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Der Zeitraum der Darstellung ergibt sich einerseits aus dem Umstand, daß die Geschichte des Gezähes in der Antike und im Mittelalter schon an anderer Stelle dargestellt worden ist 1. Andererseits gab es bald nach 1850 derart einschneidende Veränderungen bei Gewinnung und Vortrieb, daß hier eine Zäsur gemacht werden muß: 1855 erfand Bartlett seine Bohrmaschine zur Herstellung von Sprenglöchern, 1865 erfand Nobel aus Nitroglyzerin und Kieselgur das hochbrisante Dynamit. Die Vortriebsleistung, die pro Mann und Schicht bei reiner Schlägel- und Eisenarbeit noch bei durchschnittlich 3 – 6, maximal 10 cm pro Tag gelegen hatte, und die seit der Einführung des Schießens im Bergbau 1617 auf 15 cm pro Tag gesteigert werden konnte, erreichte seit der Anwendung neuzeitlicher Sprengstoffe eine durchschnittliche Monatsauffahrung von zunächst 20 – 40 m, später von bis zu 150 m. Die Darstellung der bergmännischen Gewinnungsarbeiten und damit auch des dabei verwendeten Gezähes gliedert sich traditionell in Wegfüllarbeit, Keilhauenarbeit, Schlägel- und Eisenarbeit, Hereintreibearbeit und in das Bohren und Schießen. Das Feuersetzen soll nicht dargestellt werden. 2 Der Stiel wurde früher als Helm, die Stelle, in die der Helm gesteckt wurde, als Auge bezeichnet. Die Stelle, auf die beim Gezähe geschlagen wurde und mit der geschlagen wurde, wurde als Bahn bezeichnet.


Das Gezähe der Wegfüllarbeit war die Schaufel, die Gabel, die Kratze, der Kräll und der Trog. Die Form und das Material der Schaufel verstehen sich von selbst. Die Gabel wurde bei der Gewinnung von Seifen angewendet. Sie bestand aus meist 9 eisernen Zinken und war an einem Stiel befestigt. Von der Kratze, die immer aus Eisen bestand und mit einem Stiel versehen war, gab es zwei verschiedene Ausführungen, die Krückenkratze oder die Spitzkratze. Die Krückenkratze bestand aus einem halbrunden bzw. „halbovalen“ Blatt, das mit einem Öhr zur Aufnahme des Stiels verbunden war. Auf der anderen Seite des Öhres befand sich eine Verstärkung, mit der auf zusammengebackenes Haufwerk geschlagen werden konnte. Die Spitzkratze hatte entweder ein vierseitiges oder ein herzförmiges Blatt. In beiden Fällen war die Kratze mit einer Spitze und mit einer vom Öhr ausgehenden Verstärkungsrippe versehen. Auch die Spitzkratze war auf der dem Blatt entgegengesetzten Seite mit einer Verstärkung zum Schlagen versehen. Später hat sich bei der Spitzkratze die dreieckige Form durchgesetzt. Der Kräll war ein harkenähnliches Gezähe zum Wegfüllen des Haufwerkes. Es bestand aus stumpfen, in der Regel aus Eisen hergestellten Zinken an einer Querschiene, die an einem Stiel befestigt war. Der Trog war aus Holz gefertigt, flach und muldenförmig und war mit Eisenbändern beschlagen. Er hatte entweder Höhlungen an den Seiten zum Anfassen oder war mit Handgriffen versehen. Das mit der Kratze auf dem Trog gezogene Haufwerk wurde in den Hund gekippt. Statt des Troges konnte für die Förderung bis zum Hund oder Laufkarren auch ein Bergkorb oder ein Schleppkasten verwendet werden.

 

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Abb. 1. Hinten: Trog (19. Jh.), darauf eine Krückenkratze (19. Jh.). Vordere Reihe, links: offener Harzer Frosch für Fettbrand aus Messing (18. Jh., 2. Hälfte), rechts: Spitzkratze (19. Jh.)


Das Gezähe der Keilhauenarbeit war die Keilhaue, die Doppelkeilhaue, die Lettenhaue und der Schrämhammer. Bei dieser Gewinnungsarbeit wurde weicheres Gestein losgehackt. Bei der gewöhnlichen Keilhaue war das eine Ende als Spitze ausgebildet, das andere Ende war rund oder platt. Bei dem Typ, der bis heute verwendet wird, war das der Spitze gegenüberliegende Ende zum Hämmern ausgebildet. Befestigt waren alle Keilhauen und der Schrämhammer an einem Stiel. Bei der Doppelkeilhaue waren beide Enden mit einer Spitze, oder das eine Ende mit einer Spitze, das andere mit einer Schneide versehen. Die Lettenhaue war von ähnlicher Form wie die gewöhnliche Keilhaue. Statt der Spitze hatte sie aber eine breite, oft sehr unterschiedlich geformte Schneide. Beim Schrämhammer, der in sehr unterschiedlichen Größen verwendet wurde, war das eine Ende immer als Spitze, das andere Ende als Hammer ausgebildet. Da die Spitzen der Keilhauen rasch stumpf wurden, gab es ab der 2. Hälfte des 19. Jhs verschiedene Keilhauentypen, bei denen sich die Spitze leicht von dem Rest der Keilhaue trennen ließ. Dadurch mußte der Bergmann am Ende der Schicht nicht die komplette(n), schwere(n) Keilhaue(n) zum Bergschmied bringen, sondern ließ sie vor Ort und nahm nur die Spitzen mit.

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Abb. 2. Von oben nach unten: Schrämhammer (18. Jh.?), Rundlochkeilhaue (18. Jh.), Keilhaue aus dem Kupferschiefer (um 1500).


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Abb. 3. Drei Keilhauen aus der 2. Hälfte des 19. Jhs. In der Mitte mit auswechselbarem Blatt aus dem Kupferschiefer, darunter mit auswechselbarer Spitze.

Das Gezähe der Schlägel- und Eisenarbeit war der Schlägel und das Eisen. Den Schlägel gab es in unterschiedlichen Formen und Größen. Er hatte in der Regel ein Gewicht von 2 – 4 Pfd., einen quadratischen, an den Kanten gebrochenen Querschnitt, ein längliches, viereckiges Auge (= Loch für den Stiel) und sehr gut gestählte Bahnen. Der Körper der älteren Schlägel ist in der Höhe des Auges verdickt.


Abb. 4. Von oben nach unten: Treibefäustel (18. Jh.), zwei Schlägel (18. Jh.)

Das Bergeisen, das wichtigste Gezähe vor dem Einsatz von Pulver, war wie das Ritzeisen und das Sumpfeisen im Grunde ein Spitzkeil, der zur Schonung der Hand an einem Stiel gehalten wurde. Das Bergeisen hatte im Laufe der Jahrhunderte die unterschiedlichsten Längen, in der Regel 12 – 17 cm. Für Feinarbeiten wurden kurze Bergeisen von 8 - 10 cm verwendet. Neben den mit Stiel versehenen Bergeisen fanden auch ungestielte Bergeisen Verwendung. Die Form des Bergeisens variierte sehr stark und war z. T. vom abzubauenden Erz, z. T. von den örtlichen Gewohnheiten abhängig. Auch beim Bergeisen war der Körper in der Höhe des Auges verdickt. Der Körper des Bergeisens bestand aus verschiedenen, unterschiedlich harten Teilen. Seine Spitze war gestählt oder enthielt einen Einsatz von Stahl, der Rest bestand aus mehreren Abschnitten unterschiedlich harten Eisens. Das Bergeisen wurde mit dem Schlägel in das Gestein, bzw. in das Erz hineingetrieben. Beim Streckenvortrieb, beim Abteufen, beim Aufhauen oder beim Abbau wurde ein (Orts-)Stoß in Tagewerke unterteilt, d.h. in Gesteinspakete von einer solchen Größe, daß sie ein Bergmann in einer Schicht herausschlagen konnte. Diese Tagewerke wurden nach der Herstellung eines Schramms in der Mitte, dem Einbruch, in einer bestimmten Reihenfolge herausgeschlagen.



Abb. 5. Ortsbrust eines Querschlages im Unteren Tiefen Talstollen der Grube St. Sebastian bei Goldhausen. Photo und Eigentümer: Prof. Dr. Gerd Weisgerber, Recklinghausen

Wenn regelmäßige Gesteinsflächen an der Firste, Sohle und an den Stößen (Decke, Boden und Seiten von Stollen und Strecken) hergestellt werden mußten, dann erfolgte dies durch Brunnen, d.h. durch Herstellung paralleler, gleichtiefer Rillen. Zwischen zwei solchen Rillen blieb ein Grat stehen. Wenn durch solche dicht an dicht angelegte Reihen von Rillen allmählich ein Gesteinspaket abgetragen war, dann wurde als letzter Arbeitsschritt mit einem sehr kurzen Bergeisen, das sich besser führen ließ, dieser Grat weggehauen. Die Spitze der Bergeisen wurde rasch stumpf und das Bergeisen mußte ausgetauscht werden. Die Angaben über die pro Schicht benötigten Bergeisen schwanken stark, z. T. ist von 30 - 40 Stück die Rede. Sie wurden an zuerst ledernen, später aber eisernen Eisenriemen über der Schulter getragen. Der Eisenriemen bestand einerseits aus einem gekrümmten Bügel für die Schulter mit an beiden Enden aufwärts gebogenen Haken. In diese Haken konnten andererseits je ein flaches Bandeisen eingehakt werden, das an einem Ende mit einem Loch versehen war und an anderen Ende in eine Verdickung auslief. Die Breite des Bandeisens entsprach der Breite des Auges der 6 - 12 daran aufgefädelten Bergeisen.


Abb. 6. Eisenriemen (18. Jh.), darüber ein offener Frosch für Fettbrand aus Eisen (18. Jh, 1. Hälfte) aus dem Erzgebirge

Dagegen hatte der Bergmann für die Bergeisen nur 1 – 2 Stiele dabei, die an die neuen Bergeisen gesteckt und nach Bedarf mit dem Schärper-Messer beschnitten wurden. Das Sumpfeisen diente bei der Abteufung von Schächten zur Arbeit in der von Wasser gefüllten Sohle des Schachtes, also im Sumpf. Es hatte die Form eines Bergeisens und in der Regel eine Länge von 20 bis etwas mehr als 30 cm. In dem Maß wie das Bohren und Schießen an Bedeutung gewann, ging die Bedeutung der Schlägel- und Eisenarbeit zurück. Von der Verwendung im Kupferschieferbergbau bis circa 1919 einmal abgesehen, läßt sie sich auf alten Photos aber noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts für die Erstellung von Bühnlöchern und bei der Arbeit an Bergemauern nachweisen.


Abb. 7. Von oben nach unten: Ritzeisen (17. Jh.), Fimmel (18. Jh.), ungestieltes Bergeisen (16. oder 17. Jh.), rechts daneben: Bergeisen (16. oder 17. Jh.)

Das Gezähe der Hereintreibearbeit war der Treibefäustel, der Keil, das Ritzeisen, der Fimmel, das Legeblech, der Plötz, die Brechstange und der Schrämspieß. Der Treibefäustel war von der Form her dem Schlägel ähnlich, aber viel größer (12 - 20 Pfd.), da er zweihändig geführt wurde. Keil, Plötz und Fimmel dienten als einzelne oder zusammen mit mehreren durch Hereintreiben zum Auseinanderbrechen des Gesteins.


Abb. 8. Großfäustel (17. Jh.?), Plötz (16. Jh.). Photo: Naturhistorisches Museum Wien; Eigentümer: Helmut Prasnik, St. Magdalen, Österreich



Abb. 9. Hans Holbein d. J.: Bergbau in den Alpen (16. Jh., Mitte). Photo und Eigentümerin: British Museum, London


Die Bahn und bei Keil und Fimmel die „Schneide“ bzw. die Spitze waren sehr gut gestählt. Die Größen waren sehr unterschiedlich. Die Form des Keils hing von der Zähigkeit des Gesteins ab. Der Körper lief von vom Rücken herab schräg gegeneinander und nach unten zu einer „Schneide“ zusammen. Bei den älteren Keilen (Agricola) war der mit der Bahn versehene Kopf breiter als der darunter liegende Rücken. Der Plötz war dem Keil sehr ähnlich, auch bei ihm lief der Körper nach unten schräg aufeinander zu, ihm fehlte aber das gänzliche Zusammenlaufen zu einer „Schneide“. Die Legebleche waren ganz dünne Keile, die paarweise in die Ritzen eingelegt wurden, um zwischen ihnen Keile, Plötze und Fimmel einzutreiben. Das Ritzeisen diente zur Anlage solcher Ritzen. Es war von der Form dem Bergeisen ähnlich; doch während das Ritzeisen 25 - 40 cm lang werden konnte, blieb der Körper so dick wie ein durchschnittliches Bergeisen. Der Fimmel war vom Querschnitt her ein pyramidal geformter Keil, dessen oberes Ende sich zur Bahn des Kopfes hin wie bei den älteren Keilen verjüngt.



Abb. 10. Obere Reihe: Keil (16. Jh.), offener Frosch für Fettbrand aus Ton (16. Jh.). Untere Reihe: mittleres und kleineres Legeblech (16. Jh.)

Die bergmännische Brechstange war eine vierkantige Eisenstange von sehr unterschiedlicher Länge, welche an der einen Seite entweder in eine Spitze oder in eine stumpfe Schneide auslief. War die Schneide in einem stumpfen Winkel angesetzt und gespalten, dann nannte man das Brecheisen einen Ziegenfuß. Das andere Ende der Brechstange mündete in eine Bahn, auf die mit einem Treibefäustel geschlagen werden konnte. Eng damit verwandt war der Schrämspieß, der auch bei der Schlägel- und Eisenarbeit verwendet wurde. Dies war eine gerade, vierkantige Eisenstange, deren eine Seite eine gestählte, pyramidale Spitze oder Schneide hatte und deren anderes Ende mit einer Bahn versehen war, auf die mit einem Treibefäustel geschlagen werden konnte.

Das Gezähe des Bohrens und Schießens war der Bohrer, der Fäustel, der Krätzer, der Lettenstampfer und die Räumnadel. Die erste sicher verbürgte Anwendung von Schießpulver zum Sprengen im Bergbau erfolgte 1617 in Le Thillot in den Vogesen. Danach setzte es sich aber nur langsam durch. Zunächst als Hilfsmittel zur Unterstützung der Schlägel- und Eisenarbeit eingesetzt, war das Schießen durch die unpraktischen Bohrköpfe der eingesetzten Kronen- bzw. Kolbenbohrer, durch die großen Durchmesser der Bohrer, durch das dadurch bedingte zwei- und dreimännische Bohren und den großen Pulververbrauch zu schwerfällig und zu teuer. Dies änderte sich erst mit der Reduzierung des Bohrlochdurchmessers ab dem Ende des 17. Jahrhunderts, mit der Einführung des einmännischen Bohrens und des Bohrers mit Meißelkopf im 2. Viertel des 18. Jahrhunderts und mit dem Schießen aus dem Ganzen. Das Schießen „aus dem Ganzen“, d. h. wenn nur eine freie Seite vorhanden ist, wurde von GÄTZSCHMANN 1846 als „eine der neuesten“ Methoden des Schießens bezeichnet. Hierbei wurde zunächst der Einbruch geschossen, d.i. ein Hohlraum herausgesprengt, der es erst den folgenden Sprengungen ermöglichte, ihre volle Wirkung zu entfalten. Wohl im sächsischen Bergbau um 1725 eingeführt, scheint es sich nur langsam und im Ortsbetrieb zuletzt durchgesetzt zu haben.


Abb. 11. Links: Kolbenbohrer (18. Jh ?), rechts: Kronenbohrer (18. Jh, 2. Hälfte). Eigentümerin: Deutsches Bergbaumuseum, Bochum.

Ein Bohrer bestand aus einer Stange, von der ein Ende als Schneide (Bohrkopf) ausgebildet war. Auf die Bahn an dem anderen Ende wurde mit dem Fäustel geschlagen. Die Bohrstange konnte ganz aus Stahl sein oder nur eine stählerne Schneide haben. Die Schneiden konnten die unterschiedlichsten Formen haben. Die zunächst verwendeten Kronen- und Kolbenbohrer wurden später durch die meißelförmigen Schneiden verdrängt. Der Bohrfäustel für einmännisches Bohren hatte vieles mit dem Fäustel gemeinsam, sein Körper war in der Regel aber nach dem Radius der Armlänge gekrümmt ist. Der Krätzer war ein starker Eisendraht, von dem ein Ende plattgeschlagen und rechtwinklig umgebogen war, um das Bohrmehl aus dem Bohrloch zu entfernen, das andere Ende war mit einer Öse versehen, durch die ein Lappen gesteckt werden konnte. Der Lettenstampfer war eine Eisenstange, die an einem Ende eine Auskerbung enthielt, die den Maßen der Räumnadel entsprach. Die Räumnadel bestand aus einem stählernen Ring, der mit einer starken und langen Nadel aus Messing, Kupfer oder Bronze verbunden war.


Abb. 12. Von oben nach unten: Aus dem 19. Jh.: Krätzer, Lettenstampfer, Räum- oder Schießnadel, Halmdose (Eigentümer: Frank Strathmann, Bestwig), rechts: Bohrdeckel.


Die Anlage eines Bohrlochs erfolgte, vereinfacht dargestellt, folgendermaßen: Zum einmännischen Bohren gehörte neben dem Fäustel ein Satz von 3 Handbohrern: Anfangsbohrer, Mittelbohrer und Abbohrer. Von ihnen war der Anfangsbohrer am kürzesten und am dicksten, die anderen in Stufen länger und dünner. Der Steiger gab oft die Stelle vor, wo das Bohrloch angelegt werden sollte, indem er an diese Stelle ein Stück Letten drückte, in das er ein Holzstück hineinsteckte. Zuerst wurde in den Fels eine kleine Vertiefung geschlagen, darin der Anfangsbohrer angesetzt und mit den verschiedenen Größen in der genannten Reihenfolge das Bohrloch hergestellt. Der Bohrer wurde dabei nach jedem zweiten Schlag mit dem Fäustel leicht gedreht. Das Bohrmehl wurde mit Wasser feucht gehalten, das in einem kleinen Holzgefäß (Bohrtrog) aufbewahrt wurde. Mit dem Krätzer wurde das Bohrmehl herausgeholt. Eine über das Bohrloch gelegte Lederscheibe mit einem Loch in der Mitte (Bohrdeckel) verhinderte das Herausspritzen des breiigen Bohrkleins. Am Schluß wurde durch den Ring am oberen Ende der Krätzers ein Bohrlappen gesteckt und mit ihm das Bohrloch trocken gewischt. Danach wurde die aus Papier gefertigte und mit Pulver gefüllte Patrone mit der Räumnadel aufgespießt und in das Bohrloch gesteckt. Die Räumnadel blieb in der Patrone stecken. Danach wurde über der Patrone ein Pfropfen von bestimmter Größe z. B. aus Holz oder Moos angebracht. Anschließend wurde der Rest des Bohrlochs nach und nach mit kleinen Stücken von Letten (= Lehm) gefüllt. Mit dem Fäustel und dem Lettenstampfer wurde diese Verdämmung verdichtet. Der Besatz mit Letten wurde 1687 durch Zumbe eingeführt, vorher wurde ein Schießpflock verwendet. Der Letten durfte keine Quarzkörner enthalten, damit beim Verdichten mit dem eisernen Lettenstampfer und beim Herausziehen der Räumnadel, deren Nadel erst in späterer Zeit meist aus Messing oder Kupfer war, durch das Reiben vom Quarz am Eisen kein Funke entstand, der das Pulver hätte entzünden können. Durch den Ring am oberen Ende der Räumnadel wurde schließlich eine Bohrstange gesteckt und mit leichten Schlägen gegen die Bohrstange die Räumnadel herausgetrieben. Beim Herausziehen der Räumnadel entstand ein Kanal, in den dann ein Zünder, z. B. ein in der Halmdose verwahrtes, mit Schwarzpulver gefülltes Schilfrohr, bis in die Patrone gesteckt wurde. An das äußere Ende des Zünders wurde ein Stück Schwefel gesteckt, das Schwefelmännchen. Das Schwefelmännchen wurde mit der Öllampe angesteckt, dann brachte sich der Bergmann z. B. mit dem Ruf „Es brennt“ in Sicherheit. Ein beim Bohren abgebrochener Handbohrer mußte mühselig mit einer langen Zange, auch Schere oder Kluppe genannt, herausgezogen werden.

 


Abb. 13. Strossenbau in der Grube Victoria bei Littfeld. Titelkupfer aus: Jahrbuch für Berg- und Hüttenleute ... auf das Jahr 1808. Siegen 1808.


Nicht zur Gewinnung gehört das Gezähe der Erzscheidung. Es soll aber hier erwähnt werden, weil die Relikte gelegentlich auf historischem Grubengelände zu finden sind. Nach der Förderung und vor der Verhüttung wurde das Erz in verschiedene Kategorien aufgeteilt, je nachdem wie hoch der Anteil des Nebengesteins am Fördergut war. Dabei gab es Fördergut, bei dem das Erz noch vom Nebengestein zu trennen war. Das erfolgte auf der Scheidebank. Auf unterschiedlich großen, z. T. sehr großen Brocken sehr zähen Gesteins, später auf Gußeisenplatten wurde das verhüttbare Erz vom Nebengestein getrennt. Diese Scheideplatten erkennt man an den auf ihnen enstandenen Mulden. Der Scheidehammer konnte von Größe und Form sehr unterschiedlich sein und zwei Schneiden, Spitze und Schneide, Spitze und Bahn, Schneide und Bahn haben oder wie ein sehr kleiner Fäustel aussehen.

 


Abb. 14. Scheidehämmer (18. Jh.) mit Scheideplatte (19. Jh., Mitte)

 


Abb. 15. Obere Reihe, links: Grubenbeil (16. Jh.), rechts: Grubenbeil (17. Jh.) Untere Reihe, links: offener Frosch für Fettbrand aus Eisen (17. Jh.), rechts: Grubenbeil (15. oder 16. Jh.)


Das abgebildete Gezähe und Geleucht stammt, sofern nicht anders angegeben, aus der eigenen Sammlung. Die Photos wurden von Frau Gudrun Liebergesell, Kassel, angefertigt. Für die Genehmigung der Abbildung von in meiner Sammlung fehlendem oder nicht in gewünschter Qualität vorhandenem Gezähe danke ich den Herrn Helmut Prasnik und Frank Stratmann sowie dem Deutschen Bergbaumuseum, Bochum. Ich bedanke mich bei Herrn Prof. Dr. Gerd Weisgerber für die Anfertigung und Abbildungsgenehmigung von Abb. 5, dem Naturhistorischen Museum (Wien) für die Anfertigung von Abb. 8, dem British Museum (London) für die Anfertigung und Abbildungsgenehmigung von Abb. 9 [Inventarnr.: A00741(1959)1872-10-12-33\5] und dem Deutschen Bergbaumuseum (Bochum) für die Abbildungsgenehmigung der Abb. 11 [Inventarnr.: 030100724000 (Kronenbohrer), 030100189000 (Kolbenbohrer)].


1. Neuere Literatur in Auswahl: KÖRLIN, G., WEISGERBER, G.: Keilhaue, Fimmel, Schlägel und Eisen im mittelalterlichen Bergbau. In: Der Anschnitt. Jg 56. 2004. S. 64-75. MADDIN, R., HAUPTMANN, A., WEISGERBER, G.:Metallographische Untersuchungen an römischem Gezähe aus Rio Tinto, Spanien. In: Metalla. Jg 3. 1996. S. 27-44. LES TECHNIQUES MINIERES DE L’ANTIQUITE AU 18e SIECLE. Paris 1992. WEISGERBER, G.: Mittelalterliche Bergbau-Funde aus der Grube Bliesenbach im Oberbergischen Kreis. In: Der Anschnitt. Jg 48. 1996. S. 2-18. PIERRE, F.: Les mines de cuivre et d’argent de la haute Moselle. Apparition et évolution des techniques de percement à la poudre noire. Le Thillot (Vosges). In: Lotharingia. T. 5. Nancy 1993. S. 91-159.

2. Die ältere Literatur zusammenfassend: GÄTZSCHMANN, M. F.: Die Lehre von den bergmännischen Gewinnungsarbeiten. Freiberg 1846, mit zahllosen Literaturangaben; SERLO, A.: Leitfaden zur Bergbaukunde. 4., verb. ... Aufl. Berlin 1884.


Adresse: Dr. Konrad Wiedemann, c/o Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Brüder-Grimm-Platz 4 a, 34117 Kassel.