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Anmeldung

Altbergbau in Afrika
 
Vortrag von Dr. Thomas Krassmann, Rodenberg
gehalten auf dem 3. Internationalen Bergbauworkshop
in Freiberg / Sachsen im Oktober 2000
 


Nutzung von Granitblöcken zur Zerkleinerung von Golderzen in Eersteling um 1871
gemalt von Thomas Baines
 

Einführung:

Altbergbau in Afrika - dieses Thema erscheint offensichtlich zunächst vielen Menschen seltsam oder gar abwegig. Als der Autor gefragt wurde, ob er für den diesjährigen 3. Montanhistorischen Workshop in Freiberg erneut einen Vortrag halten wolle und er das Thema "Altbergbau in Afrika" vorschlug, erntete er zunächst ungläubiges Staunen und dann die Frage "Gibt es denn dort überhaupt alten Bergbau ?". Nun - es gibt ihn an vielerlei Stellen und in vielerlei Form.

Afrika ist nach den heutigen Kenntnissen der paläoanthropologischen Forschungen die Wiege der Menschheit und somit geht jede Form der Rohstoffgewinnung in diesem Kontinent viel weiter in die Vergangenheit zurück als in anderen Erdteilen. Später war Afrika die Heimat verschiedener Hochkulturen, von denen hier nur die ägyptische und die zimbabwesche genannt werden sollen. Noch viel später wurde der afrikanische Boden durch europäische Prospektoren und Kolonialisten nach Erzen, Rohstoffen und edlen Steinen systematisch durchkämmt und viele Bergwerke enstanden in der Folgezeit. Heute noch begründen zahlreiche dieser Bergwerke und ihre Produkte die Wirtschaftskraft ganzer afrikanischer Nationen oder stellen heute das bedeutendste - wenn nicht sogar das einzige - nennenswerte Exportgut eines schwarzafrikanischen Landes dar.

Afrika war und ist ein reicher Kontinent und es hat zu keiner Zeit an Versuchen gefehlt, diese Bodenschätze zu heben und sie zum Wohl ganzer Völker oder auch zum Profit Einzelner zu nutzen. Die postkoloniale politische Verunsicherung in vielen Ländern Afrikas haben zwar zeitweise zu einem Niedergang der Explorations- und Bergbauaktivität in weiten Gebieten Afrikas geführt, jedoch stellt man gerade in den letzten Jahren wieder einen dramatischen Anstieg in den Explorationaaktivitäten in Schwarzafrika fest, wobei auch wieder viele ausländische Bergbaufirmen bereit scheinen, sich langfristig zu engagieren.

Afrika war und ist jedoch auch der "dunkle Kontinent", in dem die schriftliche Überlieferung vergangener Ereignisse rar gesät und vor der Kolonialzeit praktisch nicht existent ist. Obwohl in der kolonialen Epoche eine systematische geologische Aufnahme weiter Landstriche stattfand und hierbei auch viele historische und prähistorische Bergbauaktivitäten dokumentiert wurden, so sind diese meist weder der Wissenschaft und schon gar nicht der interessierten Öffentlichkeit zugänglich. Derartige schriftliche Überlieferungen und Dokumente finden sich heute bis auf ganz geringe Ausnahmen auch nicht in den afrikanischen Ländern selbst, sondern in den Staats- und Firmenarchiven der früheren Kolonialmächte, in denen sicherlich noch manche hochinteressante Notiz und mancher Report über den afrikanischen Altbergbau ungesichtet liegt.

In Afrika selbst findet man wie gesagt dergleichen Notizen kaum. Es gibt dort jedoch vielerorts auch heute noch Gelegenheit zur Beobachtung von Techniken und zur Entdeckung von Technikrelikten, die in Europa schon lange ausgestorben oder abgerissen sind.

Abriß der afrikanischen Bergbaugeschichte

(vgl. hierzu die beigegebene Tabelle)
 

"Steinzeit - Bergbau": 

Definiert man Bergbau als gezielte Rohstoffgewinnung, so beginnt letzthin der Bergbau mit dem ersten gezielten Sammeln von geeigneten Steinen zur Fertigung von Faustkeilen und Pfeilspitzen. So gesehen liegen die Wurzeln allen Bergbaus irgendwo im ost- oder südafrikanischen Raum, wo zu irgendeinem sehr frühen menschheitsgeschichtlichen Zeitpunkt ein erster Homo habilis darüber nachsann, welche Steine zu diesem Zweck besonders geeignet wären und wo man dafür graben sollte.

Aber auch der Bergbau im klassischen Sinne hat zumindestens eine seiner Wurzeln im südlichen Afrika. In den Ngwenya Bergen im heutigen Swaziland befindet sich eine der ältesten Tiefbaue der Welt, welcher auf ein Alter von 43.000 Jahren datiert wurde (vgl. beigefügte Tabelle). Gegenstand des weiträumigen Abbaus, der bis zu 30 m Tiefe erreichte, war Hämatit in Form des silberglänzenden Eisenglimmers. Wie archäologische Funde im Bereich der heute geschützten Lion Cavern belegen, wurde das glimmerige Eisenerz gemörsert und vermutlich zu kultisch - kosmetischen Zwecken eingesetzt. Im Laufe der 20.000 Jahre (!) lang andauernden Bergbauperiode wurden dabei mehrere tausend Tonnen Erz gefördert, wobei interessant ist, das trotz des hohen Alters schon damals besonders für den Abbau geeignete Steinkeile gefertigt wurden. Zweifellos hat es ähnliche Bergwerke zur Gewinnung von Eisenglimmer oder auch Ocker als Farbstoff auch in vielen anderen Gebieten Afrikas gegeben.

Während der eigentliche Bergbau in Afrika also schon sehr alt ist, sind Hinweise auf Eisenverhüttung in Form von Rennöfen in Afrika erst sehr viel später zu finden. Die ältesten Verhüttungsanlagen Schwarzafrikas finden sich im westlichen Afrika und wurden auf das 5. Jahrhundert vor Christus datiert und sind damit um etwa 1000 Jahre jünger als vergleichbare Hüttenplätze im ägyptischen Kulturraum. Somit breitete sich die Verwendung des Eisens als Werkstoff vom Norden Afrikas allmählich nach Süden aus, wo in Südafrika die ältesten Eisenschlacken auf 300 n. Chr. datiert wurden.

Jahre : Kulturstufe / Ereignis :
   
   
~ 3 Millionen Erste Frühmenschen, frühe Steinartefakte
   
~ 500.000 Altsteinzeit
   
~ 200.000 Mittlere Steinzeit
   
~ 45.000 Jungsteinzeit, Eisenglimmerbergbau Swaziland
   
~ 3100  Beginn Altes Reich Ägypten
   
~ 1500  Beginn Neues Reich / Eisenzeit Ägypten
   
~ 500  Beginn Eisenzeit Westafrika
   
~ 300 n. Chr. Beginn Eisenzeit südliches Afrika
   
~ 1000 n. Chr. arabische Handelsstützpunkte in Ostafrika,
  Kupferbergbau Kansanshi
um 1400 Hochkultur Great Zimbabwe
   
ab 1500 portugiesische Küstenstützpunkte 
   
1615 / 1652 Erste Siedlungen am Kap
   
ab 1860 flächenhafte Kolonialisierung Afrikas mit
  anschließenden intensiven Prospektions-
  kampagnen und nachfolgendem Bergbau
   
1867 Entdeckung von Diamanten in Kimberley
   
1885 Erster großer Goldrausch in Barberton / Südafrika
   
1886 Entdeckung der Goldvorkommen am Witwatersrand
   

Tab. 1: Wichtige geschichtliche Eckdaten Afrikas
 

Bergbau der afrikanischen Hochkulturen:

Als Hochkulturen werden im allgemeinen solche Kulturen verstanden, die umgebenden Kulturräumen durch die Gestaltung besonders aufwendiger Architekturen und durch besonders große Kunstfertigkeit der archäologischen Funde voraus sind. Hinzu gesellen sich besondere akademische Fähigkeiten, die ihren Ausdruck häufig in präzisen astronomisch - mathematischen Kenntnissen oder der Entwicklung einer eigenen Schriftsprache finden.

Dies alles trifft zweifellos für die bekannteste der afrikanischen Hochkulturen - die ägyptische - zu, die ihren Anfang etwa 3100 v. Christus mit dem Beginn des Alten Reiches nahm. Bis vor wenigen Jahren wurde angenommen, das sich der Einfluß der pharaonischen Zentralgewalt ausschließlich auf das fruchtbare Niltal und einige Oasengruppen beschränkte und die weiten Wüstengebiete zwischen den Siedlungszentren den Nomaden überlassen blieben. Erst in jüngerer Zeit stellte man fest, das gerade die Wüstengebiete zwischen dem Niltal und dem Roten Meer -"Eastern desert"- als auch südlich von Assuan von den Pharaonen intensiv exploriert wurden und Bergbau an zahlreichen Stellen stattfand. Besonders erstaunlich dabei ist, das sich die Abbaustellen dabei häufig sehr weit entfernt von ganzjährigen Wasserstellen befanden. So konnte der Autor bei Geländearbeiten 1994 Goldwaschstellen in über hundert Kilometer Entfernung vom heutigen Assuansee besuchen, die sich in Form kleiner, regelmässig gestaffelter Waschhäufchen über mehrere hundert Meter Distanz erstrecken. Die Alten mußten hier eine immense logistische Aufgabe lösen, indem sie hinreichend Wasser aus gut 100 Kilometer Entfernung herantransportierten, um den unter den dortigen vollariden Bedingungen sehr hohen Wasserver-brauch für Mensch und Tier und für das eigentliche Goldwaschen als solches über längere Zeiträume zu gewährleisten.

Gold war das Hauptprodukt des altägyptischen Metallbergbaus, wie mittlerweile mehr als 700 bekannte Bergbauanlagen belegen. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das sogenannte "Turiner Minenpapyrus". Dabei handelt es sich um eine von dem Pharao Sethos I um 1300 v. Christus in Auftrag gegebene Bergbaukarte, die vermutlich die Situation der Goldgruben im Wadi Sid wiedergibt. In jedem Fall liegt mit diesem Dokument der älteste bisher bekannte Bergwerksplan der Welt vor.

Neben dem Gold, das an zahlreichen Stellen in den südlichen und östlichen Wüstengebieten Ägyptens abgebaut wurde, galt das Hauptaugenmerk der Ägypter der Kupfergewinnung, die vor allem im Sinai betrieben wurde und

einem umfänglichen Edelsteinbergbau. Hier sind insbesondere die gleichfalls im Sinai liegenden Türkisminen von Serabit el Khadem als auch die im Vortrag näher beschriebenen Smaragdgruben der Kleopatra im Wadi Sikait und am Djebel Zabara zu nennen. Eine beachtliche Leistung stellt auch die jahrhundertelange Gewinnung von verschleifbaren Peridotkristallen (= Olivin) auf der wasserlosen Insel Seberged in der Mitte des Roten Meeres dar, die ob ihres Edelsteinreichtums in der antiken Welt als Topazios bekannt war.

Schließlich muß auch noch der an vielen Stellen in Niltalnähe umgegangene Alabaster - Untertagebergbau genannt werden, bei dem der zu Steinschnitzereien begehrte Rohstoff aus hydrothermal entstandenen Gangzügen im Nubischen Sandstein gewonnen wurde und heute noch wird. Das Münchener Ehepaar KLEMM hat sich besonders um die Erforschung dieses wenig bekannten ägyptischen Bergbauzweiges verdient gemacht.

Die Erforschung des antiken ägyptischen Bergbaues steckt noch in den allerersten Anfängen. Erst jüngst haben erste gezielte archäologische Feldforschungen im Smaragdbergbaugebiet Wadi Sikait begonnen, obwohl es dort fast unbekannte Tempelanlagen und städtische Siedlungen gibt, deren Häuser heute noch - nach über 2000 Jahren - bis zur zweiten Etage erhalten sind. Zweifellos wird die Zukunft hier noch spektakuläre montanhistorische Forschungsergebnisse präsentieren, die zudem bedeutende Einblicke in den gesamten frühen mediterranen Rohstoffhandel ermöglichen.

Es fällt schwer, der Bedeutung des klassischen Ägyptens vergleichbare Kulturen in Afrika zu finden, doch gibt es eine Anzahl von Kulturen, die - obwohl deutlich hinter Ägypten zurückstehend - trotzdem aufgrund ihrer kulturell - architektonischen Leistungen deren Einstufung als Hochkultur rechtfertigen So ist die Kultur von Meroe im südlichen Sudan zu nennen, die interessanterweise auch Pyramiden errichtete, wenngleich von ganz anderer Form als die bekannten ägyptischen. Eine andere bekannte Hochkultur, dessen Existenz sich jedoch fast gänzlich ins Reich der Legende verliert, ist jenes in der Bibel erwähnte Königreich von Saba, das zu Zeiten des Königs Salomon durch seinen Reichtum an Gold und edlen Steinen von sich reden machte. Auch wenn heute zumeist davon ausgegangen wird, das das Königreich von Saba identisch mit dem späteren "Arabia Felix" - dem heutigen Jemen ist, so fällt auf, das es im gesamten Jemen überraschend wenig Bergbau gegeben hat. Sollte das legendäre Königreich von Saba doch an anderer - womöglich afrikanischer - Stelle gelegen haben ? Das im Dunkel des mangels einer eigenen schriftlichen Dokumentation und der verlorengegangenen alexandrinischen Schriftrollen liegende afrikanische Altertum weist sicherlich noch die eine oder andere bisher unbekannte Hochkultur und deren umfangreiche Bergbauspuren auf, die der wissenschaftlichen Entdeckung harren.
 

Bergbau im präkolonialen Afrika:

Mit dem graduellen Einsetzen der Eisenzeit in Afrika finden sich vielerorts Anzeichen von gezielter Rohstoffgewinnung und -veredlung, die weit über den vorher üblichen Rahmen hinausreichen. Ab dieser Zeit wurde neben Eisen auch zunehmend Kupfer, Zinn und Gold gewonnen, wobei interessanterweise in Afrika eine gut ausgebildete separate "Bronzezeit" zu fehlen scheint, beziehungsweise nur sehr lokal ausgebildet ist.

Während das Eisen und Kupfer vorzugsweise nahe den Abbauen geschmolzen, verarbeitet und anschließend im wesentlichen im näheren Umfeld gehandelt wurde, sind für den präkolonialen afrikanischen Goldbergbau weitreichende Fernhandelsrouten. Das in den westafrikanischen Staaten der Goldküste (Name !) - den heutigen Staaten Ghana und Guinea - gewonnnene und auch dort verschmolzene Erz wurde quer durch die Wüste Sahara mittels Kamelkarawanen in den Mittleren Osten und in den Mittelmeerraum gehandelt. Doch auch in Ghana selbst wurde das dort in reichen Mengen vorkommende Metall geschätzt. Es diente in Form von Goldstaub als Währung und wurde zu kunstfertigen Ornamenten und Schmuckstücken geschmiedet.

Auch im Gebiet des heutigen Zimbabwe waren noch vor dem Jahr 1000 nach Christus zahlreiche Goldbergwerke in Betrieb, die ihre größte Blüte erst im 14. und 15. Jahrhundert erreichten und unter anderem den Wohlstand des an der heutigen tansanischen Küste liegenden Königreiches Kilwa begründeten. Von hier aus wurde afrikanisches Gold über den Seeweg bis nach Indien und den fernen Osten gehandelt. Zur Blütezeit dieses Bergbaus wurden ungefähr 1 Tonne Goldmetall pro Jahr produziert und in der bedeutenden Festungsstadt Groß - Zimbabwe gehandelt.

***

Bergbau im präkolonialen Afrika unterschied sich in mancherlei Hinsicht von dem zu derselben Zeit in Europa praktizierten Bergbaumethoden. Obwohl auf seine Weise durchaus erfinderisch, drangen die schwarzen Bergleute doch nie sonderlich tief in den Felsen ein, besonders dann nicht, wenn sie auf Grundwasser stiessen. Wasserhebungskünste oder umfangreiche Wasserlösungsstollen fanden sich dagegen im präkolonialen Afrika bisher nicht.

Noch heute zeigt sich an vielerlei Beispiel, das schwarze Bergleute in Eigenregie zwar durchaus und ohne große Umstände bereit sind, tiefe Löcher auszuschachten oder umfangreiche und in sich häufig sehr verwinkelte Stollensysteme anzulegen, das jedoch kaum eine Bereitschaft besteht, Pumpen zur Wasserhaltung zu installieren oder aufwendige Stollenbauten zur Wasserabführung anzulegen. Die Idee der "Posterität", also der generationenlangen Vorarbeit zur Sicherung der Nachhaltigkeit des Bergbaus für die künftigen Generationen, wie er für die oft jahrzehntelange Auffahrdauer von langen Wasserlösungstollen in vielen europäischen Bergbaurevieren üblich war, findet sich in Afrika nicht.

Somit mußten die afrikanischen Bergwerke bei starken Grundwasserzutritten bereits in oberflächennahen Bereichen aufgegeben werden. Selbst ohne den Zutritt von Grundwasser kam es meist zu einem Absaufen der offenen Gruben während der alljährlichen Regenzeiten. Nur unter besonders günstigen hydrogeologischen Gegebenheiten wie tiefen Grundwasserstand bei gleichzeitig stark klüftigem Gestein, konnte unter solchen Bedingungen eine Rohstoffgewinnung größere Teufen erreichen. Präkolonialer afrikanischer Bergbau ist daher fast ausschließlich Bergbau in den ausbeißenden Oxydationszonen der Lagerstätten, wie beispielsweise besonders anschaulich die schon damals bekannten Kupferlagerstätten Kansanshi in Sambia und Tsumeb in Namibia zeigen. Ein Abbau der Reicherze der Zementationszonen war mit einem solchen Bergbau dagegen praktisch nicht möglich und blieb den späteren Kolonialmächten vorbehalten.

Durch das regelmässige Absaufen der Grubenbaue in den afrikanischen Regenzeiten kam es alljährlich zu Zwangspausen in der Rohstoffgewinnung, die letzthin fast ausschließlich in der Trockenzeit stattfand. Während den Männern dabei im allgemeinen die Arbeit der eigentlichen Erzgewinnung zufiel, waren die Frauen mit der Zerkleinerung und der Anreicherung des Goldes beschäftigt, wobei bis heute noch nicht restlos geklärt ist, auf welche Weise diese Anreicherung erfolgte. Häufig hatte der Bergbau eine fast sakrale Bedeutung, besonders wenn es um die Gewinnung von heiligen Rohstoffen wie Ocker, Eisenglimmer, Farberden und Gold ging. Wie viele andere afrikanische Lebensgebiete, so war auch der Abbau von Rohstoffen weit mehr noch als im mittelalterlichen Europa von Tabus und Aberglauben umrankt.

Der präkoloniale afrikanische Bergbau kam praktisch bereits kurz nach den ersten europäischen Handelskontakten weitgehend zum Erliegen, da die afrikanischen Abbaumethoden - insbesondere die mangelnde Wasserhaltung - nicht leistungsfähig genug waren, die europäische Nachfrage langfristig zu befriedigen. Dies führte sehr schnell zu einem Raubbau und einer Erschöpfung der guten, leicht gewinnbaren Erzpartien und mithin relativ kurzfristig zum Niedergang der präkolonialen afrikanischen Bergbaukultur.
 

Bergbau im kolonialen Afrika:

Nachdem arabische Händler bereits um 1000 n. Chr. die ersten Handelsstützpunkte an den ostafrikanischen Küsten gegründet hatten, dauerte es rund weitere 500 Jahre, bevor die ersten Europäer folgten. Anfang des 16. Jahrhunderts waren es zunächst Portugiesen, die an den Küsten Afrikas Handelsposten und erste kleine Ansiedlungen gründeten, aus denen sich später die großen portugiesischen Kolonien Angola, Guinea und Mocambique entwickeln sollten. Die legendären Goldminen des südlichen Afrikas veranlassten die Portugiesen zu zahlreichen Expeditionen in das unwegsame und fieberverseuchte afrikanische Binnenland bis hin zu der damals gerade in Blüte stehenden Festungsstadt Groß - Zimbabwe. Es gelang ihnen jedoch nie, die dortigen Goldbergwerke unter ihre Kontrolle zu bringen oder eigene größere Bergbauaktivitäten im Inneren Afrikas zu entwickeln.

Eine weitere berühmte frühkoloniale Bergbauunternehmung stellt jene von Simon van der Steel dar. Holländern, die die Kapregion seit 1652 dauerhaft besiedelten, kamen immer wieder Gerüchte von sagenhaft reichen Kupfervorkommen im nördlichen Hinterland zu Ohren. Daraufhin wurde 1685 eine gut ausgerüstete Bergbauexpedition auf den Weg geschickt, die durch Buschmänner geleitet weit nach Norden bis in die Halbwüste des Namaqualandes vordrang und hier bei dem Ort Ookiep tatsächlich gewaltige Kupfervorkommen nachweisen konnte. Die Lage der bereits von den Buschmännern oberflächlich ausgebeuteten Lagerstätte war jedoch so abgelegen, das eine wirtschaftliche Nutzung zum damaligen Zeitpunkt ausgeschlossen war. Erst 200 Jahre später wurde 1852 mit dem großzügigen Aufschluss der Lagerstätten durch cornische Bergleute begonnen, die einen florierenden Bergbau bis zum heutigen Zeitpunkt einleiteten.

In ganz ähnlicher Weise wurden verschiedene andere den Buschmännern und schwarzen Völkern seit langem bekannte Lagerstätten den weissen Prospektoren gezeigt. Tsumeb in Namibia, Broken Hill, Kansanshi und Bwana Mkubwa in Sambia, die Zinnvorkommen des Jos Plateaus in Nigeria, die Goldvorkommen von Ghana und die Großlagerstätte Phalaborwa in Südafrika sind Beispiele für den Einheimischen bekannte Erzvorkommen, die später von den weissen Kolonisatoren überaus erfolgreich und nachhaltig entwickelt wurden. Auf ihrer Suche nach verwertbaren Rohstoffen kam es dabei zu einer Konkurrenz der verschiedenen Kolonialmächte, die teilweise zu einem fast skurillen Wettrennen um Einflußsphären führte. Der eigenartig gewundene heutige Grenzverlauf der kongolesischen Kupferprovinz Shaba = Katanga, die das südlich angrenzende Nachbarland Sambia fast in zwei Hälften zerschneidet, ist ein solches noch heute sichtbares Zeugnis für das Wettrennen zwischen belgischen und britischen Kupferprospektoren.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die umfassende Kolonialisierung Afrikas, die dem Versuch einer weitgehenden Europäisierung dieses Kontinents gleichkam. In rascher Folge gelang die Entdeckung großer, ja spektakulärer Mineralfunde, besonders im südlichen Afrika. Neben den bereits genannten Beispielen des Kupfergürtels in Sambia / Zaire sei hier noch besonders auf die Entwicklung der Goldfelder im heutigen Südafrika eingegangen, die sich - trotz vieler ungenannter Mißerfolge - heute wie ein jahrzehntelanger Prospektorentraum liest. 1871 wurden zum erstenmal bedeutende Goldvorkommen bei Eersteling nahe Pietersburg entdeckt, die - in prophetischer Vorwegnahme der Zukunft - genau so benannt wurden. Nur zwei Jahre später wurden die reichen alluvialen Goldfelder von Lydenburg im Ostransvaal entdeckt, die den ersten südafrikanischen Goldrausch auslösten. Zehn Jahre darauf wurden ebenso reiche Goldvorkommen bei De Kaap entdeckt und wenig später wurde ein zweiter Goldrausch durch die Neufunde im Barberton - Mountainland ausgelöst. Den Höhepunkt dieser raschen Entwicklung stellte aber zweifellos die Entdeckung der goldführenden Konglomerate des Witwatersrandbeckens im Jahr 1885 dar, das in der Folgezeit zu dem bedeutendsten Goldbergbaurevier der Welt avancieren sollte. Bis in die heutige Zeit hat es diesen Rang inne, wobei das Gold heute aus einer Tiefe von bis zu 4000 m (!) gefördert wird.

Neben Gold wurden im südlichen Afrika in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitere bedeutende Rohstoffe gefunden, von denen besonders die Entdeckung der Diamanten hervorgehoben werden muß. Die eigenartig funkelnden Kiesel, die von Bauernkindern am Oranjefluss 1867 beim Spielen entdeckt wurden, führten im Laufe der nächsten fünf Jahre zu einem Diamantenrausch nie gekannten Ausmaßes. Es stellte sich jedoch ziemlich bald heraus, das die Kiese und Sande des Oranje, des Vaals und einiger Nebenflüsse zwar Diamanten in zuweilen beträchtlicher Menge enthielten, das jedoch die primären und letzthin reicheren Vorkommen weit davon entfernt lagen. 1870 wurde ein fünfzig Karat großer Stein auf der Farm Jagersfontein fernab von größeren Flüssen gefunden und leitete die Entdeckung und Erforschung der Kimberlitröhren ein. Durch diese sehr tief in die Erde hineinreichenden vulkanischen Explosionsröhren - so lautet die heute allgemein anerkannte Entstehungstheorie - wurden die Diamanten aus 150 Kilometer Erdtiefe in oberflächennahe Bereiche gefördert. Besonders die 1871 entdeckte und in der Folgezeit rasch abgebaute große Kimberlitröhre von Kimberley wurde international bekannt als "Big Hole" - dem angeblich größten von Menschenhand jemals gegrabenen Loch. Inwieweit sich diese Aussage angesichts der Dimensionen moderner Kupfer- und Eisenerztagebaue mit einer Ausdehnung von mehreren Kilometern und bis zu 800 m Teufe heute noch halten lässt, sei dahingestellt. In jeden Fall aber handelt es sich bei der heute als Museum zu besichtigenden Grube um ein überaus imposantes montanes Denkmal von Weltrang.
  
  
Abbaumethoden im "Big Hole" in Kimberley mittels Drahtseilbahnen anno 1875
 


Heutige Ansicht des "Big Hole" in Kimberley
 

Im 20. Jahrhundert setzte sich die Entdeckung bedeutender Lagerstättenbezirke im südlichen Afrika bis in die heutige Zeit fort. Neben der Entdeckung reicher alluvialer Diamantenfelder im küstennahen Bereich des südlichen Namibias durch August Stauch 1908 sind besonders der Fund und die Ausbeutung umfangreicher Mangan-, Eisen-, Platin- und Chromerzfunde zu nennen, zu denen sich erst in jüngster Zeit die Entdeckung bedeutender Industriemineralvorkommen wie Fluorit, Andalusit und Schwermineralsanden gesellt.

Der Bergbau auf diesen in der Kolonialzeit entdeckten Lagerstätten, von denen die meisten seit ihrer Entdeckung in kontinuierlicher Förderung stehen, leitet vom historischen Altbergbau zum modernen Bergbau über und verläßt so allmählich den zeitlichen Rahmen dieser Ausarbeitung. Es sei jedoch noch gesagt, das sich - ähnlich wie in Europa - an verschiedenen, heute oft abgelegenen Plätzen, vielerlei montantechnische Relikte des Kolonialzeitalters erhalten haben. Durch diese Abgelegenheit und das oftmals semiaride oder vollaride Klima finden sich heute an vielen afrikanischen Orten relativ gut erhaltene Stampfbatterien, cornische Maschinenhäuser, Fördergerüste, "klassische" Aufbereitungsanlagen und ähnlicher "Edelschrott". Montanhistorische Technik eben, wie sie in dieser Form in Europa nicht mehr existiert oder aber in rekonstruierter Form als museales Exponat dient. Auch aus diesem Blickwinkel heraus offenbart der afrikanische Kontinent dem Altbergbauforscher manch interessantes Studienobjekt.
 

Resume:

Durch den modernen Bergbau der Kolonial- und Postkolonialzeit wurden zweifellos viele historische und prähistorische Bergbaubefunde ausgelöscht. Auf der anderen Seite sind durch diesen Bergbau auch zahlreiche derartige Stellen und Funde bekannt und zugänglich gemacht worden. Als letztes Beispiel sei hier der Fund des Rhodesien - Mannes genannt, einer 200.000Jahre alten Frühmenschenform, deren Knochen in einer durch den Zinkbergbau aufgeschlossenen Kalksteinhöhle in Broken Hill - Kabwe / Sambia 1921 gefunden wurden. Dieser Mensch muß seinerzeit in einer als Wohnraum wahrhaft einmaligen, von Zink- und Bleiphosphatkristallen übersäten Umgebung gelebt haben, die den Verdacht nahelegen, das es sich hierbei wohl um den ältesten Bergmann der Welt handeln könnte.

Afrika ist und bleibt bis in die heutige Zeit hinein ein außergewöhnlicher und an Geheimnissen reicher Kontinent, der nach wie vor nur sehr unzureichend erforscht ist. Dieser Vortrag und dessen erweiterte Ausarbeitung sollte einen kleinen Einblick in die Fülle der Erscheinungsformen des historischen Bergbaus Afrikas geben. Eine reiche Fülle eines reichen Kontinentes, der nach wie vor darauf wartet, von der Bergbauforschung entdeckt - und ernstgenommen - zu werden.
 
 

Anhang: Beispiele afrikanischen Altbergbaus im Vortrag:

Im begleitenden Vortrag wird besonders auf zwei Beispiele antiken Bergbaus in Afrika eingegangen: auf den bereits weiter oben im Text genannten Smaragdbergbau der Kleopatra in der östlichen ägyptischen Wüste mit zahlreichen heute noch gut erhaltenen antiken Häuser- und Bergbauresten sowie auf die erst in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erschlossenen Kamativi - Zinnbergwerke im nördlichen Zimbabwe. Obwohl - oder gerade weil der moderne Zinnbergbau hier 1993 eingestellt wurde, wird heute von den in Kamativi ansässigen und durch die Stilllegung des Bergbaus arbeitslos gewordenen Schwarzen in Eigeninitiative ein intensiver Seifenbergbau betrieben, wie er in dieser Form in vielen Zinnbergbaurevieren Sachsens im Mittelalter üblich war. Dem Autor bot sich bei einer Exkursion im Jahre 1997 die Gelegenheit, diese in Europa heute praktisch ausgestorbene Technik in einer Fotoserie dokumentieren zu können. Die Kooperative, die die Seifenproduktion der etwa 200 schwarzen Seifer vermarktet, vermag mit dieser Gewinnungsmethode kumulativ monatlich 5 Tonnen Zinnsteinkonzentrat zu produzieren.
 

Literatur:

ANHAUESSER, C.R. & MASKE. S. (1986, Eds): Mineral Deposits of Southern Africa, 2335 Seiten, herausgegeben von der Geological Society of Southern, Africa, Johannesburg 1986 

COWEY, A. (1994): Mining and Metallurgy in South Africa - A Pictorial History, 120 Seiten, herausgegeben von MINTEK South Africa 

KLEMM,D & KLEMM, R. (1993): Steine und Steinbrüche im Alten Ägpyten, 465 Seiten, Springer Verlag Heidelberg 1993