auf der Isomatte schlafen, wozu sich der an solche Strapazen gewöhnte Herr Krumrei opferte. Am Abend ging es dann noch in eine Gaststätte mit lokalem Flair zum Essen fassen und anschließend zurück ins Quartier, wo dann dem Gerstensaft heftig zugesprochen wurde. Es sei hier nicht verschwiegen, das das Team vom "Raucherhaus" hier wesentlich heftiger zuschlug und die Stimmung in diesem Gehäuse auch weit besser war als bei den vergleichsweise "drögen" Nikotinabstinenzlern... 
  

Abb. 8 : Gruppenbild mit Dame : Mitglieder der GAG bei der abendlichen Exkursions - Nachbereitung
(in Fachkreisen auch als "Apres - Spel" bekannt)

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Samstag, 08. September

Der Morgen dieses Tages war zwar ausnahmsweise mal sonnig, aber etliche Teilnehmer des letzten Abends haben davon wohl nicht sehr viel mitbekommen. Was gut, das der erste Termin des Tages erst das Mittagessen war... Mehr über den "Morgen danach" zu sagen, verbietet sich hier ! ....nun, wo waren wir stehengeblieben....ach ja, das Mittagessen. Dieses fand in der recht mondänen Gaststätte, pardon: Restaurant "Mellestollen" in Wittmannsgereuth statt. Wie der Name dies schon vermuten lässt, hat dieses Restaurant etwas mit Bergbau zu tun und wer das nicht weiß, der wird durch reichlich montanistische Kunstdarstellungen in den Gasträumen des Hauses unmißverständlich darauf hingewiesen. Während des guten und reichhaltigen Mahles erschien dann der Besitzer des Hauses und liess reichlich Photos von dem frisch aufgegrabenen Mellestollen in der Nachbarschaft kursieren. Dabei handelt es sich um eine von drei Betriebsabteilungen der 1943 - 1971 in Betrieb stehenden Eisenerzgrube Wittmannsgereuth, die in den 30er Jahren als Ersatzlagerstätte von der benachbarten Maxhütte für die zur Neige gehenden Kamsdorfer Erze prospektiert und erschlossen wurde. Es war dies eine der vier großen Eisenerzlagerstätten der späteren DDR, zu der außer Wittmannsgereuth noch Schmiedefeld im Thüringer Wald sowie die beiden Harzer Bergwerke Büchenberg und Braunesumpf gehörten. Das Restaurant Mellestollen wiederum war das ehemalige Kauen- und Sozialgebäude der gleichnamigen Betriebsabteilung und wurde seit der Wende aufwendig und liebevoll zu einem Restaurant und Tagungszentrum mit Saunalandschaft im Keller umgestaltet. Auch eine Webseite ist vorhanden http://www.mellestollen.de

Nach dem recht opulenten Mahl war es dann Zeit für eine Befahrung der Betriebsabteilung Breitenberg im Tal der ....., vor der wir den ehemaligen Betriebsgeologen Herrn Bartsch trafen. Zunächst gab es eine sehr ausführliche Einführung in die örtliche Geologie und den Lagerstättenaufbau, die für die zahlreich anwesenden Nicht - Geologen vermutlich streckenweise etwas schwer verständlich ausgefallen ist. Um so interessierter wurden dagegen die Grubenpläne angeschaut sowie die auf dem Tisch kursierenden Handstücke, von denen insbesondere ausgesprochen hübsche Kupferkieskristalle auffielen.

Abb.9: Modellartig ausgebildete Kupferkieskristalle in Kieselkalk, Grube Wittmannsgereuth

Besonderer Wert wurde von Herrn Bartsch auf den guten Aufschluß des "graugrünen Schieferbänkchens" gelegt, das reich an Schwermetallen ist und damit einen ähnlichen Horizont markiert wie der Faunenschnitt an der bekannten Kreide - Tertiärgrenze (Sauriersterben etc.) Und überhaupt sei die Grube Wittmannsgereuth der beste Ordovizium - Aufschluß weit und breit.

Nach einstündiger geologischer Einstimmung schritten wir zur Befahrung, wobei die Lagerstätte mit ihrem etwa 5 m mächtigen Eisenerzhorizont im bekannten Kammer - Pfeilerbau abgebaut wurde. Ungünstig für den Abbau waren zum einen senkrecht einfallende Karbonatgänge, die stellenweise recht dicht auftraten, zum anderen eine tektonische Zerstückelung des Erzlagers in einzelne, voneinander meist durch Vertikalstörungen getrennte Schollen. Trotzdem wirkt der Abbau in sich insgesamt recht regelmässig. Während die Grube montanhistorisch relativ wenig zu bieten hat - kein Wunder, handelt es sich doch auschließlich um modernen Bergbau seit 1947 - erfreut sie das Herz des Geowissenschaftlers umso mehr. Als besondere Höhepunkte seien hier einmal mehr die modellartig ausgebildeten Kupferkieskristalle bis zu 1 cm Größe genannt, die entgegen anders lautenden Gerüchten stellenweise in reicher Menge auftreten. Ebenfalls interessant sind die Karbonatgänge sowie einzelne Gänge magmatischer Tiefengesteine, die sich regelrecht "thermoerosiv" in das umgebende Nebengestein hineingeschmolzen haben. Herrn Bartsch sei ganz herzlich gedankt für die sehr ausführliche Befahrung !

Abb. 10: Geologische Instruktionen durch den Betriebsgeologen:
hier ordovizische Wellenrippeln

Abb. 11: Geologische Instruktionen II: Karbonatgänge in der Firste
und Kieselkalke mit Kupferkies - Kristallen im Abbau

Schließlich durften wir auch noch mehrmals das graugrüne Schieferbänkchen in natura bewundern, wobei ein spezieller Aufschluß wirklich modellhaft die lagenweisen Schwermetallanreicherungen durch linienartige Ausblühungen von  Kobaltarsenat (Erythrin) zeigt. Insgesamt eine geologisch wirklich interessante Grube.

Abb.12: ...und hier nun endlich das grüngraue Schieferbänkchen mit deutlichen
linearen Erythrinausblühungen als Schwermetall - Indikatoren

Nach der Ausfahrt ging es dann zurück an den Hohe Warthe Stausee, wo wir uns nach dem Abendessen für eine Befahrung des äußerst weitläufigen Kamsdorfer Revieres fertigmachten. Über einen Eingang in einem Garten fuhren wir durch endlos erscheinende Weitungsbaue vorbei an einem ziemlich laberigen Grubenbuch (UT - Analog eines Gipfelbuches !) und manch niedriger Strecke zum Schacht Glückstern, an dem es einige hübsche, in Trockenmauerung gesetzte Stützpfeiler zu bewundern gab.Unterwegs gab es noch jede Menge anderes zu sehen, was wir sicherlich gerne etwas näher inspiziert hätten. Freund Pfefferkorn legte jedoch ein solches Marschtempo vor, das man Mühe hatte, den Anschluß an die montane Gruppe nicht zu verlieren und sich unversehens alleine und orientierungslos in diesen überaus labyrinthischen Eingeweiden Thüringens wiederzufinden. Ziel der heutigen Exkursion war insbesondere die Hauptförderstrecke des Schachtes Glückstern, die breit und und gut befahrbar zu dem ehemaligen Tagebau Walter Ulbricht hinführt.

Abb. 13: Kamsdorf: Beschwerlicher Zuweg zum Exkursionziel (man beachte
die gesicherte Fahrtenkonstruktion)
 

Abb.14: Trockenmauerung und Förderstrecke am Schacht Glücksstern
 
 

Abb.15: Epsomit - Haarsalzausblühungen auf der Stollensohle

Dieser Tagebau diente später als Hausmülldeponie und so ist es in den entsprechenden deponienahen Stollenbereichen recht warm. An den Wänden dieses Stollens befinden sich seidenartige Haarsalzausblühungen in reichlicher Menge, die auch prompt von unserem Chefmineralogen Thomas Witzke ausgiebig beprobt wurden - vermutlich handelt es sich um Epsomit = Bittersalzbildungen. Falls also jemand während der Befahrung unter akuter Verstopfung leiden sollte, ist dies ein probates Mittel, da Bittersalz seit alterher therapeutisch als Abführmittel eingesetzt wird. Da sieht man einmal mehr, wozu eine Befahrung alles gut sein kann...

Auf dem Rückweg durch das Gebiet der Untertageverlagerung "Schneehase" mit noch erkennbaren Gleisen und Betoneinbauten machten wir noch Rast in einem reichlich mit hübschen, klaren, nadeligen Aragonitkristallen gesegneten Gebiet, wo die auch noch heftig untersucht wurden. Auf der Suche nach den Aragoniten entdeckten wir dann auch - Barbara sei Dank - einen Kasten mit Glasgefässen, die eine hellblonde, schäumende, schwach alkoholische Flüssigkeit mit starker Hopfennote enthielten, die wir mit einem fröhlichen Glück Auf austranken. Es ist immer wieder erstaunlich, was man Untertage so alles finden kann...Nach der Ausfahrt ging es dann zurück ins Quartier, wo wir mit dem Konsum nämlichen Getränkes weiter fortfuhren!

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Sonntag, 9. September:
 
Der Morgen graute in Regennässe und manchem graute es vor diesem Morgen....Immerhin, gegen 10 Uhr standen dann die meisten Teilnehmer wieder auf den Füssen, wenngleich etwas schwankend. Da manche am heutigen Tage schon nach Hause fahren wollten, teilte sich die Gruppe auf. Manche fuhren nach Hause, manche schauten sich ein wenig die Gegend an. Ich selber verspürte trotz schlechten Wetters baldige Aufbruchstimmung und fuhr zunächst zur nahen Burgstadt Ranis, wo ich mir die gleichnamige große Höhenburg mitsamt Museum anschaute. Auf dem Burghof gab es Thüringer Rostbratwurst und einige Burgfreunde kämpften dort in mittelalterlichem Gewande gegen schwere Regenböen an. Nicht lange jedoch und auch sie zogen sich in warme Kemenaten zurück...

Abb. 17: Burg Ranis - hier im strahlenden Sonnenschein, der uns
leider versagt blieb (Foto: C. Beyer, Weimar)

Von Ranis aus fuhr ich dann nach Kamsdorf, um hier im Zuge des heutigen "Tages des Offenen Denkmales" das gerade neu eröffnete Besucherbergwerk anzuschauen.. Ein guter Entschluß! Nach einiger Wartezeit durfte man dann behelmt und alleine einen Untertagerundweg antreten, in dessen Verlauf auf geschotterten Wegen man sowohl das Füllort des auch Übertage erhaltenen "Ersatzschachtes" als auch eindurcksvoll große Weitungsbaue zu sehen bekam. Hübsch sind auch die mannigfaltig ausgebildeten Liesegangschen Ringe im Zechsteinkalk, die auf den Stollenwänden pittoreske Muster entstehen lassen. Bald schon aber zeigte sich, das heute nur der kleinere Rundgang zu besichtigen ist, in dem insbesondere der neuzeitliche Eisenerzbergbau gezeigt wird. Der größere Rundgang indessen, der die historischen Baue erschließt, wird wohl erst im Oktober eröffnet. Nun ja, immerhin lustwandelte viel Volk durch die hohen Abbauhallen, die in der Regel auch hübsch ausgeleuchtet waren. Offensichtlich gab es da aber eine Art Wackelkontakt, denn alle paar Minuten ging das Licht eine ebensolche Anzahl von Minuten aus, sodaß das Publikum zeitweise im Dunkeln tappte. Überraschenderweise reagierten jedoch alle hierdrauf mit größter Gelassenheit und man wartete geduldig auf die nächste Erleuchtung...

 

Abb.18 und 19: Kamsdorf: Impressionen der neuzeitlichen Weitungsbaue im neueröffneten Schaubergwerk
Fotos: Rolf Weggässer / Kamsdorfer Bergbauverein

Nach gebührender Würdigung des wirklich schön hergerichteten Besucherbergwerkes fuhr ich wieder aus und wurde hier von einer Riesenmenge überrascht, die nun alle das Bergwerk noch besichtigen wollten. was gut, das ich schon im Regen hier angekommen war. Sodann fuhr ich zur wuchtigen Gasmaschinenzentrale der Maxhütte in Unterwellenborn, die als technisches Denkmal den Sanierungskahlschlag der letzten Jahre überlebt hat. Ungeachtet des "Tages des Offenen Denkmales" war hier aber leider alles verschlossen, was ich recht schwach fand. Anschließend traf ich mich dann mit dem Rest unserer Truppe am Aussichtspunkt über den Großtagebau Kamsdorf und unter viel Händeschütteln wurde die erste Gruppenexkursion der GAG für beendet erklärt und Abschied genommen. Fazit: Ein paar schöne Tage, die in ähnlicher Weise gerne im kommenden Jahr wiederholt werden können.

Ein dreifaches Glück Auf - Glück Auf - Glück Auf der Organisationsleitung und den Führern vor Ort und Übertage !